Wenn Sie manche toughen mid-high-stakes shorthanded Limit-Partien beobachten, können Sie mitunter extrem bizarres Verhalten beobachten. Als würden zwei zornige Affen gedankenlos auf den Raise-Button einhämmern. Weil ich selbst für eine Menge verrückte Hände aus dieser Kategorie verantwortlich bin, möchte ich mich in meinem Artikel auf meine Überlegungen konzentrieren, die ich während einiger dieser närrisch wirkenden Spiele angestellt habe.
Bitte beachten: Ich befürworte meine Spielweise nicht in jedem Fall bei solchen Händen. Häufig basiert meine Spielweise auf meiner Einschätzung der Gegner
Hand #1
Party Poker $15/$30 Limit Hold ‘em – 4 Spieler
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Pre Flop:
Hero im BB mit 9 6
2 foldet, SB raist, Hero callt
Flop:
(4 SB) 7 8 4 (2 Spieler)
SB bettet, Hero raist, SB callt
Turn:
(4 BB) A (2 Spieler)
SB checkt, Hero bettet, SB raist, Hero 3-bettet, SB callt
River:
(10 BB) A (2 Spieler)
SB bettet, Hero raist, SB 3-bettet, Hero cappt!
Dies ist möglicherweise einer meiner verrücktesten Bluffs während ich mental völlig auf der Höhe war.
Der betreffende Gegner war ein sehr aggressiver TAG (tight aggressive player), der schon vor dieser Hand in der Chatbox deutlich sichtbar aufgewühlt agiert hatte.
Flop:
Ich raiste am Flop, weil mein Draw recht stark war und meine Hand Null Showdown-Value hatte. Ich wollte die Initiative bekommen und ihn mit einer Hand wie Q9 oder QJ auf dem Turn aus dem Spiel drücken oder meinen Draw treffen. Ein typischer Semi-Bluff.
Turn:
Hier kam es zu einer interessanten Situation. Ich habe zunächst gezögert, den Turn überhaupt anzuspielen, denn nach meiner Erfahrung meinen aggressive Preflop-Raiser, sie hätten Anspruch auf den Pot, wenn ein Ass im Flop fällt. Da sie preflop geraist haben, liegt bei ihnen vielleicht eine bessere Hand als der Durchschnitt, eingeschlossen viele mit Assen, so die Logik. Im small Blind oder auf dem Button trifft das aber nicht sehr oft zu. Wenn aggressive Preflop-Raiser ein breites Spektrum an Startkarten spielen, wollen sie oft ein Ass überrepräsentieren. Für mich war das in dieser Situation sehr wahrscheinlich, besonders, weil sich ein Fush Draw gebildet hatte.
Wie angekündigt raiste ich. Ich hielt es für sehr gut möglich, dass er hier nicht A X hatte, ich wollte also re-bluffen. Für mich gab es zwei Möglichkeiten, den Pot zu stehlen. Callen und am River raisen oder den Turn zu 3-betten. Weil das Board einigermaßen koordiniert war, hielt ich es für richtig, auf dem Turn eine stärkere Hand als ein Paar Asse zu repräsentieren. Ein Raise auf dem River wäre für mich etwas „fischiger“ gewesen.
River:
Weil so viele Hände jetzt counterfeited waren (84, 74, 87) und Ax sogar noch besser war, passte meine Riverbet zu einem Drilling Asse. Allerdings dachte ich, wenn er den Turn geblufft hatte würde er es am River ebenfalls tun. Weil der Pot so riesig war, dachte ich, ich könnte ihn profitabel mit einem Bluffraise gewinnen.
Nach seiner 3-Bet wollte ich einfach nicht glauben, dass er
1. Trip Aces derart aggressiv spielen würde (weil ich einen Bluff repräsentierte oder ein Blatt, dass drei Asse schlagen konnte)
2. ein Full House haben könnte, weil er irgendwie passiv auf Flop und Turn gespielt hatte, als hätte er zwei Paar mit A X.
