München. Stadt des Deutschen Meisters. Fußballhauptstadt. Und an drei Tagen definitv die deutsche Metropole, das deutsche Mekka des Pokerns. Pokeridol hatte zur German Open gerufen, sprich in zahlreichen Qualifikationsturnieren quer durch´s Lena-dafür-kein-Köhler-Land die Finalteilnehmer gesucht.
Und alle waren gekommen. Streng blickende, total konzentrierte Nachwuchsamateure aus Bremen ebenso wie extrem lustige Pokerspieler mit Migrationshintergrund und lila Pullovern aus dem süddeutschen Bereich. Das Hamburger Land war ebenso vertreten wie rheinische Vororte, und alle Bereiche Süddeutschlands. Poker mit Dialekten. Denn auch vereinzelt wurden Spieler aus den neuen Ländern gesichtet und gehört.
Alle insgesamt 493 Spieler vereinte das große Ziel. Eins der 12 Packages zu gewinnen für die WSOP in Vegas. Und dazu noch die Chance auf das Main Event der WSOP; sicherlich das Nonplusultra der Hold’emfetischisten. 42 weitere Spieler wurden mit Gutscheinen für gutes Pokern, Glück und Sitzfleisch belohnt.
Um es vorwegzunehmen, ich habe weder das eine noch das andere erreicht. Das hat zwar meinen Sohn enttäuscht; war aber ganz ehrlich auch nicht anders zu erwarten.
Zur chronologischen Abfolge der drei Tage.
Am Freitag war ich noch nicht dabei.
Samstag morgen im Morgengrauen ging mein Flieger. Natürlich nicht pünktlich. Kein Streik, kein Vulkan, sondern ein defekter Reifen. Dann durfte ich in München auch noch zum Zoll, weil die Security meinen Koffer aufgebrochen hatte. Ich wusste wirklich nicht, dass man kein benzinbetriebenes Zippo-Feuerzeug im Reisegepäck haben darf. Aber da immer alles irgendwann gut wird, komme ich dann auch irgendwann am Ort des Geschehens an. Die ersten, die ich sehe, sind die Kollegen der Pokerfachpresse aus dem Printbereich. Ein lautes Hallo, ehrliche Freude und nette Gespräche. Nur gestört durch 180 andere Pokerspieler, die sich über AK, den Bad Beat von gestern und das Runner-Runner-Runner-Drama von vorletzter Woche unterhalten haben. Also – ganz normale Pokergespräche, alles wie immer.
Dann endlich ging es los. Alle Spieler voll fiebriger Erwartung. Ich persönlich war von Beginn an kartenscheintot. Habe immer die falschen Hände entsorgt (so was wie 94, was dann prompt ein Vierling wurde) und die ganz falschen Hände gespielt (so was wie KK, was dann prompt gegen 7 3 verloren hat). Die oben schon erwähnten Kollegen waren auch nicht viel länger dabei. Können halt besser schreiben als selber spielen.
Am späten Nachmittag gingen dann die Side Events los. Stark frequentiert, da auch hier eine Reise nach Vegas winkte.
Morgens um 5 bin ich dann mal ins Bett, was für Männer meines Alters schon spät ist.
Mit mir am Tisch Akay. Supernetter Typ, Soulsänger mit einer extrem guten Stimme. Beim Pokern geht’s ihm genauso wie mir; super Pokerspieler mit extrem viel Pech.
Ebenfalls am Tisch Mischa File, Kommissar bei Sat 1. Sympathischer, lustiger Typ, der auch gerne mal wie ich ein paar Chips wegdonkt. Take it easy und have fun.
Und auch am selben Tisch Alex Stark, Big Brother der allerersten Staffel. In extremst attraktiver, junger, weiblicher Begleitung. Und damit meine ich nicht seinen Hund, der auch ab und zu mal als Raildog uns Könnern zuschauen durfte. Ihm (wieder nicht dem Hund) habe ich dann auch mit einem übermütigen All-In meine ganzen Chips geschenkt. Hab ich gerne gemacht. Viel genutzt hat´s ihm aber auch nicht. Ich war in Mau Mau Stimmung. Finde Pocket Achter und denke natürlich, die nächsten beiden Spieler müssen aussetzen und stell entsprechend mal alles rein. War auch prinzipiell keine schlechte Idee, wenn er nicht just in diesem Moment Asse findet. Und mit dieser Hand dann auch tatsächlich callt …
Mit der überaus attraktiven und auch überaus sympathischen Silke Burghardt habe ich dann fachsimpeln dürfen. Sie hat mir sogar Tips für mein Spiel gegeben. Auch wenn die nicht genutzt haben.
