Die Seite ispokerigged.com hat bei der Überprüfung von ein paar Millionen Micro-Stakes-Händen aus dem iPoker-Netzwerk aus dem Jahr 2011 statistische Auffälligkeiten entdeckt. Dabei schienen dominierte Hände überproportional häufig zu gewinnen.
Schon letztes Jahr berichteten wir über die statistischen Analysen von ispokerigged.com (» Ist Online-Poker rigged? ), wobei unter anderem PokerStars, Ongame und Party Poker untersucht wurden. Bei diesen Seiten wurden keine statistischen Auffälligkeiten entdeckt.
Anders scheint der Sachverhalt bei iPoker zu sein. Dort weisen einige Indikatoren auf Unstimmigkeiten im Jahr 2011 hin.
Was wurde getestet?
Ispokerigged.com testet zufällig ausgewählte Hände aus Cashgames und Sit-and-Gos auf All-Ins und prüft, ob bei einem All-In die Hände auf lange Sicht mit der statistisch erwartbaren Häufigkeit gewinnen. Dafür werden mehrere Millionen Hände untersucht, um eine statistisch halbwegs relevante Stichprobe zu haben. Gefiltert wurde dabei auf Preflop-All-Ins mit genau zwei Spielern.
Eine der untersuchten Fragen war, ob dominierte Hände entsprechend ihrem Erwartungswert gewinnen.
Unstimmigkeiten bei einigen Tests
Unter den getesteten Händen waren Stichproben von 5c/10c Tischen aus dem Zeitraum Mai / Juni 2011. Unter den 2,2 Millionen Händen waren insgesamt 31.689 All-Ins mit zwei Spielern, dabei war 6.783 mal eine dominierte Hand (17% bis 32% Equity vor dem Flop) involviert.
Insgesamt hätten diese Hände statistisch 1.605 mal gewinnen sollen. Tatsächlich gewannen diese Hände jedoch 1.754 All-Ins also knapp 149 zu viele. Diese Abweichung ist sowohl absolut als auch relativ erstaunlich hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich hierbei um einen statistischen Ausreißer handelt, liegt bei circa 0,002%.
Grob gesprochen: Im untersuchten Zeitraum haben dominierte Hände deutlich häufiger gewonnen, als durch Varianz erklärbar ist.
Weitere Tests bestätigen die Unstimmigkeiten nicht
Ispokerigged.com hat aufgrund der Unstimmigkeiten insgesamt 15 Millionen weitere Hände von iPoker mit der gleichen Fragestellung untersucht. Die untersuchten Hände waren größtenteils ebenfalls von 5c/10c-Tischen und aus dem Zeitraum Februar bis Juli 2011.
Bei dieser Untersuchung gewannen die dominierten Hände in etwa so häufig, wie statistisch zu erwarten gewesen wäre. Die Unstimmigkeiten der Hände vom Mai/Juni 2011 wiederholten sich nicht.
Abschließend testete ispokerigged.com nochmals 2,2 Millionen Hände von 5c/10c Tischen aus dem Zeitraum März/Juni 2012 und konnte dort ebenfalls keine erneuten Unstimmigkeiten finden.
Gründe für die statistischen Unstimmigkeiten
Drei Gründe können wir den statistischen Ausreißer der Stichproben Mai/Juni 2011 verantwortlich sein:
1. Es könnte sich schlicht um Zufall handeln. Dies ist bei einer Wahrscheinlichkeit des Auftretens von unter 0,002% jedoch sehr unwahrscheinlich.
2. Der Deal könnte geriggt sein. Doch da sich bei allen weiteren Tests keine Unstimmigkeiten fanden, ist dies auch unwahrscheinlich. Die einzige Erklärung im Fall eines geriggten Decks wäre, dass iPoker zwischenzeitlich seinen Algorithmus geändert hatte.
3. Die Unstimmigkeiten können durch Collusion zustande gekommen sein. Dies wäre auf diese Weise zu erkären: Hat ein Spieler Informationen über die Karten eines anderen, nicht in die Hand involvierten Spielers am Tisch, kann dieser Spieler in gewissen Fällen sicherstellen, dass er nur in für ihn günstigen Fällen All-In geht. Zum Beispiel so: Spieler A hält A Q und sieht sich einem All-In von Spieler B ausgesetzt. Die Karten von Spieler B sind unbekannt, aber er hat eine Range von 99+, AT+. Statistisch hat Spieler A nun 46,2% Equity. Weiß Spieler A nun aufgrund Collusion jedoch, dass Spieler C schon A 2 gefoldet hat, weiß er, dass seine Equity nun nur noch 41,6% beträgt und verzichtet deswegen auf das All-In. Hätte Spieler C jedoch K 10 gehalten, könnte sich Spieler A ausrechnen, dass er beim All-In gegen Spieler B eine Equity von 48,7% hat.
Wenn genügend Spieler Collusion betreiben, etwa durch einen Bot-Ring, der Karten-Informationen austauscht, könnte dies zu den beobachteten statistischen Unstimmigkeiten führen, da dann genügend Spieler nur dann All-In gehen, wenn sie bessere Odds haben, als statistisch zu erwarten wäre.
Tatsächlich ist die Erklärung der statistischen Abweichung durch Collusion die wahrscheinlichste, da schon ein vergleichsweise kleiner Bot-Ring diese Verzerrung verursachen könnte.
Gibt es nun Unstimmigkeiten bei iPoker?
Ispokerigged.com kommt aufgrund von insgesamt 19 Millionen untersuchten Händen zu dem Ergebnis, dass bei iPoker die Preflop-All-Ins im statistischen Rahmen liegen. Doch die Unstimmigkeiten bei den Stichproben Mai/Juni 2011 deuten stark darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt etwas bei iPoker nicht zur Gänze mit rechten Dingen zuging.
Die vollständigen Untersuchungen von ispokerigged.com sind auf englisch » hier zu finden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 07.08.2012.