Ich repräsentierte ein ziemlich enges Spektrum an Händen (A4/A7/A8/56), er könnte also einfach einen letzten 3-Bet-Bluff versucht haben, um mich mit einem von vielen möglichen geplatzten Draws zum folden zu bringen. Weil keine seiner möglichen Hände Sinn machte und weil meine Hand ebenfalls verdächtig wirkte, entschied ich mich für den finalen Cap-Bluff.
Er hielt A7.
Hand #2
Poker Stars $10/$20 Limit Hold ‘em – 6 Spieler
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Pre Flop:
Hero im SB with 6 8
4 foldet, Hero raist, BB callt
Flop:
(4 SB) 4 2 K (2 Spieler)
Hero spielt an, BB raist, Hero callt
Turn:
(4 BB) Q (2 Spieler)
Hero checkt, BB spielt an, Hero raist, BB callt
River:
(8 BB) A (2 Spieler)
Hero spielt an, BB raist, Hero 3-bettet
Mein Gegner, ein aggressiver TAG, hatte mich in nahezu jeder Heads-Up-Hand angegriffen. Er litt an extremem FPS („fancy play syndrome”).
Flop:
Dieser Flop wird gern geblufft, weil
1. die meisten Starthände kein Paar enthalten
2. die meisten Hände 6 Outs gegen Zweier oder Viererpaare haben
3. Der König sich als Scarecard nutzen lässt
4. Nahezu keine starken Draws zum re-bluffen möglich sind
Weil er mich so häufig angegriffen hatte, dachte ich, das sei auch hier der Fall. Weil er den Flop geraist hatte, anstatt bis zum Turn zu warten, dachte ich ebenfalls, er sei schwach. Weil nahezu jede Hand meines Spektrums ungepaart ist, kann er mit nahezu jeder Hand callen und hoffen, auf dem Turn ein Paar zu treffen. Deswegen werde ich den Turn in 100% der Fälle anspielen damit er mit KX auf dem Turn raisen kann um maximalen Value zu bekommen. Und deswegen hielt ich KX bei ihm für unwahrscheinlich und entschied mich, einen Re-Stealversuch bei ihm zu versuchen. Allerdings anstatt es auf dem Flop zu tun, entschied ich mich für den teureren aber „sichereren“ Weg, den Turn zu checkraisen. Hier einen wertlosen Flop zu 3-betten sieht sehr fischig aus, denn es wäre schlecht, einen solchen Flop mit K X zu 3-betten. Gründe:
1. die meisten Gegner würden nun nicht mehr re-bluffen und damit keine Chance für die zweitbeste Hand bekommen, womit ich ausbezahlt würde.
2. Damit bekommt man von kleineren Paaren (als K) nur ein Minimum.
Weil meine Hand nicht viele Outs hatte wollte ich keinen Verdacht erregen, der einen Reraise-Bluff erzeugen könnte. Ich zog es vor, den Turn zu checkraisen, um die Hand dort zu beenden.
Turn:
Die Turnkarte war schlecht für mich, weil sie weniger Berechtigung für einen Turnraise bot. Jetzt waren viele Draws möglich, die ich für einen Bluff nutzen konnte, er müsste jetzt eigentlich skeptisch wegen der Stärke meines Turnraise sein. Ich meinte, mit meinen noch 6 Outs gegen ein niedrigeres Paar oder mit gar nichts würde er aufgeben und mein Bluffraise wäre immer noch profitabel. Ich bezweifelte, er würde mit nichts auf der Hand einen Reraise-Bluff starten, denn es war immer noch denkbar, dass ich K X hielt. Es war ein schlechtes Zeichen, dass er den Turn callte.
River:
Die Riverkarte war großartig für mich, denn einige Semi-Bluff-Hände könnten jetzt fertig sein, wenn ich also vorher auf einem Draw war, könnte ich getroffen haben.
