Unser Held Kurt hat bei Event 8 den siebten Platz belegt und es ist Zeit für ein Resümee. Was an den restlichen Tagen seines Vegas-Trips geschah, könnt ihr hier nachlesen:

Diese Erfahrung durch das Schreiben noch einmal zu durchleben hat mich so erschöpft wie das Turnier an sich. Lasst mich auf etwas zurück kommen, das ich aus Versehen nicht erwähnt habe und sich nach Tag 2 abgespielt hat. Irgendwann sagte pfapfap zu mir, „Übrigens, Kurt, ich muss dir danken.“
Ich: „Warum?“
Er: „Vorher habe ich mit meiner Mutter gesprochen und dein Erfolg bei der WSOP hat meine Entscheidung, Poker zu spielen, für sie legitimiert. Danke dafür.“
Ich: „Cool.“
Nach meinem Ausscheiden an Tag 3 sagt er dann zu mir, „Übrigens, Kurt, ich muss sagen, F* Dich.“
Ich: „Warum?“
Er: „Nachdem du so viel Geld gewonnen hast, habe ich mit meiner Mutter telefoniert und sie war sehr enttäuscht, dass ich nicht so gut wie du abgeschnitten habe.“
Mütter… Wie auch immer, wo war ich? Achso!
Ich rannte. Ich rannte wie Forrest Gump. Ich strebte direkt auf den Ausgang zu. Pfapfap holte mich ein, weil er wusste, wo das Auto stand, und er die Schlüssel hatte. Als ich an der Toilette vorbeikomme, betrachte ich mir diese für einige Sekunden … ja, das bringt es jetzt. Nachdem ich mich erleichtert habe, denke ich ein wenig über Kommunikation nach.
Ich hole mein iPhone heraus und lasse mich geistesabwesend hinter pfapfap zurückfallen. Als erstes sehe ich die SMS. Dutzende mit Glückwünschen. Während ich sie durchsehe, kommt eine neue an, sie stammt von Neema, dem besten Spieler in unserer Runde. Ich antworte und es kommt zu folgendem Austausch:
N: Super Lauf, Junge! Ich habe immer gesagt, dass Du der beste von uns bist!
K: Dasselbe habe ich über Dich gesagt. Danke für die Unterstützung!
N: Aber ich hatte Recht. Jetzt hol Dir ein paar Nutten und lass es krachen!
Ich überprüfe meine Emails und entdecke eine Nachricht von mpethsy. Er schreibt:
Ich bin stolz auf Dich!
mpethy ist stolz auf mich. Das ist … einfach … nur cool. Er erzählt mir von den ganzen Threads auf 2+2, in denen man mir die Daumen drückte. Die Arbeit hat sich gelohnt.
Wir erreichen das Auto und ich springe in den Fond. Ich klicke die Apps weg und beginne, Leute anzurufen. Als erstes ist meine Frau dran. Sie ist total begeistert!! Sie erzählt, wie grandios das ist und dass ich feiern gehen soll, aber zunächst meine Eltern anrufen muss. Sie meint, es ginge dort wie an Neujahr zu, aber ich solle heute Spaß haben und wir würden morgen reden. Ich komme ihrem Rat nach und rufe meine Familie an. Mein Mutter schreit ins Telefon. Es klingt wirklich als sei Neujahr. Ich sage zu ihr, dass aus dem Geld, das sie mir zum „Zocken“ in Vegas gegeben hat, viele Tausend Dollar geworden sind, und ich ihr gar nicht genug für die Unterstützung danken kann. Sie meint, ich hätte das großartig gemacht und sie sei sehr stolz auf mich. Ich danke und meine, ich müsse jetzt auflegen, da ich mich total betrinken wolle.
pfapfap und ich kommen ins Zimmer und werden sofort mit einer Kombination von Aufputsch- und Beruhigungsmitteln bombardiert. gedanken wartet mit dem besten Scotch der Stadt auf. Wir stoßen an. Zu dritt gehen wir auf die Freemont Street, um uns ins Vergnügen zu stürzen – alles andere kann bis morgen warten. Wie feiert ein Pokerspieler ein grandioses Ergebnis? Natürlich mit mehr Poker.
