Viele werden jetzt sagen, ja, da hat der Autor endlich mal recht. Warum nur schreibt er dann immer wieder? Nein, Freunde des immer leicht satirisch angehauchten Wortes, dieses ist keine Zustandsbeschreibung der Schreibfähigkeiten; dieses ist eine Feststellung hinsichtlich Merchandising, Devotionalien und Zubehör. Betreffend Poker. Betreffend Produkten, die kein Mensch ernsthaft braucht.
Aber der Reihe nach. Nachdem ich mich heute am späten Nachmittag aus meiner VfL-Bochum-Bettwäsche geschält habe und zwei große Kaffee aus meiner Spongebob-Tasse genossen habe, stieg ich in meinen Zweitwagen (den blauen, den mit dem Kevin-an-Bord-Aufkleber) und fuhr guter Dinge in meinen mir angestammten Pokerclub. Der Rotwein war schon auf meinen Anruf hin geöffnet, die Decks sortiert, und geplante 23 andere Fische sollten dann auch bald einlaufen. Also – ein phantastisches Vergnügen stand bevor.
Ich war guter Dinge. Wohlgelaunt. Die Haare saßen an den richtigen Stellen, die Schuhe hatte meine Frau frisch poliert, und pokertechnisch bin ich zur Zeit eh auf dem Zenit meines Könnens. Der perfekte Tag fand seinen Fortgang in der wohlgebauten Anhalterin (Claudia, 25, orientierungslos hinsichtlich des weiteren Beruflebens und der Männerwahl) sowie dem Parkplatz direkt vor der Tür. In den 12 Jahren meiner Pokerkarriere habe ich dies lediglich ein weiteres Mal erlebt. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, ein perfekter Tag. Nichts deutete auf das Grauen hin, das mich schon gleich gefangen nehmen sollte.
Einer der schon obig erwähnten Fische, im Prinzip ein netter Kerl, stand ebenfalls wohlgelaunt mit Kippe und Flasche bewaffnet im Rauchen-Erlaubt-Eingangsbereich. Nennen wir ihn der Fairness halber einmal Matthias. Ich möchte ihm die Schmach im Familienbereich ersparen und auch sein weiteres berufliches Leben nicht nachhaltig zerstören.
Nach der obligatorischen, spaßig gemeinten, trotzdem unfreundlichen Begrüßung fiel mein Blick auf seine Hose. Oberhalb des Genitals. Die Vorrichtung zum Nichtrunterrutschen des Beinkleides. Der Gürtel. Die Schnalle des Grauens. In der Tat die Asse. Alle vier. Nebeneinander. Als Gürtelschnalle. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, war unfähig, mich zu bewegen oder einen klaren Gedanken über meine Sprachorgan herauszubringen. Nicht schön, gar nicht schön. Eher schrecklich bis gruselig. Pokeraccessoires müssen sein, aber bitte doch nicht das. Ich bin ja bekannt als erklärter Gegner von Sonnenbrillen, Kapuzen und lustigen T-Shirts mit sinnfreien Pokersprüchen drauf. Und dann lauf ich frontal gegen diesen Gürtel.
Natürlich habe ich an diesem Abend schlecht gespielt. Ich war unkonzentriert und abgelenkt.Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie dieser Alptraum noch zu steigern wäre? Schlüpfer mit dem Konterfei von Doyle Brunson? Strümpfe mit einem Royal Flush drauf? Card Protector mit einem beim Hinundherwackeln dreidimensionalen Bild von Durrr?
Und ich habe mich die ganze Zeit erfolglos, muss ich bis heute gestehen, gefragt, wie denn Pokerdevotionalenträger eigentlich privat sind. Beispielsweise – wie leben die? Mit 35 noch daheim bei Mutti? Barbra Streisand-Poster an der Wand, oder sind sie schon, wenn Mutti es erlaubt hat, in der Silikon-Pamela-Phase? 20 Kissen in Herzform auf dem Bett treffen auf die ebenfalls dort in Reih und Glied sortierten 41 Stoffbärchen? Eine extrem große Anzahl selbstgezogener Kakteen, mit denen gesprochen wird? Oder das ganze Wohnzimmer voll mit Katzenkratzbäumen und Katzentoiletten, damit sich die acht Drecksviecher auch wohlfühlen ? Eine davon heißt garantiert Muschi, der kastrierte Kater Peterle. Oder die hören alle auf lustige pokerrelevante Namen. „Die Schwarze da ist Herzas, die kleine Dicke Fläsch.“
Aber, wie sagen wir ehemaligen Rheinländer – jeder Jeck ist anders. Dieses scheint vor allem für Pokerspieler zu gelten. Also lasst uns großzügig sein, lasst jeden machen und tragen, was er will. Vielleicht bestell ich mir auch mal so was. Und das T-Shirt mit „Ich habe sieben Hobbys – Sex und Poker“ muss ich dann auch haben.
Und als Krönung des ganzen – Bettwäsche mit einem Oben-Ohne-Foto von Fräulein Obrestad. Das muss dann schon Doppel King Size sein.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 08.08.2010.