Der sicherlich beste Promispieler war Thomas Brdaric, ehemaliger Fußballer und derzeit im Trainerstab von Bayer Leverkusen. Er ist sehr weit gekommen, mit guten Moves und noch besseren Folds. Nach Aussage aller, die ihn am Tisch hatten oder ihn beobachtet haben, ein Mann mit Talent. Von ihm wird wohl noch eines zu berichten sein.
Zwischendurch, der Hunger meldete sich, gab´s was Bayrisches auf meinen Teller. Obatzda (richtig geschrieben?) mit Brezln (richtig geschrieben?) und Salatgarnitur als Sättigungsbeilage (richtig geschrieben, aber ein grauenhaftes Wort). Und entgegen meiner tiefen rotweindiktierten Überzeugung habe ich dazu sogar ein Bier getrunken. Na, ja, fast ein Bier. Eine halbe Radlermass. Mädchenbier. Kinderbier.
Und nun zur Wortkreation des Jahres. Entdeckt und mit Urheberrecht versehen von einer nicht gerade leisen, nicht gerade nüchternen, aber netten und lustigen 35 Mann-Truppe aus dem Ruhrgebiet: „Hüüüüütchen“. Verniedlichungsform von Hut. Lautstark und oftmals in den Raum geschmissen. Immer mit lautstarkem Echo.
Das Ass sieht aus wie ein Hut. Immer wenn man ein Ass zeigt, wird halt „Hütchen“ gerufen. Immer wenn eins gefordert wird, auch. Also quasi immer. Geht einem schon irgendwann, spätestens nach dem vierten Mal tierisch auf die Nüsse. Aber es ist wie bei Bohlen – es geht einem nicht mehr aus dem Kopf. Und wenn man am Handy zu seiner Frau statt Schatz „Hallo Hütchen“ sagt, weiß man, dass ein neues Wort seinen Weg ins Gehirn gefunden hat. Ja, ja, alles Hütchenspieler …
Auch heute gab es wieder reichlich Side Events. Ich habe mich sogar für das Finale qualifiziert, bin aber relativ zeitnah nach Beginn eben dieses wieder rausgeflogen. Akay hat es etwas besser gemacht, er spielte sich nach einem harten, in Teilen erbitterten Kampf auf Platz 3. Hätte er mehr „Hütchen“ bekommen, der Sieg wäre seiner gewesen.
Chef müsste man seinNicht verschweigen will ich auch meine Niederlage im Heads Up der Mau Mau Idol Weltmeisterschaft gegen Thomas Wirth, seines Zeichens Chef von Pokeridol. Endlich war es soweit. Der Fight. Um die Mau Mau Krone. Locker, relaxed und siegesgewiss bin ich an den Tisch. Meine Lieblingsdealerin war bereit. Best of 3 Modus. Thomas zeigte von Beginn an Siegeswillen und ein Mau Mau Face. Den ersten Heat habe ich dann ganz locker mit einer perfekten strategischen Leistung gewonnen. Er war absolut chancenlos. Teil zwei ging dann überraschenderweise an ihn. Mit Glück. Viel Glück, natürlich.
Die Spannung stieg. Sakko aus, 5 Minuten Zigarettenpause, Gedanken sammeln. Und dann wieder ab an den Tisch. Um es kurz zu machen – ich habe verloren. Mit einem absoluten Mau Mau Bad Beat hintenraus. Aber als fairer Verlierer, der ich ja nun mal bin, gratuliere ich Thomas auch an dieser Stelle zu seinem Sieg, zu seinem wohl nicht mehr wiederholbaren größten Erfolg in seiner Kartenspielkarriere. Ich verneige mich.Keine zwei Minuten später gab es schon entsprechende Gewinnershirts. Ja, mit der Häme werde ich wohl leben müssen.
Und dieses Mal sogar etwas früher ins Bett. Viertel vor Fünf.
Abschließend seinen mir zwei Bemerkungen erlaubt. Zum einen Glückwunsch und ehrlich ausgedrückten Respekt für alle Gewinner; es war nicht einfach, sich hier durchzusetzen. Ihr habt euch Vegas redlich verdient. Da wird’s dann noch schwerer… Gute Reise.
Und loben muss man den Veranstalter und das Team von GastroPoker, die ein Event in dieser Größenordnung hervorragend organisiert haben. Ich habe schon schlechtere Sachpreisturniere mit 12 Teilnehmern erlebt. Well done, Jungs und Mädchen.
Ja, es war ein großartiges Turnier. Poker vom Feinsten. Weil ich immer früh raus bin. Spaß vom Feinsten. Weil ich immer noch lange dageblieben bin.
Jederzeit wieder, Thomas. Plane mich doch für eure neue Serie schon mal ein.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.06.2010.