Auf welche Varianz muss sich ein Turnier-Poker-Spieler einstellen? Wir viele Turniere muss er spielen, damit er mit großer Sicherheit überhaupt Gewinne macht?
Dieser Artikel soll an vier Beispielen die Mächtigkeit der Varianz für Turnierspieler aufzeigen. Wir haben dafür den » Poker-Turnier-Varianz-Rechner von Pokerdope genutzt, bei dem man beliebige Turniere beliebig oft simulieren kann.
Die Ergebnisse vorwegnehmend kann festgestellt werden, dass Varianz beim Turnier-Poker eine herausragende Rolle spielt. Insbesondere Turniere mit über 1.000 Spielern sind aufgrund der extrem top-lastigen Auszahlung (de facto erhält nur der Final-Table einen signifikanten Gewinn) sehr vom Zufall abhängig. Nur ein paar hundert dieser Turniere spielen, reicht überhaupt nicht, um die Varianz auch nur ansatzweise zu glätten.
Dies die Beispiele:
Der enthusiastische Freizeitspieler
Anzahl Turniere | Buy-In | Mitspieler | ROI |
200 | $11 | 1.000 | 30% |
Schauen wir uns zunächst ambitionierten Freizeitspieler an. Sagen wir, dieser spielt über einen gewissen Zeitraum – etwa drei Monate – insgesamt 200 Turniere. Die Turniere haben im Schnitt ein Buy-In von $11 und 1.000 Mitspieler. Unser Freizeitspieler versteht Einiges von Turnieren und hat in den Turnieren einen ROI von 30 Prozent.
Wie wird dieser langfristig abschneiden? Sein Erwartungswert für diese 200 Turniere liegt bei 200 * $11 * 30% = $660. Aber in den meisten Fällen wird er deutlich mehr oder weniger gewinnen.
Die Wahrscheinlichkeit, trotz des ROI von 30% über die 200 Turniere Verlust zu machen, liegt bei sage und schreibe 38 Prozent. Das 70%-Konfidenz-Intervall liegt bei -$713 – $2.062. Das heißt, in 70 Prozent der Fälle wird der Spieler irgendwo zwischen diesen Werten abschneiden. In den anderen 30 Prozent der Fälle werden seine Verluste noch größer oder seine Gewinne noch höher ausfallen.
Noch drastischer sieht das 95%-Konfidenz-Intervall aus. Dieses liegt bei -$1.179 – $3.985. Das 95%-Konfidenz-Intervall entspricht statistisch in etwa der Varianz, auf die man sich realistisch einstellen muss – allerdings werden in 5% aller Fälle die Gewinne oder Verluste noch höher ausfallen.
Gezahlte Buy-Ins | $2.200 |
Erwarteter Gewinn | $660 |
Standardabweichung | $1.386 |
Wahrscheinlichkeit Verlust zu machen | 38% |
70% Konfidenz Intervall | -$713 – $2.062 |
95% Konfidenz Intervall | -$1.179 – $3.985 |
Verteilung
Zufällige Verläufe
200 $11 MTTs mit 1.000 Spielern, Zufällige VerläufeEin zweiter Shaun Deeb
Turniere | Buy-In | Mitspieler | ROI |
500 | $215 | 3.000 | 80% |
Shaun Deeb hat nach eigener Aussage in großen Online-Turnieren einen ROI von 80 Prozent. Schauen wir uns einmal an, wie ein Spieler wie Shaun Deeb abschneiden würde, wenn er 500 $215-Sunday-Majors mit im Schnitt 3.000 Teilnehmern spielte.
Er hätte zwar einen Erwartungswert von 86.0000 Dollar, aber auch eine Verlustwahrscheinlichkeit von 13%. Das heißt, wenn wir 1.000 Shaun Deebs 500 Turniere spielen ließen, würden ganze 130 von ihnen am Ende nicht mal Gewinn gemacht haben.
