Meine erste Vorgesetzte als Zivildienstleistender damals hieß Elfriede Sockenschuss oder so ähnlich. Frau Sockenschuss glaubte an Horoskope und schaute mit Vorliebe die Fernsehsendungen, die von Oliver Kalkofe rezensiert werden. Ehrlich gesagt hielt ich sie für etwas beschränkt und, wie man es neudeutsch ausdrücken könnte, mathematisch-challenged. Frau Sockenschuss würde nie eine gute Pokerspielerin werden.
Angenommen, besagte Frau S. bekäme nun die Gelegenheit, in einem Heads-Up-Pokermatch gegen einen beschlagenen Profi anzutreten, in dem sie im Falle eines Sieges einen tollen Preis (Kochbuch, Staubtuch mit Goldkante) gewinnt. Wie groß wäre ihre Chance in diesem Match? 1-10? 1-100? 1-1000?
Während die Chancen eines blutigen Amateurs gegen einen Profi in so gut wie jedem anderen Spiel/Sport aussichtslos wären, sieht es im Poker etwas anders aus.
Ein möglicher Matchverlauf (die zugrundegelegte Matchstruktur sei die eines Pokerstars HU-SitnGos, in dem beide Spieler zu Beginn 1500 Chips haben und die Blinds bei 10/20 starten):
Frau S. geht all-in – Profi foldet
Profi raist auf 60 – Frau S. geht all-in – Profi foldet
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Bald stellt der Profi fest, dass Frau S. sich nicht allzu sehr an ihren Karten orientiert, sondern einfach jede Hand all-in geht.
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Frau S. geht all-in – der Profi foldet AQo, weil er absolut sicher sein möchte.
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Schließlich, nach 20 Händen lautet der Chipstand 2000-1000 für Frau S.
Frau S. geht all-in – der Profi hält JJ und callt. Frau S. zeigt T4o und der Profi doppelt ab.
Neuer Chipstand: 2000-1000 für den Profi.
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In den nächsten Händen gehen die Blinds wieder zu Frau S., so dass der Profi nur noch 1700 Chips hat, als ihm AKo zugeteilt wird.
Frau S. geht all-in mit Q7s – der Profi callt.
Das Bord kommt 952-Q-3 und Frau S. übernimmt die klare Führung.
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Kurz darauf geht der Profi mit seinen letzten 300 Chips all-in und verliert mit QJs gegen K6o.
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Frau S. ist stolze Besitzerin neuer Haushaltsaccessoires.
Mit der Blindstruktur der Pokerstars-Turniere standen Elfriede S. Chancen besser als 1-2. Sie werden sich nun vielleicht fragen, was Frau Sockenschuss bei PokerOlymp zu suchen hat, denn schließlich lesen nur die Schlauesten derSchlauen diese Seite.
“TV-Total”
Das Team PokerOlymp bot kürzlich dem gelernten Metzger und Pokeradoleszenten Stefan Raab eine Wette an, durch die Herr Raab eine Las Vegas-Reise für seine Kapelle gewinnen kann. Da Herrn R. sicherlich mehr zuzutrauen ist als Frau S., stünden seine Chancen gar nicht so schlecht. Selbst mit der einfachen Strategie, jede Hand preflop all-in zu gehen, hätte er eine realistische Chance, das Match für sich zu entscheiden. Sein Gegenspieler könnte nicht ewig auf gute Karten warten, sonst verlöre er zu viele Blinds. (Diese simple Strategie unterstreicht einmal mehr den Wert aggressiven Spiels im Poker.)
Theorie-Guru David Sklansky erzählte die Anekdote, dass ihn einst ein wohlhabender Freund bat, seine Tochter, die bis dahin der Regeln noch nicht kundig war, in wenigen Stunden für die WSOP vorzubereiten. Sklansky entwickelte sein „System“, das hauptsächlich darin bestand, abzuwarten, bis die Blinds groß genug waren, um dann mit einer vorher bestimmten Auswahl an Händen (alle Paare, AK, Ax von einer Farbe und Suited Connectors von KQs bis 54s) preflop all-in zu gehen (wenn vorher niemand geraist hatte). Ähnlich könnte Stefan Raab vorgehen. Der Vorteil, den ein guter Spieler dann noch besäße, wäre sehr gering, und die TV Total-Band könnte mit über 40%-iger Wahrscheinlichkeit für die Reise packen.
Sollte PokerOlymp nicht das Glück haben, dass der Showmaster kneift, bleibt mir für die Finanzen von PokerOlymp nur noch die Hoffnung, dass Stefan Raab weiter Checkman bleibt und sich seine Aggressivität auf seine Sendung beschränkt.
MV
Weitere Artikel:
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- Die Bubble
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.01.2007.