Mit großer Aufmerksamkeit habe ich die Berichterstattungen rund um die Akropolis Challenge in Asch verfolgt. Begonnen hat alles vor Monaten, als plötzlich bei vielen Turnierveranstaltern und Informationsportalen “Das Turnier” beworben wurde. Tickets im Wert von rund 500 Euro sollten es sein und ein garantierter Preispool von 100.000 Euro. Ein Traum für den deutschen Pokerspieler.
Aber schon Wochen vor dem Termin nahm das Kuriosum seinen Lauf und da stellt sich mir die erste Frage. Warum hat niemand auf die Farce mit dem Preispool reagiert? Kritische Stimmen wurden laut, dass das Preisgeld auf eben diese 100.000 Euro eingefroren wurde. Aber niemand hat geschrieen “Betrug!” Ein Multi-Table Turnier mit 300 Euro Buyin und 100 Euro Rebuys in dieser Größenordnung muss doch weit mehr Geld in den Pot bringen als eben diese 100.000 Euro. Im Gegenteil PokerTour24 konnte noch einige News-Seiten dazu bringen, ein Statement zu veröffentlichen. (http://www.vip-pokerlounge.de/index.php?option=com_content&task=view&id=35&Itemid=1)
Als Turniertester.de ins Leben gerufen wurde, ließ ich mich zu dem Gedanken hinreißen, dass hier endlich mal den Turnierveranstaltern auf die Finger geschaut wird. Doch siehe da, plötzlich taucht da dieser Bericht auf (Link). Ich darf hier zitieren: “Bislang konnte turniertester.de noch keine Nachlässigkeit oder Unstimmigkeit bei der Planung feststellen.” Die Frage, wo denn das Geld bleibt, wurde hier nicht gestellt. Im Gegenteil man veröffentlichte noch einen Bericht, dass das Casino in Asch eröffnet hatte. (Link) Sehe ich mir die Bilder an, frage ich mich, wo denn in diesem Casino die 2000 erwarteten Spieler Platz haben.
Und dann das große Drama mit der Absage. Fragen über Fragen und nicht einmal halbherzige Antworten von PokerTour24. Im Gegenteil, man veröffentlicht ein Interview, dass eigentlich vom Veranstalter selbst durchgeführt wird, denn nicht nur die “24” im Namen ist bei PokerTour24 und PokerNews24 gleich. Wo aber bleibt 888? Als Sponsor hat man sicherlich tief in die Tasche gegriffen. Ist jetzt der Online-Anbieter in letzter Konsequenz der Leidtragende? Eine Frage, die für mich noch immer nicht beantwortet ist “Wer hat dieses Turnier tatsächlich veranstaltet?” Das Casino in Asch, das plötzlich nicht mehr Akropolis, sondern Atlantis heißt? PokerTour24? Oder 888? Dann sieht man Fotos von Zelten und Kühlwägen. Was man nicht sieht, ist ein Pokerequipment für ein Turnier dieser Größenordnung. Warum hat PokerEvents die Turnierleitung zurückgelegt. Vielleicht weil hinten und vorne nichts gepasst hat? Auch PokerEvents ist nicht der Stein des Weisen, aber von Turnieren hat man Ahnung und man hat auch einen Ruf zu verlieren. Kann es denn nicht sein, dass PokerEvents das Debakel vorhergesehen hat? Warum hat man nicht schon da reagiert? Besonders entzückend finde ich auch den Satz “Um Betrugsabsichten vorzubeugen mußten wir leider kurzfristig die Zimmer stornieren”. Wer betrügt hier denn wen? Ach so, die Spieler, die nicht rechtzeitig informiert werden konnten, sollen ihre Unkosten selber tragen. Ja, das ist wirklich Betrug.
Die Tragödie ist passiert. Was lernen wir daraus? Nichts. Denn die Geschäftemacherei geht weiter. Ich darf hier Thomas Dellenbusch zitieren: “Die wirkliche Ursache ist meines Erachtens die Tatsache, dass wir uns mit unserem Sport in Wahrheit bei uns zu Hause (in Deutschland) verstecken müssen und nach Tschechien oder sonstwo ausweichen müssen. Das ist der eigentliche Skandal, der erst zu solchen Desastern führt.” Genau da liegt die Ursache. Viele seriöse Turnierveranstalter leiden unter dieser Katastrophe. Doch wann ist ein Turnierveranstalter wirklich seriös. Ich vermisse die Lobby der deutschen Pokerspieler. Ich rede nicht von den Stars und Profis, die vielleicht einmal an einem Sachpreisturnier als Attraktion teilnehmen. Es geht hier um die breite Masse. Täglich liest man “Der Pokerboom geht weiter, immer mehr Pokerspieler in Deutschland…”. Wo sind die alle? Als Geschädigter von Asch kämpft jeder einzeln um sein Recht. Ach nein, ich habe doch hier den Verband zur Förderung des Deutschen Pokerspiels vergessen. Da nimmt man sich den Beschwerden an. Doch da kommt für mich die nächste Frage. Wie kommt es denn dazu? Kann es vielleicht sein, dass man genauso wie viele andere Lemminge einfach dem Reiz des Geldes erlegen ist und auch Werbung für Asch gemacht hat? Soviel zur Förderung des Deutschen Pokerspiels! Viele Spieler drohen mit Klagen, Turnierveranstalter bieten Freerolls für die geschädigten Spieler an, jeder versucht, das Chaos in den Griff zu bekommen. Nein, doch nicht jeder. Denn PokerTour24 bietet Lösungsvorschläge, die noch bescheuerter sind, als das Turnier von Asch selbst. Eine Kreuzfahrt soll es werden. Na dann freuen wir uns doch schon, wie man 2000 Teilnehmer auf ein Kreuzfahrtschiff bekommen möchte. Statt hier an sinnvollen Lösungen zu arbeiten, verwickelt man sich noch mehr in den tiefen Sumpf der Geschäftemacherei.
