Da haben wir also die letzte Zeit wieder viel übers Pokern gelesen. Gut so. Fein so. Auffällig war, dass die entscheidenden Turniere alle auf dem Land stattfanden. Die deutsche Pokermeisterschaft in Schenefeld und das WSOP-Finale in Las Vegas. Schenefeld ist für echte Hamburger Städter nicht mal mehr ein Vorort, sondern plattes Land. Kein Dorf, sondern Land. Ein schönes Turnier. Soll es gewesen sein. Ich hatte kein Geld, um dort mitzuspielen. Und ich hatte keine Zeit, um dort zuzuschauen. Außerdem, nur zuschauen ist eh Käse. Wie langweilig muss das denn sein?
Ein noch schöneres Turnier war dann das November-Finale des WSOPMAINEVENTS. Ja, auch das auf dem Land. Zum einen ist Vegas im Vergleich zu New York oder Chicago tatsächlich ein eher ländliches Landgebiet und zum anderen natürlich das Land der unerfüllten Träume. Das große Ziel aller Pokerspieler. Als Pokerprofi dort mal richtig absahnen. Dieses ist mittlerweile auch der häufigste Berufswunsch bei Jungen im Alter von 14 bis 22 Jahren, nach Zuhälter und Hartz 4-Empfänger.Wir sind Papst. Wir sind Poker. Wir wollen nach Vegas.
Der Traum eines jeden Spielers, wenn er gerade als Dritter von 34 Leuten bei einem 12 Euro-Buy-In-Turnier in Gelsenkirchen-Ost mit einem unglaublich dummen Bluff aus dem Turnier geflogen ist. Einmal in Vegas sein. Die WSOP spielen, natürlich das Main Event. Und dann an einem Tisch mit den Brunsons und Phils dieser Welt.
Sollte das tatsächlich, durch welchen unglaublichen Zufall auch immer, mal klappen, geht das Stottern und Zittern los. Keine Spur mehr von dem, in der Heimat bei den Kumpels großartig angekündigten Raise gegen Ivey, egal mit welcher Hand. Stattdessen die schüchterne Frage, „Mista Eiwii, känn ei pliehs häff an autgramm of ju on mei käpp?“
Träume sind gut. Die soll man auch ausleben und zu verwirklichen versuchen. Allerdings sollten sie halbwegs realistisch sein. Ich will auch wie George Clooney aussehen. Stattdessen vergleicht man mich oft mit Rudi Carrell (in seinen letzen Tagen).
Auch ich bin ein natural born pokerplayer. Trotzdem hat Phil Hellmuth noch noch nie was von mir gehört und auch nicht wirklich schlaflose Nächte bei dem Gedanken, dass ich nächstes Jahr in Vegas sein werde. Sein könnte. Wahrscheinlich aber dann doch wieder nicht auftauchen werde.
Nächstes Jahr ist wieder Vegas. Und wieder wird irgendein Unbekannter aus einem unbekannten Land das große Ding drehen, den dicken Scheck nach Hause bringen. Ganz ehrlich, das kann ich auch. Wenn man mich dann mal lassen würde. Und Phil Ivey würde ich blind raisen.
Stattdessen bin ich bald mal wieder in der Heimat auf dem Land pokern. Jawollja. Mein Hund lässt mich. Und meine Frau auch. Ich spiele ein Herbstturnier. Am 19. Dezember. Schon geil, gelle. Das Winterturnier wird dann wohl im Mai stattfinden. Aber so was finde ich ja lustig. Wieder eine gute und wohl toll besuchte Deep-Stack-Veranstaltung von Holdem Kings. Prima Gewinne. Prima Mitspieler. Prima Spanferkel satt. Mit den entsprechenden Beilagen. Auf dem Hamburger Land in Vahrensdorf/Rosengarten. Bekannt als Wohnort von Dieter Bohlen. Man munkelt, er soll auch da sein. Unklar, ob wegen der Karten oder des Ferkels vom Grill. Übrigens, wer mich rausschmeißt bei diesem Turnier (ich weiß, das ist nahezu unmöglich) bekommt entweder einen Kuss oder ein signiertes Autogramm.
Apropos Hund. Zum Schluss auf vielfachen Wunsch meiner geneigten und von mir hochgradig verehrten Leser Neuigkeiten zum Hund. Ich habe allmählich einen Rückenschaden vom vielen die Treppe-Runter-Tragen, immer noch ein Schlafdefizit und einen rapide anwachsenden Frischluft-Schock. Das kann mein Körper in der Tat nicht vertragen. So viel wie in den letzten 6 Wochen war ich seit 6 Jahren nicht mehr draußen. Und auch das auf dem Land. Das kennt mein Körper wirklich nicht. Ich versuche das mit noch mehr Zigaretten und noch mehr Rotwein zu kompensieren. Und – so ganz stubenrein ist die Süße immer noch nicht. Es ist aber eins der tollsten Sachen auf Erden; von einem gefloppten Full House mal abgesehen, wenn man zwei offensive, aggressive Gegner hat.
Wau. Wir sehen uns. Entweder beim Pipi machen oder beim Abkacken am Pokertisch. Hat Mista Eiwii eigentlich nen Hund?
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.12.2009.