Ich war sehr überrascht, als er den River raiste. Vielleicht hielt er A4, A3 oder 35, vielleicht wollte er aber auch mit einem niedrigen Paar bluffen und hatte den Turn mit so was wie 56 oder J9 gecallt.
Wegen seines Hangs, jeden Pot von mir gewinnen zu wollen, nahm ich an, hier wäre es genau so und entschloss mich für einen finalen Angriff auf den Pot. Es gab reichlich Blätter, die ich repräsentieren konnte (AK/QQ/AA/JT), mein Raise sah also wirklich bedrohlich aus.
Er foldete.
Hand #3
Poker Stars $10/$20 Limit Hold ‘em – 6 Spieler
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Pre Flop:
Hero im SB mit 9 9
2 foldet, CO raist, 1 foldet, Hero 3-bettet, 1 foldet, CO cappt!, Hero callt
Flop:
(9 SB) 5 10 J (2 Spieler)
Hero checkt, CO checkt
Turn:
(4.5 BB) 2 (2 Spieler)
Hero spielt an, CO raist, Hero 3-bettet, CO cappt!, Hero callt
River:
(12.5 BB) 7 (2 Spieler)
Hero spielt an, CO callt
Der Gegner war ein aggressiver TAG
Diese Hand ist ein Beispiel für erfolgreiches Ausbeuten eines gängigen Einsatzmusters, dass ich bei meinem üblichen Limit bei nicht-verrückten Spielern gefunden hatte.
Mir war aufgefallen, wenn ein aggressiver Spieler, der gut Hände lesen kann, einen Flop wie AA5 hinter mir checkte, dass es oft bedeutete er sei wirklich stark oder lag entweder weit vorn/weit hinten mit einer sehr starken Starthand wie KK.
Wenn koordinierte Flops oder solche mit Draws gecheckt wurden, bedeutete es oft, dass sie schwach waren.
Es macht keinen Sinn, diesen Flop mit guten Karten zu checken. Das Board ist extrem koordiniert und ich treffe innerhalb meines Spektrums optimal. Vermutlich werde ich ihn mit Draws oder made Hands raisen, deswegen kann er ebenso gleich anspielen. Mit einer schwachen Hand wie 99 bei mir würde er es bis zum Showdown teuer für mich machen. Ich soll auf keinen Fall preisgünstig dorthin kommen.
Um einen solchen Flop mit einem Monster zu checken gibt es nur einen Grund. Er müsste sicher sein, ich würde völlig verrückt auf dem Turn mit einem Underpair eine 4-Bet loslassen (was ich auch tat). Diese Methode kann man anwenden, um exzessive Action auszulösen.
Weil ich kaum Aufzeichnungen über ihn hatte und er nicht besonders gut wirkte, dachte ich, er wollte vermeintlich ein Monster repräsentieren, als er den Turn raiste (und sogar cappte). Vielleicht dachte er, mit Monstern würden Flops gecheckt, ich glaubte ihm aber nicht, dass er realisierte warum das getan wird und bei welchen Flops.
Nach meiner Einschätzung war sein Raise ein Akt der Verzweiflung, um einen Gratis-Showdown zu bekommen; als ich den Turn raiste, erahnte er, vielleicht geschlagen zu sein.
Ich lag richtig.
Er hatte AK.
Hand #4
Poker Stars $10/$20 Limit Hold ‘em – 6 Spieler
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Pre Flop:
Hero am Button mit K 4
3 foldet, Hero raist, SB 3-bettet, BB callt, Hero callt
Flop:
(9 SB) 7 Q K (3 Spieler)
SB spielt an, BB callts, Hero callt
Turn:
(6 BB) K (3 Spieler)
SB spielt an, BB callt, Hero raist, SB 3-bettet, BB foldet, Hero cappt!, SB callt
River:
(15 BB) 2 (2 Spieler)
SB checkt, Hero spielt an, SB callt
Hier nun ein Beispiel für eine Hand, wo ich glaubte, mein Gegner würde die gleichen Überlegungen anstellen wie ich in Hand #3. Ich entschied mich, hier meine Hand zu überspielen.