Wir gehen ins Golden Nugget und bekommen drei Plätze in einer Limit-Partie mit 2 $/4 $. Ich setze mich mit 300 $ an den Tisch. Das wird lustig. In der ersten Hand bringe ich einen Straddle, bekomme 6 Caller, bestelle 2 Drinks bei der Bedienung und raise – das alles geschieht, bevor ich mir meine Karten angeschaut habe. Warum macht das Spaß, fragt Ihr Euch vielleicht. Nun, Limit-Spieler bei diesen Einsätzen kann man in einer ganz bestimmten Weise ärgern. Setzt man sich an ihren Tisch und raist in jeder Hand, werden Sie sauer.
Dieser Tisch war ziemlich robust und erst nach anderthalb Stunden wurde er aufgelöst. In dieser Zeit foldete ich einmal vor dem Flop, vielleicht auch zweimal. Ich pfiff mir sieben Drinks rein und hatte am Ende noch 100 $ von meinem Buy-In übrig. Es lief aber auch richtig mies.
Jetzt reicht es mit Poker. Wir kehren ins Golden Gate zurück und spielen bis zum Sonnenaufgang mit den in Bikinis gekleideten Dealerinnen Blackjack. Irgendwie erzielen wir alle ein ausgeglichenes Ergebnis. Ich bin müde. Kurz bevor wir aufbrechen, schreibe ich meinen letzten Twitter-Eintrag aus Vegas:
Ich mag Poker.
Etwa zur Mittagszeit versuchen mich meine Zimmergenossen für das Frühstück zu wecken, ohne Erfolg. Ja, ich habe verschlafen. Ich liege einfach im Bett und wälze mich, mit einem bösen Kater. Sie bringen mir ein wenig Toast und Marmelade, es schmeckt fantastisch. Ich komme immer noch nicht aus dem Bett.
Wir liegen im Hotelzimmer herum und versuchen eine Lösung für unser neues Problem zu finden – wie bekommt man 72.000 Dollar aus Vegas heraus. Da dies noch keiner von uns zuvor getan hat, ist dies ein ernstes Problem. Im Ernst, wie transportiert man 72.000 Dollar aus Vegas raus? Mit einer Reisetasche?
Irgendwann krieche ich aus meinem Bett, um meine Hose anzuziehen, aber weiter komme ich nicht und lege mich wieder hin und wälze mich weiter herum. Ich schaffe es, an alle meine Beteiligungen eine Email zu schreiben und ihnen mitzuteilen, dass ich noch nie in einer so merkwürdigen Situation gewesen wäre, sie alle ihr Geld bekämen, es aber noch eine Weile dauern könne, bis ich alles ausgerechnet hätte. Letztlich schlafe ich wieder ein und wache am Sonntag morgen wieder auf.
Ich bin der Erste, der auf ist. Es muss wieder Normalität einkehren. Ich ziehe meine Hose an und gehe zum Rio. Die Kasse der WSOP hat 24 Stunden geöffnet, doch um 9 Uhr ist die Hölle los, daher muss ich einige Minuten warten, ehe man mich bedient. Dem Typ an der Kasse sage ich, dass ich bei Event 8 im Preisgeld gelandet bin und mein Geld abholen will. Ich gebe ihm meine Spielerkarte und die kleine Karte, auf der steht, dass ich bei Event 8 den siebten Platz belegt habe. Auf der Karte ist kein Magnetstreifen. Kein Barcode. Keine Auftragsnummer. Es ist nur ein kleines Stück Papier mit diesen Worten. Ich staune darüber, dass einige Dinge in Vegas noch ziemlich althergebracht sind.
Er klimpert eine Weile auf seinem Computer herum, dann fragt er mich, wie ich das Geld wolle. „Ein Scheck, bitte.“
„Alles auf einen Scheck?“ fragt er. Mir scheint, wenn ich stattdessen gesagt hätte, „in Chips“, wären diese in einem silbernen Tray von einem Supermodel gebracht worden, das mich zu den Roulettetischen geführt hätte.
