Unser Protagonist hat es geschafft: Final Table eines WSOP-Events. Nur noch zehn von 2.341 gestarteten Teilnehmern sind im Rennen um das große Geld. Kurt ist einer davon. Er ist aber Short-Stack. Wie er sich schlägt und wie es ihm am Final Table ergeht, lesen Sie hier:
Jeder bekommt ein Formular, das er ausfüllen muss. Ich quäle mich mit den Fragen ab. Ich entscheide mich dafür, es mit jeder Menge Nonsens zu füllen. Am Ende lasse ich aber doch das Meiste unausgefüllt.
Ich packe meine Chips ein, hole meine Platzkarte und mache mich auf zum Final Table. Ja, DER Final Table. Den, den man im Fernsehen sieht. Es gibt viele Railbirds und der Trubel ist gewaltig. Es gibt Holecard-Cams an jedem Platz. Wir sind jetzt in einem abgetrennten Bereich des Turniersaals. Es gibt auch Bildschirme, an denen die Zuschauer die Action verfolgen können und viele Stehplätze.
Auf dem Weg zu Seat 7 bemerke ich, dass Pascal auf Platz 6 ist. Cool! Ich sehe, dass auf Seat 7 bereits ein Beutel Chips liegt. Nein, ich werde meinen “Jesus-Seat” nicht einfach so kampflos aufgeben. Nicht für jemanden, der – wer immer es auch ist – zu doof ist, seinen Platz zu finden.
Ich sage zum Dealer: “Ich bin im Seat 7 und diese Tüte lag auf meinem Platz”. Ich gebe ihm die Tüte und lege stattdessen meine auf den Platz. Der Dealer nimmt die Tüte und sagt:
“Hier steht aber Seat 7.”
“Das steht aber auch auf meiner”, sage ich. Er ruft den Turnierdirektor.
“Was passiert hier?”
Dealer: “Wir haben zweimal Seat 7.”
Der Turnierdirektor schaut sich die beiden Beutel an, auf denen jeweils “Seat 7” steht. Ich zeige ihm meine laminierte Platzkarte, auf der ebenfalls “Seat 7” steht. “Was machen wir mit dieser Tüte?”, fragt der Turnierdirektor. Der Dealer zeigt auf den leeren Platz am Tisch. Der Turnierdirektor gibt dem Dealer die Tüte: “Pack die Chips aus, bevor der Typ wiederkommt.”
Ich nehme Platz und staple meine Chips. Ich sehe Jimmy. “Hey Jimmy!” Ich sehe Max. Ich sehe Joe. Es ist wie in einer alten Clique. Die Zuschauermenge wird immer größer. Ich glaube, das gesamte College von Pascal ist hier, um zu railen. Er nennt sie “Team V-Neck”. Meine Rail ist ebenfalls voll. El Nino und dabomb sind da. Split ist aufgetaucht. Pfabpfab ist gerade in der Essenpause, gedanken ist rausgeflogen und beide sind da. Auch grindhouse gibt sein Bestes. DIPSET ist auch hier und deswegen ist die Kurt-Sektion relativ groß.
Auf dem Weg zum Final Table nach einer letzten Zigarette packt mich Gary am Arm:
“Hey Mann”, sagt er, “Wird du versuchen, das Ding zu gewinnen?”
Ich schaue ihn verdutzt an: “Was meinst du?”
“Wirst du versuchen zu gewinnen”, er macht eine lange bedeutungsschwere Pause, “oder willst du nur überleben?”
Ich weiß genau, was er meint. Werde ich meine Chips einsetzen, den Tisch aufrütteln und Chips für short-handed Konfrontationen aufbauen oder werde ich folden wie eine kleine Bitch und hoffen, dass die Leute vor mir busten? Ich grinse ihn an.
“Ich werde einfach mein Ding machen.”
Er lacht und ballt die Faust. Ich mache mich auf meinen Platz. Die Spieler setzen sich und es geht langsam los. Es gibt drei Short-Stacks am Tisch und ich bin mit 350.000 Chips der “shorteste”. Alle anderen haben zwischen 500k und 800k Chips. Und dann ist da noch Pascal. Pascal hat 2,8 Millionen Chips.
Der Start ist etwas seltsam, weil der Turnierdirektor rumläuft und jeden einzeln der Menge vorstellt. Dabei muss er vorher meistens die Spieler fragen, wie man ihre Namen genau ausspricht. Irgendwann ist er fertig und es geht los.
Der Dealer setzt sich und mischt. Er sagt: “Ich habe noch nie an einem solchen Tisch gedealt. Sollte ich Fehler machen, bitte vergebt mir.” Ich kontere: “Ich auch nicht, also sind wir gleichauf.” Die Karten kommen. Ich folde ein wenig und dann wird zu mir gefoldet.
Ich habe AQ. Ich schaue nach links. Eine alte Angewohnheit, die an Final Tables nutzlos ist. Jeder betrachtet seine Hand erst, wenn er an der Reihe ist. Deswegen hat auch keiner links von mir schon seine Karten gesehen. Noch fünf Spieler nach mir. Meine M ist unter 3. Leichte Entscheidung. “Ich bin all-in.”
Ich schiebe meinen Stack mit Bestimmtheit in die Mitte. Dann lege ich den Kopf auf meine Hand und friere ein. Fold fold fold fold. Die Big-Blind denkt lange nach. Er hat mindestens eine halbe Million Chips mehr als ich. Er überlegt immer noch. Seine Stimmung scheint sich zu ändern. “Ich calle.” Er dreht AJo um. Ich decke mein AQo um. Die Railbirds können die Karten nicht sehen, bis sie in die Mitte des Tisches geschoben werden und an den Bildschirmen zu sehen sind. Meine Rail ist sofort Feuer und Flamme.
Der Dealer legt ein Board, das mich gewinnen lässt. Ich habe mich soeben an einem Final Table der WSOP offiziell verdoppelt! Ich bin jetzt in der 500k bis 800k Range des übrigen Tischs angekommen. Und dann gibt es natürlich noch Pascal. Und die beiden Short-Stacks.
Tief durchatmen und weiter geht es.
Der Turnierdirektor lässt uns die Wahl, ob wir früh oder spät in die Essenspause gehen wollen. Wir entscheiden uns für die frühe Option. Irgendwie habe ich keine Meinung dazu, es ist aber ok. Ich folde ein paar Orbits und beobachte den Tisch. Es ist ein tighter Tisch.
Dann wird zu mir auf dem Button gefoldet. Die Small-Blind ist Saar, der Jude. Saar hat ein paar komische Moves drauf, die ich nicht ganz einschätzen kann. Er spielt gut und meine Strategie ist, ihn zu meiden, wenn es geht. Die Big-Blind ist Kevin und Kevin ist der tighteste Spieler am Tisch. Er sieht irgendwie fertig aus. Ich schaue auf meine Karten und sehe suited Connectors. Ich kann nicht für immer folden.
“Ich bin all-in.” Ich schiebe Chips in die Mitte, friere ein. Saar checkt seine Karten, atmet durch und foldet. Kevin checkt und foldet schnell. Die Blinds werden immer größer. Dieses Ding mit dem Folden geht mir langsam an die Nerven.
Der Turnierdirektor sagt die 60-minütige Dinnerbreak an. Mist, schon wieder 60 Minuten. Keine Zeit zu verlieren, ich springe auf und steuere das Cafe an. Wieder Chicken quesadilla ohne Chicken. Gedanken kommt vorbei. Die anderen bleiben an den Rails.
Fortsetzung morgen.
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Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 06.08.2010.