Dies die restlichen Daten:
Gezahlte Buy-Ins | $107.500 |
Erwarteter Gewinn | $86.000 |
Standardabweichung | $81.634 |
Wahrscheinlichkeit Verlust zu machen | 13% |
70% Konfidenz Intervall | $4.280 – $171.410 |
95% Konfidenz Intervall | $-21.910 – $281.750 |
Verteilung
500 $215 MTTs mit 3.000 Spielern, VerteilungY-Achse: Gewinn, X-Achse: Wahrscheinlichkeit, dass der tatsächliche Gewinn geringer ist
Zufällige Verläufe
500 $215 MTTs mit 3.000 Spielern, Zufällige VerläufeEinmal die gesamte WSOP eines Jahres
Anzahl Turniere | Buy-In | Mitspieler | ROI |
25 | $1.000 | 1.500 | 70% |
12 | $2.500 | 1.200 | 80% |
9 | $5.000 | 450 | 90% |
3 | $10.000 | 300 | 100% |
1 | $10.000 | 6.500 | 200% |
3 | $50.000 | 150 | 50% |
Jetzt betrachten wir einen Spieler, der den Großteil der WSOP in Vegas spielt. Insgesamt nimmt er an 53 Turnieren teil und wir geben ihm einen ROI von 70 bis 100 Prozent bei den kleineren Turnieren, 50 Prozent bei den Highroller-Turnieren und gar 200 Prozent beim Main-Event. Die Teilnehmerzahlen und Anzahl der Turniere orientieren sich an denen der WSOP 2013. Dabei wurden die Turniere grob in Gruppen zusammengefasst: 25 kleine Turniere ($1.000 Buy-In), 12 mittlere Turniere ($2.500), 9 größere Turniere ($5.000), 3 Championships ($10.000), ein Main-Event ($10.000) und drei Highroller-Turniere ($50.000).
Ein solcher hypothetischer Spieler wäre etwa Daniel Negreanu oder Jason Mercier. Beide brachten es 2011 und 2012 in Summe auf je über 75 Turniere.
Bei der Betrachtung sticht zunächst hervor, dass ein solcher Spieler, auch wenn einen sagenhaften ROI hat, über die 53 Turniere eine Verlustwahrscheinlichkeit von über 45 Prozent hat. Das heißt, in fast der Hälfte aller Fälle geht ein solcher Spieler ohne Gewinn aus der WSOP.
Auch sind die Konfidenz-Intervalle enorm und für ein sicheres Einkommen scheint sich das Grinden einer einzigen WSOP keineswegs zu eignen. Hier die Daten:
Gezahlte Buy-Ins | $290.000 |
Erwarteter Gewinn | $207.000 |
Standardabweichung | $604.102 |
Wahrscheinlichkeit Verlust zu machen | 45% |
70% Konfidenz Intervall | -$175.136 – $578.739 |
95% Konfidenz Intervall | -$233.030 – $1.721.719 |
Verteilung
53 WSOP-Turniere, VerteilungY-Achse: Gewinn, X-Achse: Wahrscheinlichkeit, dass der tatsächliche Gewinn geringer ist
Zufällige Verläufe
53 WSOP-Turniere, Zufällige VerläufeZehnmal die gesamte WSOP eines Jahres
Anzahl Turniere | Buy-In | Mitspieler | ROI |
250 | $1.000 | 1.500 | 70% |
120 | $2.500 | 1.200 | 80% |
90 | $5.000 | 450 | 90% |
30 | $10.000 | 300 | 100% |
10 | $10.000 | 6.500 | 200% |
30 | $50.000 | 150 | 50% |
Nehmen wir nochmals unseren WSOP-Spieler aus dem vorigen Absatz und lassen ihn nun 10 Jahre lang jedes Jahr fast die gesamte WSOP spielen. Damit hätte er immerhin 530 Turniere mit Buy-Ins zwischen $1.000 und $50.000 gespielt.
Für diese 530 Turniere müsste der Spieler insgesamt fast 3 Millionen Dollar für die Buy-Ins berappen, dafür beliefe sich sein erwarteter Gewinn aber auch auf über 2 Millionen Dollar.
Doch auch nach zehn Jahren beträgt die Verlustwahrscheinlichkeit immer noch 7%. Es ist also sehr gut möglich, dass ein Spieler mit diesen ROI-Werten auch nach über 500 großen Live-Turnieren immer noch Verluste macht.
Dies die Daten der Simulation:
Gezahlte Buy-Ins | $2.900.000 |
Erwarteter Gewinn | $2.070.000 |
Standardabweichung | $1.784.436 |
Wahrscheinlichkeit Verlust zu machen | 7% |
70% Konfidenz Intervall | $437.029 – $3.630.448 |
95% Konfidenz Intervall | -$432.893 – $6.035.446 |
Verteilung
530 WSOP-Turniere, VerteilungY-Achse: Gewinn, X-Achse: Wahrscheinlichkeit, dass der tatsächliche Gewinn geringer ist
Zufällige Verläufe
530 WSOP-Turniere, Zufällige VerläufeWer selbst mit seinen eigenen Turnier-Daten experimentieren möchte, kann dies beim » Poker-Turnier-Varianz-Rechner von Pokerdope machen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 14.09.2013.