Macht Spaß sich an die alten Zeiten zu erinnern. Mir fallen eine Menge Storys ein und es ist gar nicht so einfach da eine logische Ordnung rein zu bringen. Heute werde ich einmal ein wenig über ein Heads-up Erlebnis der besonderen Art berichten.
Immer wieder, wenn ich Las Vegas eines der Casinos betrete, spielt sich dieselbe Szene ab. Besonders in der Nähe der Bar spricht mich garantiert jemand an. Meist sehr freundlich und mit entgegen gestreckter Hand: „ Hallo Marcel! Wie geht es dir? Wann machen wir endlich unser Heads-up Duell?“ Das passiert mir wirklich sehr oft und ich habe schon ein wenig Routine – Trotzdem bin ich dann meist sehr verlegen, weil mich ein Gesicht anlacht, an das ich mich absolut nicht erinnern kann. Aber ich will unbedingt höflich bleiben. Vielleicht einmal bei einem Turnier vor zwei Jahren? Oder vor fünf Jahren? Ich weiß es einfach nicht mehr, schüttle die mir unbekannte Hand und sage dann meist etwas wie: „Au ja! Das müssen wir unbedingt bald mal machen. Aber jetzt muss ich zum Turnier!“.
Das funktioniert meistens und hat auch so dieses Jahr bei der WSOP funktioniert. Also hatte ich nicht einmal gelogen und schön brav meinen ersten Turniertag absolviert. Nur mit der Ausdauer und der Trinkfestigkeit meines „neuen Freundes“ hatte ich nicht gerechnet. Zehn anstrengende und keineswegs erfreuliche Stunden später wollte ich gerade das Casino in Begleitung eines amerikanischen Freundes verlassen. Beinahe hatten wir es schon nach draußen geschafft. Dann wieder dievertraute Stimme, schon mit deutlich schleppender Zunge: „Maaaaaaaarcelll, mein Freund. Hast du Mut? Hast du den Mut und spielen wir endlich heads-up?“. Schwankend aber guter Dinge wieder mit vorgestreckter Hand und sichtlich direkt aus der Bar mein möglicher Gegner von vorhin.
Gutes Gefühl hatte ich nicht, man muss ja immer sportlich bleiben. Mein Begleiter, wollte mir aus der Situation helfen. Wandte sich deshalb an die schwankende Gestalt mit den protzigen Worten: “Marcel seine Zeit ist viel Geld wert. Er spielt nur Duelle mit Minimum 10.000$ Buy in!“
Sicher abschreckend gemeint, aber offenbar durch den Alkohol mit reichlich Selbstvertrauen ausgestattet, verfehlte der Satz seine Wirkung: „$10.000. Geht klar. Kein Problem. Eine Superidee. $10.000 ist eine Superidee. Genau die richtige Summe wenn Männer Poker spielen. Also gut legen wir los!“
Inzwischen waren wir umringt von Zuschauern. Die wollten einen Kampf sehen und das sofort. Die ersten Anstalten wurden gemacht, sich um einen Dealer zu kümmern und ich verfluchte den Moment, in dem ich das Gespräch begonnen hatte. Ich wollte an dem Abend ins Hotel und nicht einen Betrunkenen abzocken. Ich war nicht hinter Geld her, mich interessierte nur mein Feierabend, einfach die Beine hochlegen und ein wenig relaxen. Das wäre schön.
.Plötzlich spürte ich eine Hand auf meinen Schultern die mich aus meinen Gedanken riss. Es war seine Hand. Ganz nah kam er mir, dass ich meinte, schon einen Schwips von seiner Fahne zu bekommen. Vielleicht war das ja sein Trick. – Im Hintergrund wurde der Tisch fertig gemacht. Die Zuschauer sicherten sich bereits die besten Plätze. Inzwischen hatte er fast seinen Arm um mich gelegt und flüsterte mir folgendes ins Ohr: „Ein kleines Problem Marcel. Aber nur ein kleines. Ein ganz kleines Problem. Ich habe nur $200 mit. Aber das macht nichts, weil wir sind ja schließlich Freunde“. Irgendwie konnte ich mich befreien und antwortete ebenfalls so leise ich konnte; „Nein, das macht nichts“. Und nach einer Pause.“ Das macht gar nichts und recht hast du, wir sind Freunde und sollten deshalb gar nicht um Geld miteinander spielen“.
Da wurde sein Lächeln tatsächlich noch ein wenig breiter und ich musste aufpassen, sonst hätte er mich gleich wieder umarmt: „Marcel, du bist mein Freund. Mein richtiger Freund und du hast Recht. – Ich wünsche dir eine gute Nacht“. „Wünsche ich dir auch“ sagte ich und machte die paar Schritte raus aus dem Casino und hatte Feierabend. .- Endlich.
Euer Marcel
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 26.09.2007.