Der BB ist ein passiver Fisch und der SB ist ein extrem aggressiver (einer der aggressivsten in diesem Limit) TAG, der sehr gut Hände lesen kann. Er spielt regelmäßig in 100/200 Limit-Partien.
Flop:
Ich wusste, der SB spielt ein einigermaßen breites Spektrum, weil er weiß, dass ich vom Button mit nahezu jeder Hand spiele. Der loose-passive BB spielt ein superweites Spektrum. Deswegen ist meine Hand verglichen mit denen der anderen stark und vermutlich momentan die beste. Ich raise hier standardmäßig, weil ich vermutlich die beste Hand habe, weil der SB den Turn vielleicht nicht anspielt, wenn 2 Spieler callen und weil ich damit den BB in der Zange habe.
Weil ich allerdings den SB erlebt habe, wie er mit unverschämter Aggression offensichtliche Schwäche bestrafte, rechnete ich mit exzessiver Action, wenn ich bis zum Turn wartete.
Damit würde ich den kleinen Verlust für das Checken des Flops gegenüber dem Fisch wieder ausgleichen, der offenbar einem wertlosen Draw nachjagte.
Wegen der aggressiven Veranlagung des SB rechnete ich damit, er würde hier mehr als viele andere Spieler einen weiteren Schuss abfeuern. Vielleicht erwartete er, dass ich den Turn mit einer guten Hand raisen würde. Der Fisch könnte mit allem möglichen Zeug callen und ich könnte leicht eine Hand wie J9 halten und den Turn folden.
Turn:
Die Turnkarte war einfach perfekt für mich. Damit war ein Flush Draw möglich, und mein Gegner würde in Zweifel wegen der Glaubwürdigkeit meines Raise kommen. Die Wahrscheinlichkeit für K X bei meinem Gegner nahm dadurch ab, Q X würde sich tot kaufen und ich lag nun vor AA.
Ich raiste wie geplant den Turn, es kam eine 3-Bet. Jetzt versetzte ich mich in den Kopf meines Gegners. Es sah bei mir sicherlich nicht nach drei Kings aus, weil ich den Flop nicht geraist hatte. Die zwei Kings im Board ließen es unwahrscheinlich aussehen, dass ich einen weiteren hatte, der zweite King ist eine gute Scarecard und es gab nun einen Flushdraw. Außerdem haben wir den passiven Fisch, der leicht mit einem Draw zu Live-Outs dabei sein könnte (oder ihn schon geschlagen hat). An seiner (SB) Stelle würde ich also eine 3-Bet mit 88 – JJ, QX oder AA als korrekte Spielweise sehen.
Weil ich die aggressiven Neigungen meines Gegners und seine exzellenten Lesefähigkeiten kannte, glaubte ich, er würde wahrscheinlich an einen Draw bei mir denken. Deswegen wollte er mich mit einem breiten Spektrum isolieren. Deswegen entschied ich mich, den Turn zu cappen.
Er hatte AQ.
Analyse:
Allen Händen gemeinsam war, dass entweder ich oder mein Gegner äußerst befremdlich agierte, was als Schwäche wahrgenommen wurde und bestraft werden sollte. Dieses Verhalten (basierend auf Reads zu agieren und dann auf Schwäche einzudreschen) ist ein häufiges Kennzeichen für die besten Spieler in dieser Liga.
Allerdings muss man immer aufpassen, dass nicht jemand diese Tendenzen für Gegenmaßnahmen ausbeutet. Die besten Spieler können äußerst obskure Moves machen wobei sie sich darauf verlassen, dass Gegner dies als Schwäche interpretieren und dann ihre Hand überspielen. Sie (die besten Spieler) überspielen dann als Gegenmaßnahme manchmal ebenfalls ihre Hand.
Das sieht dann manchmal ziemlich abgedreht aus. Besonders, wenn jemand die Spielweise falsch bewertet oder auf Tilt ist.
Jordan Cairns
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 30.07.2008.