Das seit Ende Juni brachliegende Full Tilt Poker hat in einer Presseerklärung erstmals Einsicht in die Vorgänge vor und nach dem schwarzen Freitag gewährt.
Die Übersetzung der Erklärung im Wortlaut:
Anhand der Ereignisse nach dem 15. April ist es offensichtlich, dass Full Tilt Poker nicht auf die umfassenden Folgen des von der US-Regierung forcierten Schwarzen Freitags vorbereitet war.
Die Ereignisse des Schwarzen Freitags kamen auf den Fersen voriger Regierungs-Vollstreckungsmaßnahmen und einem beträchtlichen Diebstahl. In den zwei Jahren vor dem Schwarzen Freitag beschlagnahmte die US-Regierung circa 115 Millionen Dollar der Spielergelder aus US-Banken. Obwohl wir – gestützt auf viele stichhaltige und gut durchdachte Rechtsmeinungen – glaubten, es wäre legal, peer-to-peer Online-Poker anzubieten, hatte das Justizministerium eine andere Auffassung. Zusätzlich, wie schon umfassend berichtet wurde, stahl ein zentraler Zahlungsabwickler (payment processor) etwa 42 Millionen Dollar von Full Tilt. Bis zum 15. April hat Full Tilt diese Verluste immer aufgefangen, so dass kein Spieler betroffen war. Schließlich hatte Full Tilt Ende 2010 und Anfang 2011 beispiellose Probleme mit einigen außenstehenden Zahlungsabwicklern, die maßgeblich zu den finanziellen Schwierigkeiten beitrugen. Während das Unternehmen diese durch Drittabwickler verursachten Probleme lösen wollte, hatte es niemals erahnt, dass das Justizministerium auf diese Art und Weise vorgehen würde und unsere weltweiten Domain-Namen beschlagnahmen und unsere Seite weltweit stilllegen würde.
In den letzten vier Monaten hat Full Tilt aktiv Möglichkeiten mit außenstehenden Investoren gesucht, um das Unternehmen zu stabilisieren und unsere Spieler auszuzahlen. Wenigstens sechs Gruppen, auch Hedge-Fonds, andere Online-Firmen und einzelne Investoren haben Dublin besucht, um unser Unternehmen zu inspizieren. Kürzlich nahmen wir die Hilfe eines weiteren Finanz-Beraters einer Investment-Bank in Anspruch, um uns bei unserer Suche nach einer Geldspritze und einem neuen Management-Team zu helfen, so dass wir die Seite wiederherstellen können und die Spieler auszahlen können. Obwohl jedweder Deal dieser Natur unter den jetzigen regulatorischen Bedingungen komplex ist, sollen unsere Spieler wissen, dass Full Tilt Poker vollständig engagiert ist, sie komplett auszuzahlen und das Vertrauen in unser Unternehmen wiederherzustellen.
Eine neue Information dieses Statements ist, dass Full Tilt schon zwei Jahre vor dem Schwarzen Freitag Probleme mit dem Justizministerium hatte. Die Zahl 115 Millionen Dollar bezieht sich jedoch nicht ausschließlich auf Full Tilt, sondern ist aller Wahrscheinlichkeit nach plattformübergreifend zu verstehen, da in diesem Zeitraum auch Gelder von Bodog, PokerStars, UB/AP und anderer Anbieter beschlagnahmt wurden.
Der angesprochene Diebstahl bezieht sich auf Daniel Tzvetkoff, der vor zwei Jahren als primärer Zahlungsabwickler über 40 Millionen Dollar stahl und dafür verhaftet wurde. Tzvetkoff gilt als Haupt-Informant, dessen Aussagen das Vorgehen des FBI und Justizministeriums überhaupt erst möglich machten. Aus den Problemen mit den Zahlungsabwicklern Ende 2010 und Anfang 2011 entstanden die offenen Forderungen Full Tilts gegenüber Spielern in Höhe von über 100 Millionen Dollar.
In diesem Statement räumt Full Tilt erstmals ein, dass geplant ist, das Management-Team auszutauschen.
In der Gesamtlage der Sache Full-Tilt ist dieses Statement zwar ein Lichtblick, wird von den Spielern aber dennoch negativ bewertet werden. Zum einen kommen diese Informationen viel zu spät, um noch für Vertrauen zu sorgen, zum anderen gibt das Unternehmen nur Informationen preis, die schon zuvor durch starke Indizien gedeckt, bzw. weitläufig bekannt waren. An keiner Stelle räumt das Unternehmen eigene Verfehlungen ein und erweckt so den Eindruck, die Verantwortung für die Full-Tilt-Katastrophe läge ausschließlich bei Dritten – dem Justizministerium und den Zahlungsabwicklern. Auch dass Full Tilt zu Gesprächen mit Hedge-Fonds bereit ist, mindert die letzte Hoffnung der Spieler, dass das Unternehmen jemals in der Lage sein wird, sie tatsächlich auszuzahlen.
Es steht zu erwarten, dass Full Tilt in den nächsten Wochen nach monatelangem Schweigen weitere Statements zu offenen Fragen veröffentlichen wird.
Im englischen Original ist das Statement unter anderem auf » Subject: Poker zu finden.
Full-Tilt-Geld fast nichts mehr wert
Im 2+2-Forum werden im High-Stakes-Unterforum seit Langem Transfers zwischen verschiedenen Pokerseiten über die Spieler organisiert. Nach dem schwarzen Freitag ging der (europäische) Full-Tilt-Dollar lange Zeit noch für 90 bis teils über 95 Cent weg. Erst am 29. Juni und dem Entzug der AGCC-Lizenz rutschte der Umtauschkurs rapide ab. Während die Kauf-Angebote über die letzten Wochen zwischen 20 und knapp 30 Cent pendelten, brach der Kurs nun vollends ein. Nach der obigen Pressemitteilung von Full Tilt wurden nur noch 12 Cent für den Full-Tilt-Dollar geboten.
So stellt sich diese Entwicklung grafisch dar:
Wertverlauf eines FTP-Dollars in Echtgeld-Cents nach 2+2 Trade-Forum\'
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 31.08.2011.