Während einer Online-Poker-Session werde ich in der Regel beschimpft, ein Idiot genannt, meine Mutter als dreckige Hure bezeichnet, mir wird erklärt, ich habe AIDS, ich werde rassistisch beleidigt oder mir wird nahegelegt, Krebs zu bekommen oder anderweitig einen grausamen Tod zu sterben.
Das hat mein Gegner jüngst in einem PLO-Turnier nach grade mal einer Hand geschrieben:
“You are a f*cking idiot.”
Worte werden einfach so dahingesagt. Das verstehe ich. Ich weiß, die Leute denken nicht groß darüber nach, was sie sagen. Dieser Denken-Sagen-Filter ist bei mir auch schon lange kaputt.
Aber wenn man Worte in eine Chatbox schreibt, hat man alle Zeit der Welt, über diese Worte noch einmal nachzudenken und sie zu edieren.
Wir können zurückschlagen oder abhauen
Diese Gedanken, Meinungen und Urteile, die aus unserem Kopf direkt in die Tastatur fallen, können beim Gegenüber unsagbaren Schaden anrichten.
Man darf das Prinzip von Ursache und Wirkung nicht vergessen:
Zu jeder Aktion gibt es eine entsprechende Reaktion. Was also sind die Reaktionen auf eine derart verdreckte Chatbox?
Wir können zurückschlagen oder abhauen.
Beleidigungen, Ablehnungen und Vorurteile verscheuchen die Fische in andere Gewässer. In einem jüngst im CardPlayer erschienenen Artikel haben einige der angesehensten Frauen im Poker-Business angemerkt, dass noch Einiges zu ändern sei, damit sich Frauen am Pokertisch wohl fühlen.
Die UK Gambling Commission führte vor kurzer Zeit eine Umfrage durch, um die Setzverhalten der Kunden zu analysieren. Dabei fanden sie raus, dass 61 Prozent der teilnehmenden Männer an Glücksspielen teilnahmen. Bei den Frauen waren es nur 51 Prozent.
Das zeigt, dass es immer noch einen großen Markt gibt, in den sich Online-Poker ausweiten kann. Aber warum sollten Frauen überhaupt an Spielen teilnehmen, wo ihnen mitgeteilt wird, sie seien bescheuerte Idioten?
Macht es so wie Rob Yong
Rob YongEs geht mir hier gar nicht geschlechtsspezifische Beleidigungen.
Meistens weiß man ja gar nicht, ob der Gegner grade ein Mann oder eine Frau ist, aber ich bin mir sicher, dass diese Beleidigungen auf Frauen einen größeren Einfluss haben.
Jemand, der um den so beim Online-Poker angerichteten Schaden weiß, ist der Besitzer des Dusk-Till-Dawn-Kasinos in Nottingham, Rob Yong.
Im Sommer 2013 führte Yong Club Cash Games in seinem Online-Raum ein, um Freizeitspieler anzulocken. Hier gibt es sehr strenge Regeln bezüglich des Chats.
Wer sich nicht benimmt und Andere beleidigt, kann gesperrt werden – genau so, wie man auch in einem Live-Kasino gesperrt werden kann.
Ich möchte, dass alle Online-Anbieter eindeutigere Regeln in dieser Hinsicht aufstellen. Ja klar, die Leute können den Chat abstellen und ja, man kann sich beim Anbieter über andere Spieler beschweren. Aber nur die Wenigsten machen sich überhaupt die Mühe.
Sie ziehen einfach von dannen und kommen wahrscheinlich nie wieder.
Spaß und Respekt, nicht Hohn und Spott
Lasst uns was gegen diesen Unsinn unternehmen.
Lasst uns etwas gegen diesen Mangel an Integrität unternehmen, indem wir mit Integrität vorangehen.
Lasst uns eine Möglichkeit finden, diese Idioten auszumerzen und anfangen, sie zu sperren.
Ich weiß, dass solche Sperren schon stattfinden, aber es reicht noch nicht. Eine einzige Stunde Online-Poker reicht aus, um zu sehen, dass widerliche Beleidigungen Teil des normalen Spiels geworden sind.
Lasst uns jetzt etwas dagegen tun. Online-Poker sollte ein Ort von Spaß und Respekt, nicht Hohn und Spott sein.
Lee Davy ist ein Pokerspieler und Journalist, der seit längerer Zeit für PokerListings.com polarisierende Kommentare zu aktuellen Themen verfasst. Dieser Artikel ist auf englisch hier zu finden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 12.05.2014.