Ein häufiges Thema unter No-Limit-Spielern ist die Behandlung aggressiver 3-Better. Es scheint immer jemanden am Tisch zu geben, der sie wesentlich öfter preflop reraist, als Ihnen lieb ist. Sie möchten sich zur Wehr setzen, halten aber oft Hände, die nicht stark genug sind, um einen Flop zu sehen. Sie wissen, ein Spieler, der mit einer großen Auswahl an Händen reraist, kann nicht immer ein starkes Blatt halten. Aber wie sollten Sie vorgehen?
Es gibt viele Strategien, um Spieler, die bereit sind, mit einer großen Auswahl an Händen zu reraisen, erfolgreich zu bekämpfen. Einige werden unter bestimmten Bedingungen effektiver sein als andere. Die erste Strategie besteht darin, 4-Bet-Bluffs mit Händen zu machen, die nicht gut genug für einen Call sind. Gegen Gegner, die Ihre 4-Bets oft nur callen (statt all-in zu gehen), sollten Sie mit den besten Händen 4-Bet-bluffen, die Sie sonst gefoldet hätten. Gegen Gegner, die entweder auf eine 4-Bet folden oder all-in gehen, ist es kaum nötig, zwischen den schwachen Händen zu unterscheiden, mit denen Sie 4-betten sollten.
Nehmen wir beispielsweise an, Sie eröffnen in einer 5/10 NL-Partie mit effektiven Stacks von $1.000 aus dem Cutoff mit einem Raise auf $35. Ein aggressiver Spieler im SB reraist Sie auf $120, und Sie halten eine Hand wie K8s. Sie denken, diese Hand ist zu schwach, um die 3-Bet Ihres Gegners zu callen, selbst wenn seine mögliche Auswahl an Händen groß ist. Eine 4-Bet jedoch könnte lukrativ sein. Ein Raise auf $300 würde $265 riskieren, um etwa $160 zu gewinnen. Der Pot gibt Ihnen für diesen Bluff Odds von 1 zu 1,65. Foldet Ihr Gegner in 63% der Fälle oder häufiger, dann ist der Raise automatisch profitabel. Im nächsten Schritt sollten wir feststellen, wie oft Ihr Gegner auf die 4-Bet foldet.
Wenn Sie den folgenden Schritten folgen, können Sie ausrechnen, ob eine 4-Bet einen sofortigen Profit erzielen wird oder nicht. Sind Sie nicht daran interessiert, zu lernen, wie man das berechnet, dann überspringen Sie den Abschnitt bis zu den Tabellen und Schlussfolgerungen.
Schritt 1) Machen Sie eine Annahme, welche Hände Ihr Gegner auf eine 4-Bet nicht folden wird. Nutzen Sie ein Programm wie Pokerstove, um schnell herauszufinden, welchen Anteil der möglichen Blätter diese Hände ausmachen. Falls Sie beispielsweise glauben, Ihr Gegner würde auf eine 4-Bet alles bis auf AK und TT+ folden, dann wird er nur mit 3,5% aller möglicher Hände weiterspielen.
Schritt 2) Stellen Sie den Preis Ihrer 4-Bet fest. Falls Sie auf $40 raisen, Ihr Gegner dann auf $150 3-bettet und Sie auf $350 4-betten möchten, dann betragen die Kosten für Ihren Bluff $310 ($350 minus die $40, die Sie bereits in den Pot getan hatten). Sie riskieren $310, um $190 zu gewinnen (den Raise Ihres Gegners auf $150 plus Ihren ursprünglichen Raise von $40 plus alles weitere Geld, das schon im Pot ist). Die Odds für die 4-Bet sind 190 zu 310 oder 1 zu 1,63. Sie müssen den Pot in 62% der Fälle (1,63/2,63) gewinnen, damit die 4-Bet einen sofortigen Profit preflop zeigt.
