Im Fall der verschwundenen Bankrolls bei Titan Poker gibt es noch immer viele Fragen. Um weiteres Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir uns mit einem der betroffenen Spieler unterhalten.
Zu den geschädigten Spielern zählt auch Rainer Schulz. Der waschechte Berliner lebt im Elsaß und arbeitet in der Schweiz als Croupier. Er spielt seit sechs Jahren Poker, ist seit vier Jahren Kunde bei Titan Poker und seit einem halben Jahr Mitglied der Internet-Community Pokerstrategy. Rainer war freundlicherweise bereit, uns ein Interview und genauere Auskünfte zum Fall seiner verschwundenen Bankroll zu geben.
Hallo Rainer. Am brennendsten interessiert uns natürlich, wie der aktuelle Stand hinsichtlich Deiner verschwundenen Bankroll ist? Kannst Du uns die Vorgänge aus Deiner Sicht kurz schildern?
Am 24.12 habe ich bis 9 Uhr morgens Poker gespielt. Als ich aufhörte, hatte ich einen Kontostand von 350 Euro und blieb eingeloggt. Um 16.00 Uhr habe ich mich wieder vor den Rechner gesetzt, um weiterzuspielen, da betrug mein Kontostand noch 30 Cent. Ich warf einen Blick in die Kasse, dort waren aber keine Transaktionen aufgezeichnet. Anschließend rief ich sofort den internationalen Support an, der mir als Auskunft gab, dass 350 Euro beim BlackJack verloren wurden.Ich sagte, ich hätte kein BlackJack gespielt, wurde daraufhin an das Security Management weitergeleitet, der meinen Account sperrte. Daraufhin habe ich sämtliche Emailadressen kontaktiert, aber dort nur Standard-Antworten bekommen, dass die Anfrage weitergeleitet worden sei.Eine Woche später kam dann ein Anruf, in dem man mir mitteilte, dass der Account wieder genutzt werden kann, ich erhielt ein neues Passwort, aber keine Auskunft zum Hacker-Angriff. Wieder bin ich vertröstet worden und mit angeblicher Weiterleitung des Problems hingehalten worden. Am 4.Januar kam dann eine Email, dass 75 Euro erstattet werden, samt einer Entschuldigung. Meine Antwort war: „Warum bezahlen sie mir 75 Euro? Entweder alles oder nichts. Diese Zahlung ergibt keinen Sinn, außer dem eines Schweigegelds.“Ich schrieb also erneut an den Kundenservice und erhielt Antwort vom deutschen Support, der mir keine Auskunft zur IP-Adresse während des Zugriffs geben wollte oder konnte. Die Antwort vom englischsprachigen Support lautete, dass kein Beweis für einen Hack gefunden werden konnte. Außerdem wurde ich an die Richtlinien zur Passwortsicherheit erinnert.Ich kann mir den Fall einfach nicht erklären. Ich habe mich nie über einen anderen Rechner als meinen eigenen eingeloggt und benutze die aktuellsten Firewalls und Anti-Virenprogramme.
Hast Du eine Idee, wie Deine Bankroll in die Hände dieses merkwürdigen Betrügers kommen konnte?
Zunächst ergibt es ja gar keinen Sinn, dass jemand so etwas macht… Die Sicherheitslücke ist auch nicht unbedingt bei Titan, aber extrem mysteriös finde ich, dass ich bei einem französischen Provider bin, während die anderen geschädigten Spieler alle bei einem deutschen Provider sind. Einer der anderen Betroffenen hat immerhin erfahren, dass der Zugriff aus Meerbusch erfolgt ist.
Wie wurde seitens Titan und Pokerstrategy mit diesem Vorfall umgegangen?
Pokerstrategy bot zu wenig Transparenz, was ihre Anstrengungen im Kontakt mit Titan betrifft. Sie motivieren die User, auf Titan zu spielen und haben dann auch die Pflicht, sie zu schützen.
Inwiefern wurden Deine Erwartungen an Titan nicht erfüllt?
Ich hätte mir gewünscht, dass der Sache ernsthaft nachgegangen wird. Der Schaden ist finanziell für die Spieler teilweise unbeträchtlich, aber der Schaden für den Anbieter ist immens, wenn er sich nicht für die Spieler einsetzt. Ein besserer Support von Titan wäre angebracht, anstatt die Spieler nur mit Floskeln abzuspeisen.
Was hat Deiner Meinung nach Bewegung in die Sache gebracht?
Unser stetes und unermüdliches Posten im Forum und Euer Artikel, der ja auch im Forum zitiert wurde. Pokerstrategy befürchtete irgendwann offenbar selbst, einen Imageschaden zu erleiden.
Du hast im Forum keine Ruhe gegeben und bist unnachgiebig an der Sache dran geblieben? Hast Du irgendwann überlegt, aufzugeben?
Nein, mir geht es nicht ums Geld, sondern ums Prinzip. Diese Sachen müssen intensiv verfolgt werden, für mich es spielt keine Rolle, ob wie in meinem Fall 350 Euro weg sind oder bei einem anderen 4.500 Dollar. Ich hätte gern eine definitive Auskunft von Titan. Entweder sagt Titan, das Problem liegt bei uns, oder sie sagen, das Problem liegt bei Euch und beweisen mir, dass mein Account von einer bestimmten IP gehackt wurde.
Wie geht es Deiner Meinung nach weiter?
Ich habe die Hoffnung, dass etwas passiert, weil wir Spieler diese Lawine bei Pokerstrategy losgetreten haben. Ich kann nur hoffen, dass die Sache verfolgt und aufgeklärt wird und dass wir betroffenen Spieler das Ergebnis erfahren.
Rainer, vielen Dank für das Gespräch.
Immer noch gibt es also von Seiten Titans keine klare Stellungnahme zu den ominösen Vorgängen. Selbst externe IT-Spezialisten haben keine genaue Vorstellung, wie es zu den Zugriffen kommen konnte, und weiterhin ist völlig unklar, ob diese sinnlose Manipulation der Bankrolls auf das Konto eines rein sportlich motivierten Hackers geht. PokerOlymp wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen und seine Leser weiter auf dem Laufenden halten.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 10.01.2009.