Wer die ESPN-Übertragung der WSOP im Jahr 2003 verfolgte, sah nicht nur den historischen Sieg von Chris Moneymaker, es wurde auch eine Gruppe junger, dynamischer Spieler vorgestellt, die sich “The Crew” nannte. Der Anführer war Dutch Boyd, ein junger Spieler aus Kalifornien, der danach die Höhen und vor allem die Tiefen der Pokerwelt ausloten sollte.
Juraabschluss mit 18
Boyd gilt als hyperintelligent und vielleicht wurde ihm genau das zum Verhängnis. Schon im zarten Alter von 18 Jahren hatte er einen Abschluss in Jura von der University of Missouri School of Law – eigentlich unglaublich. Nachdem er den Film “Rounders” gesehen hatte, begann er jedoch mit Poker und ließ die Jura-Karriere sausen.
PokerSpot und Täuschung der Spieler
Nachdem er einige Zeit nachts gepokert und tagsüber in einem Warenhaus gearbeitet hatte, sammelte Boyd von Familie und Freunden 50.000 Dollar zusammen und gründete die Seite PokerSpot. Hier gab es Probleme, die Seite lief in der Zeit von Mai 2000 bis Ende 2001 und war in Antigua angemeldet, ohne jedoch über eine gültige Lizenz zu verfügen.
Als die Seite Ende 2001 schließen musste, schuldete der Cardroom den Spielern über 400.000 Dollar, die nie zurückgezahlt wurden. Ein vertrautes Muster, das sich in der Pokerwelt leider allzu oft wiederholen sollte. Die Spieler wurden vertröstet, es wurde gelogen. Ende 2002 gab Boyd zu, dass die Spieler getäuscht wurden, bis heute haben sie ihr Geld nie gesehen.
Dutch Boyd ist brokeErfolg bei der WSOP und Crew
2003 hatte Dutch Boyd dann zusammen mit der oben erwähnten “Crew” einen Erfolg bei der WSOP zu feiern. Im Main Event hatte er einen Deep-Run und landete letztlich auf Platz 12 mit 80.000 Dollar Gewinn.
Zuvor war er gefragt worden, ob er mit dem Gewinn die geprellten PokerSpot-Spieler ausbezahlen würde. Seine Antwort war, dass das nur ginge, wenn er gewinnen würde. Selbst wenn es Platz 2 würde, könne er es nicht tun…
In der Folge zerbrach die Crew, die ursprünglich aus Boyd, Scott Fischman, Robert Boyd, David Smyth, Joe Bartholdi Jr, Tony Lazar und Brett Jungblut bestand. 2006 kündigte Boyd eine Reality-Show mit der Crew an, die jedoch nie zustande kam.
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Juristisches Hick-Hack mit Twoplustwo und Mason Malmuth
2009 gab es dann auch noch einen völlig unnötigen Rechtsstreit mit Two Plus Two Publishing LLC bzw. dem Gründer Mason Malmuth. Boyd hatte sich die Web-Domain twoplustwopoker.com registrieren lassen und damit User auf eine seiner Affiliate-Seiten umgelenkt.
Als Reaktion auf die anschließende Klage hatte Boyd Malmuth als “Bully” bezeichnet. Im Ergebnis verlor Boyd den Rechtsstreit und musste über 33.000 Dollar zahlen. Ein weiterer Pflasterstein auf den Weg bergab.
Offenbarungseid und Crowdfunding-Hilferuf
Im März 2013 wurde die Pokerwelt abermals auf Boyd aufmerksam. Auf der Seite kickstarter.com warb er emotional um Finanzierungshilfe für sein neues Pokerbuch-Projekt: “Ich habe zwei WSOP-Bracelets gewonnen und über 2 Millionen Dollar verdient. Jetzt bin ich broke. Sei Teil meiner Comeback-Geschichte.”
Auf der Seite kamen insgesamt über 8.000 Dollar für das Buch zusammen, das Crowdfunding-Ziel wurde erreicht. Ein entsprechendes Buch sucht man auf Amazon.com allerdings vergeblich.
Ausblick
Im Main Event der WSOP landete Boyd 2013 auf Platz 395 für 28.000 Dollar. Ein Pyrrhussieg?
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 12.11.2013.