“Ja, alles auf einen Scheck.“
Er klimpert wieder eine oder zwei Minuten auf seinem Computer herum und gibt mir dann den Zettel und meine Spielerkarte zurück. „Okay“, meint er, „nehmen Sie einfach dies mit zur Kasse, dort bekommen Sie Ihren Scheck.“
Ich tue dies. Und sie tun es auch. Ich fühle mich überhaupt nicht verlegen, als ich von dem Scheck über 72.000 Dollar, der auf mich ausgestellt ist, ein Foto mache. Ich stecke ihn in meine Tasche und hole auf dem Weg zum Auto mein iPhone heraus, um den Weg zur nächsten Zweigstelle meiner Bank zu ermitteln. Ich liebe mein zukünftiges Leben!
15 Minuten später stehe ich am Bankschalter, schreibe meinen Namen auf ein Einzahlungsformular, indossiere den Scheck und schiebe ihn zur Kassiererin. „Ich möchte gern eine Einzahlung vornehmen.“
Sie liest das Einzahlungsformular und tippt auf ihrem Computer herum. Dann dreht sie das Einzahlungsformular herum und sieht sich den Scheck an. Dann sieht sie mich an. Dann sieht sie den Scheck an. Dann sieht sie mich an.
„Arbeiten Sie dort?“
„Nein.“
Sie sieht sich wieder den Scheck an, dann mich. “Haben Sie …” lange Pause “… gewonnen?“
“Ja.”
“Oh, mein Gott!”, wieder eine lange Pause, „Sie müssen sehr glücklich sein!“
„Wenn sie herausfinden wollen, wie glücklich ich bin, überprüfen Sie meinen Kontostand.“
Sie tut es. Und sie wirft sich vor Lachen fast auf den Fußboden. Auf meinem Konto sind etwa 300 $. Sie lacht so laut, dass wir die Blicke der anderen Kassierer auf uns ziehen.
Ich lasse noch einige Scherze vom Stapel und sie lacht die ganze Zeit. 15 Minuten später ist das Geld sicher auf meinem Konto gelandet und ich gehe zurück zum Hotel.
pfapfap und gedanken sind wach. Sie fragen, was ich machen will. „Was auch immer, bloß kein Poker.“ Zum ersten Mal seit einem Jahr habe ich kein Verlangen danach, Poker zu spielen.
Während des restlichen Aufenthalts in Vegas spiele ich keine einzige Hand mehr.
Postscriptum:
Direkt nach meiner Rückkehr kontaktiere ich einen Steuerberater, der mir erklärt, wie ich mit den Beteiligungen zu verfahren habe. Sobald der Scheck als Geld auf meinem Konto erscheint, zahle ich die anderen aus. Ich bin froh, dass nun jeder sein Geld erhalten hat.

Ich sorge dafür, dass meine Eltern ihren Anteil in Bargeld bekommen. Ihr wisst schon, um ihnen ein Wow zu entlocken. Das war vermutlich mein bestes Erlebnis während dieses ganzen Abenteuers. Ihr seht, ich habe die unterstützendsten Eltern auf der ganzen Welt. Es geht nicht darum, Schulden zurück zu zahlen. Sie haben meine gesamte Schulausbildung bezahlt. Sie halfen mir in so vielen Fällen aus der Patsche, dass ich sie gar nicht zählen kann. Schuldete ich ihnen etwas, wäre ich immer noch einen sechsstelligen Betrag in den Miesen. Aber dies ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich IHNEN Geld, echtes Geld gab, und nicht von Ihnen nahm. Das fühlte sich großartig an.
Im Endeffekt brachte mir das Ganze 10.000 Dollar ein.
Wie es sich anfühlt, 72.000 $ zu schnappen und davon 10.000 $ zu bekommen? Ich fühle mich grandios!
Ihr wisst, ich habe immer gesagt, dass meine größte Fähigkeit beim Poker mein Bankroll-Management ist. Ich habe das schon oft gesagt, und werde es noch öfter sagen. Lange nachdem Spieler mit größerer Spielstärke und mehr Talent von der Bildfläche verschwunden sind, bin ich immer noch da, mit einer Bankroll und spiele Poker. Wenn also mein krankes Bankroll-Management in der Manier eines Erbsenzählers dazu führt, dass von einem Gewinn von 72.000 $ noch 10.000 $ übrig bleiben, dann soll es so sein. Mit 70 werde ich immer noch Karten spielen, und das ist der Grund dafür.
Ende.
Hier der Link zum Thread bei twoplustwo.com
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 08.08.2010.