Was ist ein "Lighter Reraise"?
Ein Reraise ist light (oder "luftig"), wenn Sie mit einer Hand reraisen, die dafür eigentlich nicht stark genug ist.
Es handelt sich um eine Art Semi-Bluff, bei dem Sie hoffen, den Pot direkt zu stehlen, nach einem Call aber weiter die Chance haben, ihn nach dem Flop zu gewinnen.
Jede Strategie, die Value Reraises enthält, sollte auch einige lighte Raises enthalten.
In diesen Situationen lohnen sich lighte Reraises
Theoretisch könnten Sie in jedem Pot, der geraist wurde, einen lighten Reraise bringen, wenn Sie an der Reihe sind. Allerdings sollten Sie günstige Gelegenheiten auswählen, da Ihre Strategie unausgewogen wäre, wenn Sie immer reraisen.
Bei der Auswahl der Situationen sollten Sie folgende Prinzipien einhalten:
Greifen Sie Spieler an, die nach einem Reraise häufig folden
Die modernen Aufzeichnungsprogramme geben einen Wert an, der „Fold To 3-Bet Percentage“ (FT3B) heißt. Dieser zeigt an, wie oft ein Spieler nach einem Reraise vor dem Flop foldet.Ist der FT3B bei einem Gegner ausreichend hoch, kann ein Reraise mit beliebigen Karten nach einem Eröffnungs-Raise dieses Spielers automatisch profitabel sein. Und selbst wenn ein Gegner nicht oft genug foldet, damit ein Reraise automatisch profitabel ist, können Sie seine Raises immer noch häufig mit lighten Reraises angreifen. Vor allem Spieler mit FT3B-Werten von 75 oder mehr sind für Angriffe anfällig.
Greifen Sie Spieler an, die aus einer Steal-Position raisen
Ein lighter Reraise ist häufiger gegen einen Raiser aus einer Steal-Position erfolgreich als gegen jemanden aus früher Position. Dies gilt in der Regel besonders bei Spielern mit einem hohen ATS-Wert (Attempt To Steal Percentage). Der ATS gibt an, wie oft ein Spieler aus dem Cut-Off, dem Button bzw. Small Blind raist, wenn vor ihm alle gefoldet haben. Beispielsweise folden alle Spieler zum Button, der auf 7 $ raist. Er hat einen ATS von 45, ein recht hoher Wert. Sowohl im Small Blind als auch im Big Blind können Sie diesen Spieler sehr großzügig raisen.Ein ATS über 35 verweist auf ein looses Raise-Spektrum, während ein ATS unter 25 auf einen tighten Spieler hindeutet.
Greifen Sie Spieler an, die eher callen als eine 4-Bet bringen
Die meisten Spieler versuchen sich zu verteidigen, wenn sie das Gefühl haben, einer ihrer Gegner bringt lighte Reraises. Einige Spieler tun dies, indem sie hauptsächlich callen und sich den Flop anschauen, während andere auf eine lighte 4-Bet-Strategie vertrauen. Aus beiden Strategien können Sie Vorteil schlagen, wenn sie von Ihren Gegnern schlecht umgesetzt werden, aber dies gilt für Spieler, die eher callen, in der Regel mehr.
So spielen Sie nach einem Call weiter
Die Spielweise des Callers ist schlechter, weil er seinem Gegner immer einen Blick auf den Flop gewährt. Außerdem neigen die meisten dieser Spieler zu einer Fit-or-Fold-Strategie nach dem Flop. Nehmen wir etwa an, ein solcher Spieler raist mit einem Paar Dreien vom Hijack auf 6 $ und wird vom Button auf 17 $ gereraist. Er wird mit dem Plan callen, zu einem All-In bereit zu sein, wenn er ein Set trifft, aber andernfalls zu folden.
Diese Strategie ist ein mathematisches Desaster, da der Spieler mit den Dreien ein Set oder etwas Besseres nur in ungefähr 12 Prozent der Fälle trifft. In den anderen 88 Prozent verliert er die 17 $, die er vor dem Flop in seinen Call investiert hat. Um mit dieser Strategie ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen, müsste der Spieler mit den Dreien mit jedem Set im Schnitt 125 $ gewinnen.
Leider wird der Spieler mit den Dreien diese 125 $ nicht einmal ansatzweise erzielen. In den meisten Fällen, in denen er nach dem Flop All-In geht, wird der Aggressor folden, da er einen lighten Reraise brachte und deshalb nur selten eine ausreichend starke Hand getroffen hat, um ein All-In zu rechtfertigen. Aus diesem Grund wird das Set nur selten voll ausbezahlt. Unterm Strich verlieren Sie langfristig immer mehrere Dollar, wenn Sie diesen Reraise auf 17 $ mit einem niedrigen Pocket Pair callen und anschließend die Fit-or-Fold-Strategie anwenden. Selbst wenn Sie diese Spielweise dadurch verbessern, dass Sie nach dem Flop einige Bluffs starten, ist die Fit-or-Fold-Strategie immer noch per se so schlecht, dass Sie damit keinen Gewinn erzielen können.
lighte Reraises mit hohen Karten und Suited Connectors zu callen kann eher funktionieren, aber die Fit-or-Fold-Strategie taugt immer noch nichts. Damit der Call eines Reraise mit jeder nicht sehr starken Hand profitabel wird, müssen Sie nach dem Flop aggressiv bluffen. Da die meisten Spieler, die sich mit einem Call gegen Ihre lighte Reraises verteidigen, nach dem Flop nicht annähernd aggressiv genug vorgehen, können Sie deren Spielweise ausnutzen, indem Sie schonungslos angreifen. Gegen Vertreter der Fit-or-Fold-Strategie sollten Sie auf dem Flop häufig setzen und nach einem Call mit reichlich weiteren Salven auf dem Turn nachsetzen. Da Ihre Gegner zu oft folden, kann deren Strategie nicht profitabel sein.
Entdecken Sie einen Spieler, der häufig Reraises callt und nach dem Flop die Fit-or-Fold-Strategie verfolgt, sollten Sie immer wieder lighte Reraises bringen. Sofern er sich nicht darauf einstellt, werden Sie desto mehr Geld gewinnen, je häufiger Sie reraisen.
Greifen Sie häufiger an, wenn es schon Caller gibt
lighte Reraises sind oft attraktiver, wenn ein oder mehrere Spieler den ursprünglichen Raise gecallt haben, da diese letztlich selten Ihren Reraise callen. Hätten sie eine Hand, die für einen gereraisten Pot stark genug ist, hätten sie schließlich meist selbst gereraist. Einen Reraise in einem geraisten Pot mit einem oder mehreren Callern nennt man Squeeze Play.
Der Vorteil eines Squeeze Play ist offensichtlich – Sie gewinnen im Erfolgsfall einen deutlich größeren Pot. Der Nachteil besteht darin, dass Sie selten Ihr Ziel erreichen. Zudem schöpfen gute Spieler bei Squeeze Plays von Natur aus Verdacht und dieser veranlasst sie unter Umständen zu einem weiteren Reraise.
Unterm Strich sollten Sie mit Squeeze Plays Gewinn erzielen, aber nur wenn Sie bei seltenen Gelegenheiten davon Gebrauch machen.
Anm. der Redaktion: Bei diesem Text handelt es sich um ein Exzerpt aus dem vorzüglichen Buch “Small Stakes No-Limit Hold’em”.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 10.02.2010.