Sieben Jahre ist es nun her, dass ein gewisser Chris Moneymaker das Main Event der WSOP gewann und den großen Pokerboom auslöste. Hätte die Industrie es sich aussuchen können, sie hätte diesen Amateur mit dem suggestiven Namen genommen, um ihn dem Markt zu präsentieren. Doch Moneymaker selbst und die Glücksgöttin Fortuna sorgten dafür, dass die Welle losbrach.
Auch in Europa träumten in der Post-Moneymaker-Ära viele vom großen Wurf, von den Millionen, die es im Pokerzirkus zu gewinnen gibt, und meldeten sich bei PokerStars, PartyPoker, Full Tilt oder einem anderen Anbieter an. Wie aber hat sich das Poker im Internet seitdem entwickelt, was ist vom großen Boom noch übrig geblieben?
Schauen wir uns den Markt aus zwei Perspektiven an, aus der Anbieter- und der Spielersicht.
Die Anbieter
Die Situation am Markt hat sich seit einiger Zeit nicht mehr groß verändert. Branchenprimus ist PokerStars, gefolgt von Full Tilt Poker, diese beiden Anbieter haben auch fast alle prominenten und werbewirksamen Spieler unter Vertrag. Dahinter folgt PartyPoker, das zwar seit der Fusion mit bwin auch wächst, gegenüber den insgesamt 68 Prozent Marktanteil (+ 7 Prozent Plus) von PokerStars und Full Tilt aber deutlich abfällt. Mehr als zwei Drittel aller Onlinespieler sind also bei den beiden Riesen am Start und deren Zahlen sind weiterhin steigend. (Quelle: Strategic Planning Institute).
Für die Anbieter – auch die großen – ist der Markt härter geworden. Laut Schätzungen lag der Profit pro Spieler Ende 2008 noch bei 100 $, jetzt sind es nur noch 60 $, die Boni steigen und auch die Aufwendungen für die Werbung neuer Spieler, die Lebensader aller Online-Casinos.
Abgänge von Spielern, die Pleite gegangen sind oder aus finanziellen Gründen keine Lust mehr haben, müssen durch neue Spieler, vor allem diejenigen, die volljährig werden, ersetzt werden.
Insgesamt also ein stagnierender Markt mit hohem Konkurrenzdruck.
Die Spieler
Für die Spieler hat sich noch mehr verändert. Fand man zu Beginn des Booms noch massenweise schlechte Gegner, hat das darwinistische System Poker mittlerweile für eine enorme Bereinigung gesorgt. Beim „Survival of the fittest“ fallen die schlechtesten Spieler irgendwann durch und werden nur bedingt ersetzt.
Der Kampf an den Tischen ist deutlich härter geworden und die viel zitierten Fische genießen ab gewissen Limits höchstens Seltenheitswert. Mit Pokerstrategy und Intellipoker gibt es in Deutschland zwei große Pokerschulen, die davon profitieren, wenn ihre Spieler möglichst lange und viel spielen, d.h. Rake produzueren. Umso größer ist das Interesse der beiden großen Communitys, ihre Spieler mit möglichst guter Ausbildung ins Rennen zu schicken.
Ein positiver Aspekt aus Spielersicht sind die immer besser werdenden Boni und Rakeback-Systeme bei den Anbietern. Längst haben sich an den Tischen viele sogenannte „Rakeback-Huren“ breit gemacht, die zwar keine direkten Gewinne erzielen, mit den Bonifikationen aber ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Streng genommen sind aber viele Spieler eigentlich nicht gut genug, um Kontrahenten und Rake zu schlagen, doch halten sie sich mit Massengrinding über Wasser.
Ein Ausblick
Verlieren macht auf Dauer keinen Spaß, selbst wenn man es sich leisten kann. Der Online-Pokerspieler der Zukunft wird sich daher auf noch mehr Gegenwind einstellen müssen, als er ohnehin schon herrscht. Wer mit Poker seinen Lebensunterhalt bestreiten will, muss besser als die anderen sein, oder zumindest nicht schlechter als der Durchschnitt. Das wird immer schwieriger werden, weil die schlechten Spieler weiter ausgesiebt werden und die Konkurrenz nicht schläft.
Konnte man vor fünf Jahren noch mit ABC-Poker Gewinne erzielen, muss man heutzutage konsequent an seinem Spiel arbeiten und versuchen, den anderen einen Schritt voraus zu sein. Eine leere Wasserflasche zum Reinpinkeln, wie Dusty „Leatherass“ Schmidt halb ironisch, halb ernst suggeriert, reicht nicht aus, um sich dauerhaft behaupten zu können.
Am Markt wird es weiter Bereinigungen geben und die großen Anbieter werden auch in Zukunft schwere Geschütze auffahren, um neue Spieler zu werben, die vom großen Geld träumen und dann ihre Einzahlung verspielen. Dies bringt neues Geld in den virtuellen Markt, doch wer es gewinnt, wird schon von seinesgleichen gejagt.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.11.2010.