Vor einer knappen Woche publizierten wir den ersten Teil des interessanten Blog-Eintrags von Pokerprofi Alec Torelli, in dem es darum geht, wie man mit großen Verlusten klarkommt.
Torelli gab einige Hinweise für das Verhalten nach einer katastrophalen Verlustsession und kreierte den Begriff des „happiness EV“. In Teil 2 geht es nun darum, wie man einen Verlustmonat, eine miserable WSOP oder gar den Verlust der Bankroll verarbeiten kann.
Hier der Text in deutscher Übersetzung:
Perspektivwechsel
Schadensbegrenzung
1. Ermittlung des Verlusts
Häufig schiebe ich es hinaus, meine Verluste genau zu berechnen, weil es so schwer ist, die Realität zu akzeptieren. Doch je früher ich es tue, desto eher kann ich einsehen, dass sie wirklich passiert sind. Nachdem ich die Summe in Zahlen hingeschrieben habe, gebe ich mir Zeit, zu lamentieren. Manchmal gehe ich sogar noch weiter und quäle mich damit, wie anders meine finanzielle Situation aussehen würde, wenn ich diesen harten Schlag nicht hätte hinnehmen müssen.
2. Akzeptanz
Der schwierigste Teil. Ich setze meine Pein fort, indem ich die beiden Zahlen (meine aktuelle finanzielle Lage und die Lage, in der ich mich befinden könnte) miteinander vergleiche.Dann denke ich lang und genau über mein Leben abseits des Poker nach. Was macht mir Spaß? Ich schreibe diese Dinge auf: Schreiben, Sport, Kochen, Yoga, Freunde, Lesen und Natur.
Ich nehme mir die Zeit, um ihre Gemeinsamkeit zu würdigen: Sie sind allesamt kostenlos. Ich stelle tief in mir fest, dass ich alles, was ich brauche, bekommen kann und mein Leben mit dem zusätzlichen Geld nicht anders wäre.
Dieser Moment der Erleuchtung ist der Zeitpunkt, an dem sich das Blatt wendet.
3. Erholung
In dieser Phase fange ich an, meine kommenden Aktivitäten aufzulisten, auch wenn dies bedeuten kann, mich dazu zu zwingen, nur so zu tun als ob. Schon eine einfache Aufgabe kann ganz übermächtig erscheinen, wie bei einem Depressiven, der nicht aus dem Bett kommt. Damit es leichter geht, mache ich mir am Abend vorher einen Zeitplan, den ich aufschreibe. Den nächsten Tag will ich mit etwas Einfachem beginnen: Fünf Minuten Dehnübungen oder 20 tiefe Atemzüge und mich dann größere Anstrengungen unterziehen. Unabhängig von meinem Aufenthaltsort und der Uhrzeit stelle ich den Wecker auf 7 Uhr.
Ich nehme mir Zeit für introspektive Momente der Dankbarkeit. Jeden Morgen beginne ich mit einer einfachen Übung. Ich gebe mir 2 Minuten Zeit, um möglichst viele Dinge aufzulisten, für die ich dankbar bin.
Je mehr Triviales darunter ist, desto besser. Leckere Mandeln, meine Saftpresse, der New Yorker, Omar Little. Was es ist, spielt keine Rolle.
Wie Oscar Wilde meinte, sollten wir uns auch an den extremsten Momenten des Schmerzes ergötzen, da sie außergewöhnlich sind.
Positiver Ausblick
Das Problem:
Dem Spieler Saxophon tat nicht der Verlust seiner Bankroll von 500.000 Dollar weh, sondern die Bedeutung des Geldes für ihn. In seinem Beitrag auf 2+2 gab er zu, dass Geld für ihn keinen besonderen Wert besitze. Sein größtes Problem schien eher zu sein, dass er nicht mehr auf den höchsten Limits antreten konnte. Alles klar. Beim Poker Pleite zu gehen ist dasselbe wie eine schwere Verletzung bei einem Sportler. Je nachdem wie schnell man sich erholt, in einer Woche, einem Jahr oder einem Leben.
Zwar ist es frustrierend, nicht mehr an den teuersten Partien teilnehmen zu können, aber kein Grund zur Depression. Schwer zu begreifen ist der Verlustbetrag, der ihm noch ein Jahr danach heftig zusetzt.
Dies ist der Grund: Geld hat keinen Zweck. Es gibt keinen klaren Grund, warum jemand die Knete braucht, außer dass er sie will. (Im konkreten Fall braucht Saxophone das Geld gar nicht.) Solange er das Gefühl der Leere, das durch die Höhe des Verlusts entstanden ist, nicht durch einen Erfolg loswerden kann, hält der Schmerz an.
Eine Überlegung: Kann man sich vorstellen, dass er weniger traurig wäre, wenn er nur 300.000 $ verloren hätte? Was wäre, wenn er mit 10 Millionen angefangen hätte und 9,5 Millionen verloren hätte? Dann hätte er immer noch die 500.000 $, deren Verlust er bedauert, aber ich glaube, er hätte dasselbe Verlustgefühl. Das Problem ist nicht die Zahl, sondern das, was dahinter steckt.
Die Lösung:
Geben Sie Ihren Aktivitäten, die nichts mit Poker zu tun haben, eine Bedeutung, indem sie sich Ziele setzen und auf diese hinarbeiten.
Ich empfehle die Bücher von Tim Ferriss, in denen er zeigt, wie man den idealen Lebensstil entwickelt und erreicht, indem man sich eine „Traumsumme“ für Ausgaben festlegt.Ich habe dies jahrelang umgesetzt und meine jährliche Traumsumme betrug nie mehr als 100.000 Dollar. Beachten Sie aber, dass meine Freundin mich „Kleiner Prinz“ nennt.
Sobald man erkennt, dass man viel weniger Geld braucht, als man vermutet, ist es leichter, den Verlust zu akzeptieren. Mit Genügsamkeit kommt der Zeitpunkt, an dem man einsieht, dass man mit 10 Millionen nicht glücklicher ist als mit 100.000 $.
Zufriedenheit:
Es gibt zwei Arten von Zielen: äußerliche und innere. Zu äußerlichen Zielen gehören Statussymbole und Ruhm, während innere Ziele persönliche Entwicklung, Beziehungen und Erfahrungen sind. Ich kann gar nicht genug betonen, wie viel mehr mir das Erreichen der inneren Ziele gebracht hat. Italienisch zu lernen, durch Neuseeland zu reisen und Klavier zu spielen sind deutlich wertvoller als ein neues Kleidungsstück, mehr Fans auf Twitter und eine größere Bankroll.
Zufriedenheit sollte unsere Religion sein und die Grundlage unserer Entscheidungen. Da es sich um einen inneren Zustand handelt, können wir diesen zum Glück entwickeln. Zufriedenheit zu üben sollte zu unseren täglichen Aufgaben gehören. Dankbarkeit, Freundlichkeit und Bescheidenheit sorgen dafür, nicht so leicht enttäuscht zu werden. Schon fünf Minuten am Tag können den Unterschied ausmachen.
Genügsamkeit ist nichts Mysteriöses außer Reichweite, sondern existiert im Hier und Jetzt. Auch wenn wir in einem Betrieb unterwegs sind, in dem Erfolg meist mit Geld gemessen wird, müssen wir daran denken, dass unser Ziel nicht Reichtum ist, sondern Zufriedenheit.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.03.2012.