Mittlerweile ist unser Held Kurt am Final Table angekommen und fühlt sich halbwegs wohl. Nun geht es ums ganz große Geld und natürlich steigt die Spannung bei ihm – und bei allen Lesern, wie es ihm letztlich ergangen ist. Viel Vergnügen mit Teil 2 seines Berichts vom Final Table:
Mein Freund Gedanken ist beim Essen sehr reizend und mütterlich. Als ob er nicht wollte, dass ich abgelenkt bin und an etwas anderes als Poker denke. Als etwa die Rechnung kommt, versteckt er sie hinter der Ketchupflasche, damit ich sie nicht sehen kann. Ich streite nicht deswegen. Ich verputze meinen Cheese Quesillada und verschwinde, um auf jeden Fall noch einige Züge nehmen zu können, bevor es weitergeht.
Ich ziehe los, um noch einmal zu pissen und die letzte Zigarette zu rauchen, dann setze ich mich wieder an den Tisch. Shuffle up and deal. Naja, vielleicht komme ich mit der exakten Abfolge der Ereignisse und Hände durcheinander, aber es gibt sicher eine genaue Wiedergabe auf PokerNews oder einer anderen Seite, wenn Ihr es genau wissen wollt. Ich werde Euch aber einfach meinen Eindruck der Geschehnisse schildern.
Ich entdecke nirgendwo einen Kellner, daher bitte ich den Turnierleiter um Hilfe. Er meint, die Bedienungen seien auf dem Weg.
In erster Position nehme ich Jx Jx auf. Mein M beträgt etwa 7. Das ist ein Standard-All-In. Muss ich aber All-In gehen? Ein All-In aus dieser Position wird ohnehin nur von AK, AQ und QQ+ gecallt, da kann ich doch auch nur raisen, oder? Raise ich aber nur, kann ich dann auch ein All-In callen? Calle ich, sollte ich gleich All-In gehen. Ich sitze da und grüble vermutlich 45 Sekunden darüber nach, was ich meinen Buben anstellen soll. Hm, jetzt sieht es so aus, als würde ich ein Monster mit Schauspieltalent kaschieren. Also los, ab die Post! Ich bringe einen Raise auf 2,5 Big Blinds und kassiere die Blinds. Schön.
Es gibt zwei Short Stacks. Ich bin sicher, dass ich nicht der einzige bin, der sich auf sie konzentriert und hofft, dass er noch mehr Geld gewinnt. Ich folde eine Zeitlang und einer der Short Stacks geht All-In. Er wird gecallt.
Er gewinnt. Mist. Okay, immer noch ein Short Stack am Tisch.
Zwanzig Minuten sind um und ich habe immer noch kein Wasser. Mein geschätzter Wasser/Nikotin-Zyklus droht zu kollabieren. Nach einer halben Stunde dieses Levels rufe ich erneut den Turnierleiter. „Ich brauche Wasser.“ Okay, meint er. Dann gibt er via Mikrophon für alle bekannt:
“BITTE COCKTAILS AN DEN FINAL TABLE.“Ein Kichern macht die Runde. „Genau davon war die Rede, jawoll!“ Ich höre, wie jemand aus meiner Fangemeinde kreischt. Wie ich sehe, ist pfapfap hier. Vermutlich ist er bei seinem Turnier ausgeschieden.
Egal, einen Short Stack gibt es noch. Schließlich geht er All-In und wird gecallt!!! Einmal nur, Dealer!
…
Nö, der Short Stack verdoppelt. Die Blinds steigen. Saars Stack ist in Ordnung und Pascal walzt natürlich alles nieder, aber ehrlich gesagt sind acht Short Stacks am Tisch. Ich bekomme im Cut-Off Ax 7x , gehe All-In und gewinne die Blinds, aber das letzte Mal tat ich dies vor mehreren Runden und mein Stack schwindet weiter. Ich bin permanent in der roten Zone.
Endlich verliert ein Spieler, der All-In ist. Es ist Joe. Er schüttelt jedem die Hand und verzieht sich. Der Turnierleiter gratuliert uns erneut, dass wir am Final Table sind. Offensichtlich handelt es sich erst dann „offiziell“ um den Final Table, wenn wir neun Spieler sind, obwohl wir schon an ihm sitzen. Nun gut, jetzt ist es eben scheißoffiziell.
Schließlich bekomme ich mein Wasser und leere es so schnell wie möglich, um meinen Wasser/Nikotin-Fahrplan nicht zu gefährden. Ich folde weiter … mein M sinkt und sinkt und ich bekomme keine gute Gelegenheit. Ich erinnere mich daran, dass mein M in diesem Turnier schon einmal bei nur noch 2,5 lag und es im Endeffekt ums ÜBERLEBEN geht.Nur noch fünf Minuten in diesem Level. Ich glaube nicht, dass ich vor der nächsten Blindstufe noch meine kleine Pause bekomme. Pascal raist aus UTG: Ich folde in UTG+1, aber Saar callt in UTG+2. Die großen Stacks geraten aneinander, daher wird diese Hand mindestens fünf Minuten dauern, vielleicht sogar länger. Auf der Stelle springe ich aus meinem Stuhl und mache mich auf den Weg zum Pissen/Rauchen. Perfekt. Verpasste ich mehr als eine Hand, ginge mein Big Blind flöten und ich wäre extrem wütend, daher jogge ich auf dem Rückweg an meinen Platz.
Da ein Zuschauer den Weg zum Final Table versperrt, kreische ich „Entschuldung“, während ich auf den Zugang zu jogge. Ein Sicherheitsbeamter sieht mich aber kommen und stellt sich in den Weg, um mich zu packen. „Ich bin Spieler!“ platze ich heraus, während ich seinem Griff ausweiche und auf meinen Platz zusteuere. Ich sehe, wie die Karten verteilt werden, und wenn ich nicht rechtzeitig am Platz bin, ist meine Hand tot.
Rums, mein Hintern ist im Stuhl, bevor der Dealer fertig ist und ich erkenne, dass ich in UTG bin. Toll, ich habe nicht eine Hand verpasst. Ich hole tief Atem, konzentriere mich und schaue in meine Karten. Ax Jx offsuit. Das ist ein wenig dürftig, aber dieser Tisch ist wirklich tight und ich bin in der roten Zone. Ich annonciere All-In, während ich meine Chips in die Mitte schiebe, lege meinen Kopf auf meine Hand und erstarre. Fold, Fold, Fold, Fold, Fold, Fold, Fold, Fold. Ich gewinne die Blinds.
Als ich meine Chips staple, höre ich wie Gary aus dem Zuschauerraum ruft, „Verdammt Kurt, ich habe Dich noch nie so schnell rennen sehen.“
Ich rufe zurück, „Wirst Du auch nie wieder!“
Ohne dass ich es damals wusste, drückte der Photograph von PokerNews genau in diesem Moment auf den Auslöser. Ich erfuhr am nächsten Tag davon, als ich eine Email von einem meiner besten Freunde seit der Grundschule bekam. Die Email trug folgenden Betreff: „Hast Du in Deinem alten Beruf je so ein Gesicht gemacht?“
Fortsetzung morgen.
Hier der Link zum Thread bei twoplustwo.com
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 07.08.2010.