Einen Vorwurf mache ich auch den Medien. PokerOlymp hat den Mut bewiesen und als erste Seite die Meldung gebracht, dass das Turnier abgesagt ist. Sofort folgt das Dementi auf allen Portalen. Stunden später, passiert das Unfassbare. Das Turnier ist offiziell abgesagt. Kein einziges Informationsportal hat bereits im Vorfeld kritisch Stellung genommen. PokerOlymp hat keine Werbung für das Turnier gemacht, aber Kritik wurde offenbar aus geschäftlichen Gründen auch nicht geübt. Andere Seiten wie Isa-Casinos machten großartig Werbung und rechtfertigen sich jetzt mit eher fadenscheinigen Begründungen “Man habe schon damals nachgefragt”. Aber die Spieler wurden nicht informiert. Niemand bemühte sich tatsächlich um Aufklärung bei den Gewinnern der Tickets.
Stefan Schüttler wird wegen seiner teils aggressiven Vorgangsweise, Poker kann auch ohne Geldeinsatz Spaß machen, belächelt. Doch hat er vielleicht doch ein bisschen recht? Es gibt viele Schuldige daran, dass das Pokerspiel in Deutschland nicht den Status bekommt, den es verdient. Viele Veranstalter cashen einfach ab. Die großen fressen die kleinen und nur vereinzelt gibt es tatsächlich Veranstalter, die keine Schlagzeilen machen, sondern einfach nur gute Turniere für ihre Spieler bieten.
Wo aber bleibt das gemeinsame Sprachrohr, die Gewerkschaft. Gemeinsam wird darum gekämpft, Online-Poker zu legalisieren. Warum kämpft niemand für ein “Zertifikat” für Sachpreisturniere. Lächerliche Blindstrukturen und überteuerte Buy-Ins bringen doch das Pokerspiel mehr in Verruf, als dass sie dem Pokerboom nutzen. Viele Veranstalter interessiert nur, wie sie noch mehr kassieren können und noch günstiger zu ihren Preisen kommen. Pokerwelle spielt ein Ticket für die EPT Barcelona aus und macht daraus dann doch nur ein Ticket für Prag. 3000 Euro Unterschied beim Buyin. Wäre das der Bankrott für Pokerwelle gewesen, dem Gewinner seinen Preis zu geben? Es passiert soviel. Tagtäglich passieren kleinere oder größere Betrügereien und Schwindeleien. Warum stellen sich nicht alle Spieler mal auf die gemeinsamen Füße und fordern von ihren Veranstaltern bessere Strukturen und bessere Organisationen samt entsprechenden Preisgeldern.
Warum hat niemand das Charisma, dieses Problem anzupacken. Der VfDDP hatte diese Absicht und wenige Wochen später veranstaltete man selbst Turniere. Liegt das daran, dass es einfach zu lukrativ ist? Warum gibt es keine Interessensgemeinschaft? Auch die Profis haben mit der World Poker Association ihre Lobby. Warum soll es das nicht auch im Amateurbereich geben. Im Nachhinein anklagen ist immer leicht. Angeklagt wird aber nur dieser eine konkrete Fall. Asch füllt die Schlagzeilen der Nachrichtenmagazine und Foren. Doch was passiert, wenn Asch der Vergangenheit angehört. Gehen wir über zur Tagesordnung und warten auf das nächste Asch? Götz Schrage hat es gesagt “Die guten Kräfte sammeln sich.” Ich hoffe, sie sammeln sich wirklich und es gibt ein einheitliches Reglement für Sachpreisturniere. Ein Gütesiegel sozusagen. Damit sich auch die Spieler daran orientieren können und nicht blind im Wunsch nach Pokerspielen in die nächste Katastrophe laufen. Jeder einzelne Spieler, jeder einzelne Veranstalter und auch die Medien müssen zusammenhalten, denn nur so wird das Pokerspiel in Deutschland jemals an Stärke gewinnen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 17.09.2007.