Nach Wochen des Schweigens stellt sich Tom Dwan derzeit zahlreichen Fragen und versucht die Lage von FTP aus Sicht eines Full-Tilt-Pros zu erklären.

Auf 2+2 antwortet Tom Dwan auf Fragen aus der Community nach der Situation von Full Tilt, seiner Einschätzung der Lage und seiner eigenen Beteiligung.
Schon kurz nach dem Schwarzen Freitag meldete sich Dwan – der seit 2010 zum Team der Full-Tilt-Pros gehörte – und versicherte den Spielern, dass ihre Gelder bei FTP sicher seien und dass Full Tilt mit über 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit die Schulden bei den Spielern vollständig ausgleichen könne. Er bot sogar an, eine Millionen Euro an die Spieler aus eigener Kasse zu zahlen, sollte FTP die Schulden nicht vollständig zurückzahlen.
Allerspätestens nach den Anschuldigungen des DOJ ist dieses Vertrauen in Full Tilt jedoch völlig fehl am Platze, weswegen Tom Dwan nun auch selbst andere Töne anschlägt.
Zu dem Management von FTP hat Dwan inzwischen deutliche Worte parat: “Es ist aberwitzig, dass sie ein Unternehmen, das 500 Millionen Dollar wert sein sollte, gegen den Baum gefahren haben – so viel Misswirtschaft und keine Übersicht!” Warum er dennoch bis jetzt FTP treu geblieben ist, erklärt er damit, dass er dachte, “das Management sei weiterhin stark bemüht, die Spieler auszuzahlen (ansonsten müssten sie ins Gefängnis).” Dies glaubt er weiterhin und bedauert diese Entscheidung nicht. Einfach zu gehen, hätte er als “egoistisch” empfunden.
Wieder bestätigt Tom Dwan, dass er alles Geld, dass er von FTP für seine Promo-Tätigkeiten erhalten hat, den Spielern zurückzahlen will, wenn FTP die Spieler nicht vollständig auszahlt. Als anvisiertes Datum dafür gibt er jedoch Hanuka 2012 an – das wäre erst im Dezember des nächsten Jahres.
Dwan gibt an, seit dem 25. oder 26. April über fehlende Gelder auf Full Tilt in dreistelliger Millionenhöhe (durch nicht eingezogene amerikanische Transaktionen) Kenntnis zu haben. Das heißt, er wusste zwei Monate vor der Lizenz-Aussetzung durch die AGCC, dass FTP Geld fehlt, die Spieler auszuzahlen. Dass er dennoch nichts davon öffentlich machte, verteidigt er damit, dass er an eine Vertraulichkeitsvereinbarung gebunden war. Ferner glaubte er, die Wahrscheinlichkeit, dass FTP dennoch die Spieler auszahlen könne, würde sehr hoch sein.
Zu den potentiellen Investoren von FTP erklärt Dwan: “Es gab viele verschiedene Investoren und es gab unterschiedliche Gründe, warum sie sich zurückgezogen haben. Einige sind noch interessiert, aber ich weiß nicht zu welchem Grad. Der Investor, der Grund für den Artikel in der L.A.-Times [vom 1. Juli] war, war für zwei Monate FTPs Hauptkandidat. Aber ich denke, er hatte einfach nicht so viel Geld, wie er angab zu haben.”
Kurz nach dem Schwarzen Freitag war Dwan mit einer namentlich nicht genannten Gruppe von Freunden in Dublin, wobei diese Freunde eine Kaufabsicht zeigten und deswegen mit Dwan zusammen Einsicht in die Finanzen des Unternehmens bekamen. Aus diesem Grund wusste Dwan schon seit langer Zeit von der schweren Misswirtschaft von FTP.
Dennoch nimmt er die Führung – namentlich Howard Lederer – in Schutz. So habe er auch nach dem Schwarzen Freitag regelmäßig Kontakt zu Lederer gehabt. Zu den Gerüchten, dass die FTP-Führung schon vor dem Schwarzen Freitag was gewusst haben soll sagt Dwan: “Ich war mit Howard [Lederer] vom 8. bis 14. April auf USA-Tour und er ist eine absolute Nit und kann große Bluffs nicht verstecken. Es würde mich sehr wundern, wenn er irgendwas genaues wusste.”
Tom Dwan gilt bei vielen Spielern als eine Ikone des Pokers. Seine Ansichten und Aussagen haben – auch wenn einige im Lichte der Entwicklungen als naiv angesehen werden können – bei den Spielern ein sehr hohes Gewicht. Neben Phil Ivey, der sich weiterhin ausschweigt, war Dwan das prominenteste Aushängeschild von Full Tilt.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 22.09.2011.