Schritt 3) Finden Sie heraus, wie groß die Palette der Hände Ihres Gegners, mit denen er 3-bettet, sein muss, damit Ihre 4-Bet einen sofortigen Profit erzielt. Dividieren Sie dazu den Prozentsatz aller möglicher Hände, mit denen Ihr Gegner auf eine 4-Bet nicht foldet, durch Eins minus dem Prozentsatz der Fälle, in denen Sie den Pot gewinnen müssen, um sofort Profit zu machen. Falls Sie beispielsweise glauben, Ihr Gegner foldet mit 3,5% aller möglicher Hände auf eine 4-Bet nicht, und Sie müssen den Pot in 62% der Fälle gewinnen, damit die 4-Bet sofort Profit erzielt, dann teilen Sie 0,035 durch 0,38 (1 – 0,62). Das Ergebnis sagt Ihnen, mit welchem Prozentsatz aller möglicher Hände Ihr Gegner 3-betten muss, damit eine 4-Bet direkt Gewinn macht. In diesem Beispiel lautet die Antwort 9,2%.
Tabelle 1.1 zeigt einige Gruppen von Händen, mit denen Ihr Gegner auf eine 4-Bet nicht folden könnte, und welchen Anteil aller möglicher Hände diese Gruppen repräsentieren. Tabelle 1.2 zeigt, wie groß die Palette an Händen, mit denen Ihr Gegner 3-bettet sein muss, damit eine 4-Bet preflop sofort Gewinn macht. Die Größen der 4-Bet werden als Vielfaches der 3-Bet des Gegners angegeben, und die Odds der 4-Bet wurden für einen Raise auf $3,50, gefolgt von einer 3-Bet auf $12, bei durchschnittlich $1 weiterem Geld im Pot berechnet.
Tabelle 1.1
Hands Opponent Does Not Fold to a 4 Bet | Percentage of All Possible Hands |
AK, TT-AA | 3.5% |
AQ-AK, 88-AA | 5.6% |
AQo-AKo, ATs-AKs, 88-AA | 6.5% |
AJo-AKo, A9s-AKs, KTs-KQs, QTs-QJs, 77-AA | 10.3% |
ATo-AKo, KQo, QJo, A7s-AKs, KTs-KQs, QTs-QJs, JTs, 22-AA | 15.1% |
Tabelle 1.2
% of All Possible Hands Opponent Does Not Fold to a 4 Bet | Minimum Opponent 3 Betting Range for a 2×4 Bet Immediate Profit | Minimum Opponent 3 Betting Range for a 2.5×4 Bet Immediate Profit | Minimum Opponent 3 Betting Range for a 3×4 Bet Immediate Profit | Minimum Opponent 3 Betting Range for a 4×4 Bet Immediate Profit |
3.5% | 8.0% | 9.5% | 10.6% | 13.5% |
5.6% | 12.7% | 15.1% | 17.0% | 21.5% |
6.5% | 14.8% | 17.6% | 19.7% | 25.0% |
10.3% | 23.4% | 27.8% | 31.2% | 39.6% |
15.1% | 34.3% | 40.8% | 45.8% | 58.1% |
Tabelle 1.3
Gegen Gegner, die 4-Bets manchmal callen statt einfach zu 5-betten oder zu folden, kann eine 4-Bet selbst dann eine profitable Option sein, wenn Sie glauben, Ihr Gegner wird keinen ausreichenden Teil seiner möglicher 3-Bet-Hände folden, damit Ihr Bluff einen sofortigen Profit macht. Gelegentlich werden Sie Hände floppen, mit denen Sie postflop profitabel weiterspielen können.
Wenn die Stacks größer werden, kann eine größere 4-Bet nötig sein, um den Gegner dazu zu bringen, einen großen Teil seiner 3-Bet-Hände zu folden. Beachten Sie, dass der Bluff bei einer größeren 4-Bet öfter erfolgreich sein muss. Werden die Stacks kleiner, kann eine kleinere 4-Bet genauso effektiv sein wie eine größere. Ein sehr großer Teil des Stacks wird vor dem Flop im Pot landen. Es bleibt Ihrem Gegner wenig Anreiz, mit Händen zu callen, mit denen er ungerne all-in geht.
