Jeder, der häufiger Turniere spielt, wird früher oder später in diese Situation kommen. Ein Fold würde den Stack spürbar dezimieren. Wie schwach kann eine spielbare Hand sein? In diesem Artikel werde ich mithilfe eines vereinfachten Modells versuchen, ein paar Hinweise darauf zu geben.
Gegen deutlich schwächere Gegner würden Sie normalerweise Hände folden, die einen knapp positiven Erwartungswert besitzen, statt Ihren gesamten Stack zu riskieren. Die traurige Wahrheit ist, wenn Sie Shortstack sind, ändert sich die Situation. Ich habe ein kleines Mathe-Problem konstruiert, das dieses Phänomen veranschaulicht. Es gibt bessere Modelle, die die Turniersituation präziser simulieren, aber deutlich kompliziertere Berechnungen erfordern. Mein kleines Beispiel ist fast genauso gut. Außerdem lehrt es etwas Wahrscheinlichkeitstheorie.
Es geht um Heads-up Poker. Beide Spieler erhalten eine „Karte“ mit einer Zufallszahl zwischen Null und Eins. Die höhere Zahl gewinnt. Sie und Ihr Gegner beginnen beide mit X Chips und zahlen jeder ein Ante von einem Chip. Nehmen wir an, Ihr Gegner geht in jeder Hand all-in. Ihre einzigen beiden Möglichkeiten sind zu callen oder zu folden. Folden Sie, dann gewinnt Ihr Gegner Ihren Dollar, und die nächste Hand wird gedealt. Die Partie endet mit Ihrem ersten Call. (Das Match wird nicht beendet, sonst wären die Berechnungen zu kompliziert. Es macht aber keinen großen Unterschied im Ergebnis.) Wenn Sie durchgehend folden, werden Sie in der letzten Hand um die zwei Chips der Antes spielen müssen.
Würde man jede einzelne Hand in einem Vakuum betrachten, dann sollte man theoretisch immer dann callen, wenn man einen positiven Erwartungswert hat. Mit vielen Chips wäre das bei jeder Karte mit einer Zahl 0,5 oder mehr. Da Sie aber wissen, dass Ihr Gegner in jeder Hand all-in geht und die Partie zu Ende ist, sobald Sie das erste Mal callen, sollten Sie offensichtlich bei großen Stacks auf eine größere Zahl warten.
Wie aber sieht es aus, wenn Sie einen kleinen Stack haben? In diesem Artikel zeige ich, wie man das Problem löst, wenn Sie zwei oder drei Chips haben, und überlasse es anderen, das Problem zu verallgemeinern.
Zuerst einmal betrachten wir die Situation, in der Sie bis zum Schluss mit einem Call warten. Ihre Chancen, den letzten Pot mit zwei Chips zu gewinnen, sind 50-50, und Ihr Erwartungswert beträgt einen Chip. Nehmen wir an, Sie starten die Hand mit zwei Chips statt einem. Ihr Gegner geht all-in. Nach Bezahlen Ihres Antes haben Sie nur noch einen Chip, mit dem Sie das All-in callen können. Wie groß muss die Zahl auf Ihrer Karte für einen Call sein?
Sie sollten den einen Chip bezahlen, wenn die Zahl auf Ihrer Karte größer als 0,25 ist. Im Pot befinden sich vier Chips. Wenn Ihre Wahrscheinlichkeit, den Pot zu gewinnen, ein Viertel übersteigt, dann ist der Erwartungswert eines Calls größer als der eines Folds.
Vielleicht denken Sie, das sei trivial, da Sie Odds von 3 zu 1 bekommen und mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 25% oder mehr callen. Wenn die Stacks größer werden, ist es aber nicht mehr so einfach. (Das sollte offensichtlich sein, da man mit großen Stacks keinen Coinflip eingehen sollte.)
Um die korrekte Strategie mit drei Chips, zwei Chips plus das Ante, herauszufinden, müssen wir zunächst unseren Erwartungswert berechnen für den Fall, dass wir folden und nur zwei Chips übrig behalten. Mit den übrigen zwei Chips ist es korrekt, in 75% der Fälle zu callen und zu 25% zu folden. Bei einem Fold haben wir nur noch einen Chip. Bei einem Call halten wir eine Zahl zwischen 0,25 und 1. Das bedeutet, bei einem Call ist unsere durchschnittliche Handstärke 0,625 (das Mittel von 0,25 und 1). Bei einem Call beträgt unser Erwartungswert also 0,625 mal dem Pot von vier Chips, also 2,5 Chips.
Mit anderen Worten, callen wir, beträgt unser Erwartungswert 2,5 Chips. Der gesamte Erwartungswert zu Beginn der Hand mit zwei Chips beträgt 75% der 2,5 Chips plus 25% eines Chips. Das sind 2,125 Chips.
2,125 Chips = (0,75)(2,5 Chips) + (0,25)(1 Chip)
Das sind mehr als die zwei Chips, mit denen wir begannen. Da der Gegner schlecht spielt, sollte man das auch erwarten.
Die Strategie mit drei Chips liegt nun auf der Hand. Callen Sie, wenn der Erwartungswert größer als 2,125 Chips ist. Andernfalls folden Sie. Da der Pot bei einem Call sechs Chips groß sein wird, benötigen Sie eine Zahl größer als 2,125 geteit durch 6, oder 0,3542. Diese Zahl ist größer als 0,3333, die Zahl, die man aufgrund der Pot Odds von 4 zu 2 erwartet.
Um Ihren Erwartungswert mit drei Chips herauszufinden, sollte man zunächst folgendes festhalten:
• Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie zweimal folden, beträgt br>(0,3542)(0,25) = 0,08855
• Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie einmal folden, beträgt
(0,3542)(0,75) = 0,26565 und
• Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie nicht folden, beträgt
1 – 0,08855 – 0,26565 = 0,6458
Wenn Sie nicht folden, beträgt Ihr Erwartungswert 6 Chips mal 1,3542 geteilt durch 2, oder 4,0626 Chips (wobei 1,3542/2 das Mittel von 0,3542 und 1 ist).
Ihr Erwartungswert mit drei Chips beträgt also
(0,6458)(4,0626 Chips) + (0,26565)(2,125 chips) + (0,08855)(1 Chip)
Das sind etwa 3,31 Chips. Daraus folgt, mit vier Chips sollte man mit einer Zahl callen, die größer oder gleich 3,31 geteilt durch 8 ist, also etwa 0,41. Auch damit ist man noch Außenseiter.
Ich überlasse es Ihnen, die Tabelle zu erweitern. Bis es jemand tut, können Sie eine Schätzung abgeben, wie groß Ihr Stack sein muss, damit es richtig sein kann, als Favorit zu folden.
David Sklansky
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.08.2008.