Vergangene Woche habe ich darüber gesprochen, wie man sein Spiel bei einem Turnier umstellen muss, habe drei Fragen zu Turnieren beantwortet und betont, dass es wenig Unterschiede zwischen Cashgame- und Turnierstrategie gibt. Diese Woche möchte ich eine weitere Frage beantworten und zwei Situationen zeigen, in denen es Sinn macht, vom „richtigen“ Spiel abzuweichen.
Die vierte Frage: Die unterschiedliche Payout-Struktur zwischen Cashgames und Turnier hat doch sicher etwas zu bedeuten, oder?
Ja. Turniere unterscheiden sich von Cashgames in diesem Punkt. Bei Turnieren wirst Du dafür belohnt lange durchzuhalten und nicht dafür viele Chips zu sammeln.
Bei den Ring Games ist ein Chip den Du sparst, weil Du foldest genauso viel wert, wie ein Chip den Du gewinnst. Chips die Du im Turnier sparst sind dagegen mehr wert.
Nehmen wir ein typisches $1.000 Buy-In-Turnier mit 100 Spielern, bei dem der erste Platz $40.000 von einem $100.000 Preispool bekommt.
Zu Beginn des Turniers hat jeder Spieler 1.000 Chips mit dem Wert $1.000. Der Gewinner hat schließlich 100.000 Chips, die bei einem Cashgame auch $100.000 wert wären. Hier im Turnier sind sie aber nur $40.000 wert. Am Ende sind also 1.000 Chips nur noch $400 wert. Wenn Dein Stack wächst nimmt gleichzeitig der Wert jedes zusätzlichen Chips ab. Das bedeutet, Du solltest weniger unnötige Risikos eingehen, als Du es beim Cashgame machen würdest. (Bist du generell dagegen Risikos einzugehen bei Deinen Cashgames, spielst Du zu hohe Limits für Deine Bankroll.) Bleibe eher Deiner Cashgame-Strategie treu, als übertrieben viel an Deiner Spielweise bei einem Turnier zu ändern. Viele Leute hätten mehr davon, wenn sie ihre Strategie gar nicht ändern würden, denn meist sind die Änderungen zu extrem und darunter leidet dann ihr Spiel.
Es gibt für meine oben genannte Theorie auch zwei Ausnahmen, bei denen es profitabel ist vom normalen Spiel abzuweichen:
1. Wenn Du kurz vor dem Geld bist
Wenn Du sehr short stacked bist, musst Du sehr vorsichtig sein wenn Du Deine restlichen Chips in die Mitte schiebst, besonders wenn Du callst.
Wenn Du einen Big Stack hast, kannst Du nach Möglichkeiten suchen, die kleinen und mittleren Stacks zu belasten – besonders die mittleren. Diese Spieler werden so kurz vor dem Geld sicher gerne einer Konfrontation mit Dir aus dem Weg gehen. Damit ist die Jagdsaison für deren Blinds und Antes eröffnet.
Wenn Du einen mittleren oder kleinen Stack hast, musst Du ein bisschen vorsichtiger sein. Denke daran, die anderen Spieler – sogar die Big Stacks – wollten sich nicht mit Dir duellieren. Sie wollen nur Deine Blinds klauen, ohne Deine Gegenwehr. Stelle Dich also darauf ein, sie ein bisschen auszuspielen und Dich aggressiv zu wehren, wenn sie von Dir stehlen wollen. Es wird meist ein Kräftemessen der Big Stacks, wer zuerst den Schwanz einzieht und wer mehr Blinds und Antes klauen darf.
2. Am Final Table
Du musst Deine Spielweise kaum ändern, bevor Du nicht einen Spieler entfernt vom Finaltisch bist. Hier solltest Du wieder tighter spielen, weil die Payout-Struktur hier die überlebenden Spieler deutlich belohnt.
Halte Ausschau nach Möglichkeiten andere Spieler zu belasten, besonders die Short Stacks. Diese Strategie kannst Du während des gesamten Final Tables beibehalten.
Was ist mit Heads-Up?
Nun sind keine Anpassungen und Umstellungen mehr nötig. Im Grunde spielst Du jetzt ein Freezout, bei dem der Sieger alles gewinnt. Als Prämie gibt es hierbei die Gelddifferenz zwischen ersten und zweiten Platz.
Denke daran: Die Veränderungen Deiner Spielweise im Turnier sollten sehr subtil sein. Nur in sehr seltenen Fällen kannst Du Deine Strategie deutlich verändern. Spiele Deine Hände im Zweifelsfall als wärst Du im Cashgame und spiele so gut Du kannst. Selbst wenn Du Deine Spielweise nie änderst, hast Du auf diese Art und Weise immer eine gute Chance erfolgreich zu sein.
Chris Ferguson
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 14.08.2008.