Eine neue Ära begann am Donnerstag in der BA-CA Halle in Wien – die Pokertour 07. Neun Landesmeisterschaften und zum Abschluss im Dezember die Kür des Staatsmeisters. Ein komplett neues Konzept in der österreichischen Pokerwelt. Doch hält das Event auch, was das Konzept verspricht?










Nun ja, eine Frage, die im Vorfeld immer wieder auftauchte, konnte abschließend beantwortet werden. “Wer verdient an dieser Tour?” – Niemand. Definitiv niemand, es ist eher die Frage, wer deckt die Unkosten.
Groß angekündigt wurde der Auftakt zur Pokertour. Sogar im Concord Card Casino ließ man die Turniere ausfallen. Das liegt aber auch daran, dass die halbe Belegschaft in den Wiener Gasometern zum Dienst angetreten war. Aber auch Dealer vom bald eröffnenden “Pokerroyale” in Wiener Neustadt fand man an den Tischen.
Alle vier Tage stehen Sit & Go’s, Pokerschule und ein oder mehrere Multitables auf dem Programm. Am Wochenende, Samstag und Sonntag, wird schließlich in der Landesmeisterschaft der Wiener Landesmeister gekürt. Der österreichische Privatsender ATV zeichnet den Finaltisch auf, um so den Österreichern auch mal österreichisches Pokern näher zu bringen.
Soweit, so gut. Am Donnerstag ab 15 Uhr waren die Pforten zum Pokerroom geöffnet. 60 Tische in einer riesigen Halle. Man wollte für alles gerüstet sein. Umso schlimmer, dass der Massenandrang ausblieb. Ein paar Pokerneulinge verirrten sich zur Pokerschule, ein paar Sit & Go’s wurden gespielt, und das erste Multi-Table mit Buy-in € 20 + 10 (!) fand ebenfalls statt. Friedrich Dollenz setzte sich vor Erwin Hammer durch und durfte sich über € 475 an Preisgeld freuen.
Der zweite Tag, sollte nicht viel anders werden. Wiederum sehr mäßiger Besucherzustrom, ein Multi-Table mit Buy-In € 50 + 20 und eines mit € 20 + 10 stand auf dem Programm. Abermals sehr mäßige Teilnehmerzahlen, aber die Sieger Michael Fichtenbauer (€ 830) und Walter Amtmann (€ 279) hatten für sich das beste daraus gemacht. Auch die Sit & Go’s kamen langsam in Schwung.
Heute Samstag war es dann soweit – die erste Wiener Landesmeisterschaft im Poker. Was für ein Ereignis. Das Buy-In von € 150 + 50 fand aber selbst bei den alteingesessenen Wiener Poker-Pros nicht wirklich großen Anklang. 82 Teilnehmer – ein Bruchteil dessen, was man sich erwartet hatte. Vor allem für die Profis ist die Teilnahme an diesem Event vorwiegend ein Kampf um den Titel. So sah man eingefleischte Turnierspieler wie Michael Legradi, Carlo, Erwin Hammer und natürlich auch Martin Pollak an den Tischen. Aber es gab auch schon “Stammkunden”. Einige Anfänger und Pokerneulinge waren bereits zum dritten Mal da, um sich von Kurs zu Kurs in der Pokerschule ihr Wissen aufzubauen.
Morgen werden wir wissen, wer der erste Wiener Landesmeister sein wird. Und am Montag beginnt der schwierigste Teil dieses Events – die Veranstalter werden darüber nachdenken, was passiert ist und wie man es besser machen kann. Die Grundidee der Pokertour geht nämlich bei der gesamten Veranstaltung unter – Poker der breiten Masse nicht als Glücksspiel, sondern als Sport und Unterhaltung zu präsentieren.
Für die Zielgruppe der pokerinteressierten Anfänger ist diese Tour geradezu die Ideallösung. In der Pokerschule, bei der die Spielregeln erklärt werden, hat jeder die Gelegenheit, Poker live zu erleben. Egal, ob man schon ein paar Grundkenntnisse hat oder als vollkommen unbeschriebenes Blatt teilnimmt. Die Strategieseminare bringen sogar dem einen oder anderen Fortgeschrittenen noch ein paar Ideen. Und für den Anfang sind die Sit&Gos mit Buy-in € 7 + 3 eine günstige Gelegenheit, das Gelernte in die Praxis umzusetzen.
Die Landesmeisterschaft sollte jedoch für jeden Spieler attraktiver werden. Die Profis nehmen aus Prestige-Gründen teil. Der Titel lockt eindeutig mehr, als das Preisgeld. Denn für jeden, der öfter in den Cardcasinos spielt, ist klar, dass es bei einem “normalen” Turnier mehr zu gewinnen gibt. Aber eben keinen Titel. Ein unerfahrener Spieler wird sich aber überlegen, ob er tatsächlich € 200 investiert, um als Fisch im Haifischbecken zu dienen.
Das Event selbst ist auf jeden Fall tadellos organisiert – gute Dealerleistungen, die Turnierleitung durch Thomas Lamatsch, spielbare Strukturen. Die Wiener Landesmeisterschaft bietet eine gute Gelegenheit, einmal in die Welt des Pokerns hineinzuschnuppern (wenngleich die Eintrittsgebühr von €24 die Geldbörse doch empfindlich trifft). Wer Lust auf ein schnelles Sit & Go hat, wird nicht enttäuscht werden. Wer sich jedoch ein Mega-Event der Extraklasse erhofft, der sollte besser auf eine andere Gelegenheit warten. Aber das Ziel der Pokertour 07 ist ja noch lange nicht erreicht….





Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 14.04.2007.