Die zweite Option, um gegen aggressive 3-Better vorzugehen, ist ein All-in. Wenn eine 4-Bet mehr als 20% der effektiven Stacks darstellt, sollten Sie beginnen, die Vorzüge eines All-ins als Semibluff zu berücksichtigen, statt zu 4-betten und auf eine 5-Bet zu folden. Der Grund dafür ist, selbst sehr schwache Hände besitzen preflop gegen sehr starke Paletten an Händen einiges an Equity. Eine Hand wie A2s beispielsweise besitzt preflop eine Equity von ungefähr 30% gegen AK und TT+. Das heißt, selbst wenn Sie glauben, Ihr Gegner wird ein All-in nur mit AK und TT+ callen, schneiden Sie mit einem All-in trotzdem besser ab, als wenn Sie 41% Ihres Stacks mit einer 4-Bet investieren und dann auf ein All-in des Gegners folden.
Tabelle 2.1 zeigt einige Gruppen von Händen, mit denen Ihr Gegner ein All-in callen könnte. Außerden zeigt die Tabelle, welche Preflop-Equity man mit verschiedenen Händen gegen diese Gruppen besitzt. Im Gegensatz zu 4-Bets gegen Spieler, die entweder 5-betten oder folden, kann der Unterschied zwischen All-in-Händen ziemlich wichtig sein.
Tabelle 2.1
Hands Opponent Calls a Push With | Equity A2s | Equity A6o | Equity 22 | Equity 87o | Equity T7s | Equity 54s | Equity K9o |
AK, TT-AA | 30.0% | 25.8% | 30.0% | 24.3% | 25.9% | 28.5% | 22.8% |
AQ-AK, 88-AA | 30.7% | 26.5% | 32.7% | 25.8% | 29.8% | 30.0% | 28.4% |
AJo-AKo, A9s-AKs, KTs-KQs, QTs-QJs, 77-AA | 35.8% | 31.8% | 38.0% | 29.7% | 31.9% | 32.7% | 32.1% |
ATo-AKo, KQo, QJo, A7s-AKs, KTs-KQs, QTs-QJs, JTs, 22-AA | 39.1% | 37.3% | 38.7% | 33.9% | 35.6% | 35.1% | 36.8% |
Tabelle 2.2 listet den maximalen Teil des effektiven Stacks auf, den man bei unterschiedlicher Preflop-Equity gegen die Hände, mit denen der Gegner callt, in den Pot befördern kann, bevor ein All-in besser als eine 4-Bet und ein Fold auf eine 5-Bet ist. Vergleichen Sie diese Tabelle mit Tabelle 2.1, dann fällt auf, dass es sehr selten korrekt ist, mehr als 40% seines effektiven Stacks preflop mit einer 4-Bet in den Pot zu tun, und dann auf eine 5-Bet zu folden.Tabelle 2.2
Pre-flop Equity Against Push Calling Range | Max % of Stack for4 Bet and Fold HU |
20.0% | 60.0% |
25.0% | 50.0% |
30.0% | 40.0% |
35.0% | 30.0% |
40.0% | 20.0% |
45.0% | 10.0% |
Tabelle 2.3 und 2.4 zeigen auf Basis verschiedener Equitys, wie groß die Palette der Hände sein muss, mit denen Ihr Gegner 3-bettet, damit ein Raise all-in profitabel ist. In Tabelle 2.3 wird von einem Raise auf $3,50, einem Reraise auf $12 und einem All-in mit $100 bei durchschnittlich $1 weiterem Geld im Pot ausgegangen. In Tabelle 2.4 beträgt die effektive Stackgröße $75.
