Die folgende Geschichte ist wahr. Morgens um sechs Uhr schlenderte ich mit 2.400 Dollar ins Casino. Eine Stunde 3$/6$-Poker und eine Tasse Kaffee später hatte ich mich auf 2.420 Dollar verbessert. Da die No-Limit Partie begann, besetzte ich meinen Lieblingsplatz im sogenannten „Frühstücksclub“, ein Ausdruck, den mein Freund Eldon geprägt hat.
In der Regel entwickelt sich die Partie langsam und die Chips werden zu Beginn wie Gullydeckel in die Mitte geworfen. Aber nicht heute. Nicht mit André an diesem Morgen. Er haut auf Steine, bis sie zerspringen. Er stochert so lange in Schlössern herum, bis sie aufspringen. Er hat noch nie in einer tighten Partie gespielt.
André kaufte sich mit 5.000 $ und veranlasste dadurch einige andere, ihm dies nach zu tun. Zum Teufel dachte ich mir und entleerte meine recht schlechte gefüllten Taschen mit den gesamten 2.400 $. Ich gewann einige kleine Pots und hatte meinen Stack auf 2.800 $ vergrößert, als André erneut einen Live-Straddle brachte und den Einsatz auf 80 $ erhöhte.
Drei Spieler mit großen Stacks limpten und ich schloss mich dem einfallslosen Pack im Cut-Off mit K 7 an. Der Button callte und die Blinds foldeten.
Nun war wieder André an der Reihe. Er raiste 300 $ in einem Pot mit 500 $. André baut in erster Position mit einem Straddle gelegentlich gerne einen großen Pot mit mehreren Spielern auf und schnappt sich anschließend einen Stapel mit Chips im Wert von 100 $, um nach dem Flop über die anderen herzufallen. Häufig habe ich verfolgt, wie er gesetzt und sich den Pot geschnappt hat…
Alle Spieler callten den Raise auf 300 $, auch ich. Können Sie das Wort V-E-R-N-U-N-F-T buchstabieren? Jetzt kommts.
In der Regel gibt es nach einer Bet drei Möglichkeiten, Raise, Call oder Fold. Aber nicht immer. Es ist wie nach einem schönen Gewinn mit einem großen Stack, wenn ich Ax Kx bekomme und einen bescheidenen Angriff auf den Pot starte und dann raist mich jemand mit dem Doppelten All-In. Meine Auswahl ist dann nicht länger Call oder Fold. Ich muss callen oder aufhören, denn wenn ich nicht calle, kann ich es ohnehin sein lassen.
Ich hatte noch gar keine Gelegenheit zu einem Tango an diesem Morgen gehabt, als sich die Hand mit K 7 zusammenbraute, daher kam Aufhören nicht in Frage und schon gar nicht mit einem André im selben Postleitzahlenbereich. Dies bedeutete, dass ich gemäß meiner „Callen oder Aufhören“-Argumentation diesen Raise auf 300 $ callen musste. Außerdem war mein Blatt gleichfarbig.
Vor dem Flop betrug der Pot 2.300 $ und ich hatte noch 2.400 $. Auf dem Flop kamen Kx Qx 5x in drei Farben. André setzte auf der Stelle 2.000 $ und die nächsten drei Spieler foldeten. Nun war ich an der Reihe.
Sind Ihnen schon einmal die beiden folgenden Geisteszustände aufgefallen? Man sucht nach Gründen für einen Call und nach Gründen für einen Fold. In diesem Moment war ich in die erste Möglichkeit versunken. Und ich fand die Gründe.
Meiner Meinung nach waren Pot Odds von 2 zu 1 mit Top Pair gegen André eine gute Gelegenheit, um mein Geld in die Mitte zu schieben. Wer weiß, André konnte alles Mögliche haben, oder? In Wahrheit war ich immer noch dem „Callen oder Aufhören“-Modus verfallen. Außerdem hatte mich mein Freund Buddy in seine Eigentumswohnung eingeladen. Wie schön es dort werden würde, wenn ich einen fetten Pot schnappen könnte…
Immer noch drangen einige Gründe für einen Fold durch den Nebel. Würde André wirklich mit einer Hand, die ich schlagen konnte, beherzt 2.000 $ in einige große Stacks hineinsetzen? Außerdem lag meine gesamte Tages-Bankroll auf dem Tisch. Ging ich All-In und verlor, hatte ich noch ein Out: Die Ausgangstür. Zudem hatte ich gerade einen Obstteller bestellt.
Scheiß drauf. Carpe diem undsoweiter, ich ging All-In.
Das Angenehme an einem All-In bei No-Limit ist, dass man nicht mehr nachdenken muss. Es ist, als ob das Schicksal nicht mehr in den eigenen Händen liegt. Ihr wisst doch, was ich meine? Ich mache mir keine Gedanken mehr, weil ich furchtlos bin.
Der Button foldete und André callte die fehlenden 400 $.
Ich sagte, “Top Pair.”
André drehte ein Paar Fünfen um. Bottom Set. Hoppla.
Jetzt machte ich mir wieder Sorgen. Zweifellos war ich erledigt. Verprügelt und pleite schaute ich dem bitteren Ende entgegen. Auf dem Turn kam ein König. Meine Hand lag immer noch zugedeckt auf dem Tisch, aber alle wussten, dass ich einige Outs bekommen hatte. Auf dem River dann die Erlösung, eine wunderbare Sieben. André war wie immer ruhig und liebenswürdig.
Zwei Stunden später war ich mit dem Betrag, den ich gewonnen hatte, auf dem Heimweg.
Zwei Wochen später war ich auf Hawaii und bedankte mich bei Pelé.
Erneut hatte sich Walts zeitloser Ratschlag bewahrheitet. „Der sicherste Weg, bei No-Limit einen großen Pot zu gewinnen, besteht darin, den Gegner mit den Nuts auszumachen und ihn zu überholen.“
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 05.02.2009.