Die Bubble, jeder kennt diese kritische Zeit im Turnier. Die typische Situation in einem SitnGo sieht so aus: Vier Spieler sind noch dabei, drei bekommen Geld. Dies ist die Zeit der schmerzhaftesten Niederlagen, in denen der Traum vom Gewinn wie eine Seifenblase (Bubble) platzen kann. Keiner will die Blech-Medaille gewinnen. Zu lange darauf warten, dass jemand anderes ausscheidet, darf man aber auch nicht, denn die hohen Blinds nagen unbarmherzig am eigenen Stack. PokerOlymp verrät, wie man sich mit geschicktem Spiel eine gute Ausgangsposition verschaffen kann.
Als Shortstack (mit den wenigsten Chips)
Meistens reicht es nicht aus, einfach alles zu folden, um in die Preise zu kommen, sondern man muss Blinds stehlen oder abdoppeln, um sich eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen.
Wann und gegen wen ist es am besten, Stellung zu beziehen und all-in zu gehen? Man sollte nicht zu lange warten. Es ist meistens besser, mit mehr als 5 Big Blinds all-in zu gehen und die Chance zu haben, die Blinds ohne Widerstand zu gewinnen oder abzudoppeln und dann einen gesunden Stack zu haben, als zu lange zu warten, und dann wahrscheinlich gecallt zu werden, weil zumindest der Big Blind gute Odds erhält. Bigstacks raisen (und callen ein All-in eines Shortstacks) oft mit schwächeren Karten (siehe unten), gegen die man die höchste Wahrscheinlichkeit besitzt, zu gewinnen. Middlestacks andererseits spielen nicht ganz so gerne Sheriff, da sie Gefahr laufen, selbst zum Shortstack zu werden. Gegen sie ist das Stehlen der Blinds einfacher bzw. der Gewinn eines All-ins süßer.
Als Middlestack (mit durchschnittlich vielen Chips)
Es gilt das Radfahrer-Motto: Nach oben buckeln, nach unten treten. Stacks, die genauso groß oder kleiner sind, callen einen ungerne, da sie nicht selbst in der Bubble ausscheiden möchten, d.h. gegen sie kann man Druck machen und mit vielen Händen raisen. Einem Bigstack sollte man aber nach Möglichkeit aus dem Weg gehen.
Ein Beispiel aus einem SitnGo:
Die Preisverteilung ist 50 –30 – 20, die Blinds sind 50/100 und die Chipstände sind:
UTG 100 Chips
Button 7,900
SB (wir) 1,000
BB 1,000
a) UTG (Under The Gun, der Spieler, der vor dem Flop als erster agiert) und Button folden (der Fold des Buttons ist ein klarer Fehler, aber solche Fehler kommen in der Praxis vor). Da der Shortstack gleich all-in sein wird, sollte es der Big Blind nicht mit allzu vielen Händen riskieren, auszuscheiden, bevor er im Geld ist. Wenn der Spieler im Big Blind das Spiel auch nur ansatzweise versteht, dann können wir aus dem Small Blind mit allen Händen profitabel all-in gehen. D.h., der Big Blind wird so oft folden und uns die Blinds gewinnen lassen, dass wir für die seltenen Fälle, in denen er uns (korrekterweise mit allen Paaren ab T-T) callt und wir ausscheiden, mehr als kompensiert werden.
b) Betrachten wir das gleiche Beispiel, nur geht diesmal der Button all-in. Selbst wenn wir wissen, dass er das mit beliebigen zwei Karten tut, müssen wir sehr vorsichtig sein und können nur extrem tight callen.
Sitzen wir im Big Bind, können wir profitabel mit A-x und K-x callen, befinden wir uns im Small Blind, dann wäre es sogar falsch, seine Chips mit K-K und nur A-A würde einen Call rechtfertigen.
Als Bigstack (mit den meisten Chips)
Es ist angerichtet. Wie das vorige (extreme) Beispiel zeigt, kann man oft bequem Blind um Blind einsammeln, da die Middlestacks kaum Widerstand leisten möchten. Trickreich ist es bei niedrigeren Blinds, nicht immer den gleichen Raise zu machen, sondern die Höhe der Raises zu variieren, vielleicht sogar mal auf dem Button zu limpen und den Flop zu betten, damit die Gegner einen nicht so leicht ausrechnen können.
Ist der Wert des Bigstacks so groß, dass man schon vor der Bubble Risiken in Kauf nehmen sollte, um Bigstack zu werden? Oder sollte man in Situationen, in denen die Odds eigentlich einen Call hergeben würden, folden, damit man weiterhin die Bubble ausnutzen kann? Auf diese Fragen gibt es keine einfache Antwort. Es hat einen gewissen Wert, Bigstack zu sein, den man aber nicht überschätzen sollte, da es die Turnierdynamik nicht oft zulässt, sich länger solch profitabler Situationen zu erfreuen.
MV
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 29.12.2006.