Tabelle 2.3
Pre-flop Equity Against Push Calling Range | Size of Range Opponents Calls Push With | Minimum 3 Bet Range for Push To Profit (100 Blinds) |
25.0% | 3.5% | 14.0% |
25.0% | 5.6% | 22.4% |
30.0% | 3.5% | 11.7% |
30.0% | 5.6% | 18.7% |
30.0% | 10.3% | 34.3% |
30.0% | 15.1% | 50.3% |
35.0% | 3.5% | 9.6% |
35.0% | 5.6% | 15.3% |
35.0% | 10.3% | 28.2% |
35.0% | 15.1% | 42.4% |
40.0% | 3.5% | 7.6% |
40.0% | 5.6% | 12.1% |
40.0% | 10.3% | 22.4% |
40.0% | 15.1% | 32.8% |
Tabelle 2.4
Pre-flop Equity Against Push Calling Range | Size of Range Opponents Calls Push With | Minimum 3 Bet Range for Push To Profit (75 Blinds) |
25.0% | 3.5% | 10.9% |
25.0% | 5.6% | 17.5% |
30.0% | 3.5% | 9.6% |
30.0% | 5.6% | 15.3% |
30.0% | 10.3% | 28.2% |
30.0% | 15.1% | 41.3% |
35.0% | 3.5% | 8.0% |
35.0% | 5.6% | 12.9% |
35.0% | 10.3% | 23.7% |
35.0% | 15.1% | 34.7% |
40.0% | 3.5% | 6.6% |
40.0% | 5.6% | 10.5% |
40.0% | 10.3% | 19.3% |
40.0% | 15.1% | 28.3% |
Wenn man die Tabellen 2.3 und 1.2 vergleicht, dann stellt man fest, Hände mit mehr als 35% Equity gegen die Gruppe der Hände, mit denen der Gegner callt, bevorzugen bei Stacks von 100 Blinds einen Raise all-in gegenüber einer 4-Bet auf das Dreifache und einem Fold auf eine 5-Bet. Mit einer Hand mit 40% Equity oder mehr ist ein All-in immer besser als eine 4-Bet und ein Fold auf eine 5-Bet. Darüberhinaus ist eine 4-Bet auf das Vierfache der 3-Bet und ein Fold auf eine 5-Bet fast nie besser als ein All-in. Mit Stacks von 75 Blinds sollte man mit allen Hände mit einer Equity von 35% oder mehr gegen die Call-Hände des Gegners all-in gehen, statt zu 4-betten und auf eine 5-Bet zu folden.
Der Prozentsatz der Hände, mit denen Ihr Gegner nicht auf eine 4-Bet foldet, und der Prozentsatz der Hände, mit denen er ein All-in callt, kann verschieden sein. Einige Gegner könnten beispielsweise mit einigen Händen 5-betten, mit denen sie auf ein All-in gefoldet hätten. Es kann Situationen geben, in denen ein 4-Bet-Bluff nicht profitabel ist, ein All-in aber schon. Falls Sie beispielsweise A2s bei effektiven Stacks von $1.000 halten und glauben, Ihr Gegner 3-bettet 10% aller Hände, würde ein All-in mit 3,5% aller Hände callen, aber mit 5,6% aller Hände 5-betten, dann ist ein Raise all-in profitabel, eine 4-Bet auf das 2,5-fache seines Raises oder mehr aber nicht.
Interessierten Lesern empfehlen wir, mit Programmen wie Pokerstove zu experimentieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welchen Anteil aller möglicher Blätter verschiedene Gruppen von Händen darstellen. Das neue PokerTracker3 erlaubt die Anzeige der durchschnittlichen 3-Bet-Frequenz der Gegner, die zusammen mit etwas Data Mining eine leichte Anwendung der in diesem Artikel diskutierten Strategien erlaubt.
Eine weitere Frage, die viele Leser haben könnten, ist, wie oft man 4-betten oder all-in gehen sollte, wenn man glaubt, dieser Spielzug ist profitabel. Die korrekte Antwort darauf lautet: Tun Sie das so oft Sie damit davonkommen. In Ringgames mit Gegnern, mit denen man wenig zu tun hat, wird man gegen aggressive 3-Better oft in der Lage sein, zu 4-betten und all-in zu gehen. In Partien mit weniger Spielern oder gar Heads-up-Matches, oder wenn man gegen altbekannte Gegner spielt, ist oft eine konservativere, balancierte Strategie besser.
Zu guter Letzt empfehlen wir, dass Sie sich zugunsten der aggressiveren Vorgehensweise entscheiden, wenn Sie mit dem Gedanken spielen, sich gegen eine 3-Bet zu wehren. Auch wenn ein Bluff oder Semibluff langfristig einen leichten Verlust macht, weil Ihr Gegner nicht ganz die notwendige Zahl der Hände foldet, um den Spielzug profitabel zu machen, so können diese Bluffs doch lukrativ sein, wenn Sie Ihre Gegner dazu bewegen können, Ihnen in den Fällen mehr Action zu geben, in denen Sie eine starke Hand halten.
In Teil 2 von Wie spielt man gegen aggressive 3-Better bei NL Hold’em werden wird auf den Call einer 3-Bet und das resultierende Spiel postflop eingehen.
Dusty Schmidt und Bryce Paradis
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.04.2008.