Geht es nach der Statistik hat der diesjähige Chipleader beim Main-Event der WSOP, Joseph McKeehen, keine Chance auf den Titel. Er mag zwar die meisten Chips haben, sogar mehr als doppelt so viele wie der nächste im Count, aber er hat schon bei der Registrierung zum Turnier einen entscheidenden Fehler gemacht: Er meldete sich zu Tag 1C an.
Denn in den letzten fünf Jahren gewann nie ein Spieler das Main-Event der WSOP, der den letzten Starttag spielte.
Mein geschätzter Kollege von PokerListings.dk, Thomas Hviid, hat sich die Mühe gemacht, Starttage und Sieger einmal akkurat aufzulisten.
Schauen wir uns die Liste einmal an:
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- 2014: Martin Jacobson (Tag 1A)
- 2013: Ryan Riess (Tag 1A)
- 2012: Greg Merson (Tag 1B)
- 2011: Pius Heinz (Tag 1A)
- 2010: Jonathan Duhamel (Tag 1C von vier Starttagen)
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Drei der letzten Main-Event-Sieger starteten an Tag 1A, einer an 1B und immerhin Jonathan Duhamel startete an Tag 1C, doch hier gab es noch einen vierten Starttag.
Schaut man sich die Verteilung der Starttage der November-Niner an, zeigt sich, dass Tag 1A und überdurchschnittlich häufig vertreten ist. Folgende Tabelle zeigt wie die Starttage der November-Niner in den letzen Jahren verteilt war:
Jahr | Tag 1A | Tag 1B | Tag 1C und 1D |
---|---|---|---|
2015 | 2 | 2 | 5 |
2014 | 1 | 4 | 4 |
2013 | 2 | 3 | 4 |
2012 | 2 | 1 | 6 |
2011 | 1 | 1 | 7 |
2010 | 3 | 2 | 4 |
Schnitt | 1,8 | 2,2 | 5 |
Tag 1A ist hier überdurchschnittlich stark vertreten wenn man berücksichtigt, dass dieser der mit Abstand am schwächste besuchte Starttag ist.
Nehmen wir dieses Jahr zum Beispiel. 6.420 Spieler nahmen am Main-Event teil, 741 starteten an Tag 1A – das sind 11,5 Prozent. Am Final-Table sitzen dieses Jahr zwei Spieler von Tag 1A (Pierre Neuville und Thomas Cannuli). Die machen gleich 22 Prozent des Final-Tables aus (und halten zusammen gut 17% der Chips).
Was ist der große Vorteil von Tag 1A
Spieler von Tag 1A kommen überdurchschnittlich häufig weiter beim Main-Event und stellen häufiger den Sieger als statistisch anzunehmen. Woran liegt das?
Die Varianz darf man hier nicht unterschätzen, möglicherweise ist das herausragende Abschneiden der Tag-1A-Spieler in den letzten Jahren größtenteils Zufall.
Aber schauen wir uns eine weitere Statistik an. Jetzt betrachte ich, welchen Durchschnittsstack alle im Feld verbliebenen Spieler von Tag 1A, B und C nach dem ersten, zweiten, usw. Tag hatten.
Was fällt hier auf? Zunächst starten alle Spieler mit der gleichen Menge Chips, 30.000. Nach Tag 1A hatten die verbliebenen Spieler dieses Tages im Schnitt 47.000 Chips. Die Spieler von Tag 1B hatten im Schnitt 45.000 und die Tag-1C-Spieler kamen nur auf einen Schnitt von 43.000.
Deutlicher wird es bei Tag 2, der auch noch separat gespielt wurde. Hier hatten die Spieler von Tag 2A im Schnitt 123.000 Chips. Tag 2B und 2C kamen auch 108.000 und 104.000.
Sprich: Die Spieler von Tag 1A hatten einen deutlich höheren durchschnittlichen Stack als das restliche Feld. Nach Tag 2 lag der Stack 15 Prozent höher als bei den anderen Starttagen.
Diese Tabelle zeigt die Durschnittstacks der Spieler nach den jeweiligen Tagen:
Nach Tag | Spieler von Tag 1A | Spieler von Tag 1B | Spieler von Tag 1C |
---|---|---|---|
Initial | 30.000 | 30.000 | 30.000 |
1 | 47.000 | 45.000 | 43.000 |
2 | 123.000 | 108.000 | 104.000 |
3 | 335.000 | 283.000 | 292.000 |
4 | 900.000 | 812.000 | 789.000 |
5 | 3.993.000 | 2.595.000 | 2.698.000 |
6 | 6.392.000 | 4.971.000 | 8.144.000 |
7 | 16.663.000 | 25.900.000 | 21.505.000 |
Diese Statistik ist ob der hunderten Spieler über die Varianz erhaben und es bleibt zu konstatieren: Tag-1A-Spieler haben, wenn sie denn nicht ausscheiden, nach den ersten Tagen im Schnitt mehr Chips als die Spieler von den Tagen 1B und 1C.
Warum ist Tag 1A der beste Starttag?
Der Grund, warum die Tag-1A-Spieler im Schnitt mehr Chips haben, ist vielschichtig.
Der zentrale Punkt dürfte jedoch sein, dass das Feld, welches an Tag 1A antritt, schwächer ist, als das Feld an den Tagen 1B und 1C.
Profis spielen während dieses Tages noch andere Turniere und wollen keine Hängetage zwischen Tag 1 und Tag 2 haben.
Bei Amateuren ist es wahrscheinlicher, dass sie Hände überspielen und frühzeitig ausscheiden. So kommt es, dass die Spieler, die nach dem Starttag noch übrig sind, im Schnitt etwas mehr Chips haben.
Ein ähnliches Muster ist bei allen größeren Turnieren zu beobachten: Die Spieler von Tag 1A sind zwar zahlenmäßig fast immer deutlich weniger, haben aber fast immer im Schnitt mehr Chips.
Sprich: Wer es sich aussuchen kann, sollte bei Turnieren immer versuchen, den ersten Starttag zu spielen. Statistisch ist man damit auf der sichereren Seite.
Für Joe McKeehen ist es jetzt zum Aussuchen allerdings schon zu spät. Aber wer weiß, vielleicht durchbricht er ja den Fluch der späten Registrierung in diesem Jahr.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.04.2016.