Stalling, zu deutsch Zeitschinderei, wurde beim Live-Poker bereits umfänglich diskutiert. Auch online tritt dieses Phänomen auf und nun hat sich PokerStars einen seiner wenigen Supernova-Elite-Spieler zur Brust genommen und ihn sehr deutlich auf störendes Stalling an den Tischen hingewiesen.
Der Fall PS ICANTSNG
Am 9. Januar startete PS ICANTSNG im 2+2–Forum einen Thread, in welchem er eine Mail vom PokerStars-Support vorlegte, die ihn zum einen einen des wiederholten Stallings bezichtigte und ihn zum anderen bei Strafandrohung zur Unterlassung des störenden Verhaltens aufforderte.
Ein wenig pikant dabei ist, dass PS ICANTSNG den Supernova-Elite-Status hat – also jährlich einen sechsstelligen Rake-Betrag umsetzt. Hier die betreffende Mail:
Hallo …,
uns ist aufgefallen, dass Du in den Turnieren (T#…, T#…, T#…) Zeit geschunden hast. In jeder Hand hast Du die maximal erlaubte Zeit benötigt, unabhängig davon, wie offensichtlich die Entscheidung war.
Stalling ist gegen den Sinn des Spiels und schlechte Etikette. Wir wollen, dass jeder Spieler gute Erfahrungen bei PokerStars macht und störendes Verhalten wie dieses nimmt Jedem den Spaß.
Wir müssen Dich auffordern, zukünftig nicht mehr für jede Entscheidung (inklusive triviale Folds unspielbarer Hände) die maximale Zeit in Anspruch zu nehmen. Sollte es zu weiteren Verstößen kommen, müssen wir Strafmaßnahmen (bis zum Verlust der Spielrechte) vornehmen. Wir hoffen, dies verdeutlicht unsere Position zu dieser Sache.
Vielen Dank für Dein Verständnis und Kooperation.
PokerStars Support
Etwas später bestätigt PokerStars die Mail mit dieser Antwort auf Nachfragen:
Absichtlich langsames Spielen ist inakzeptabel, denn es zeigt schlechte Etikette und ist gegen den Sinn des Spiels. Unsere Untersuchung kam zu dem Schluss, dass Du mehrfach die maximale Zeit für eine Entscheidung benötigt hast, auch wenn Du eine einfache Entscheidung tätigen musstest, insbesondere während früher Phasen von Turbo-Turnieren. Derartiges Verhalten tolerieren wir nicht und weitere Verstöße können zu einem Verlust Deiner Spielrechte führen.
Ist PokerStars im Recht?
Während Einige die Mail samt Androhung von PokerStars für kleinkariert halten und insbesondere die Strafandrohung skeptisch sehen, ist dieses jedoch durch die Bedingungen von PokerStars gedeckt.
Dort heißt es zum Thema Spielgeschwindigkeit unter anderem: “Daher erhalten Spieler, die an mehr als vier Echtgeldtischen gleichzeitig pokern und für einen Spielzug im Schnitt deutlich länger brauchen als andere, eine Aufforderung zur Steigerung ihrer Spielgeschwindigkeit. Sollte das langsame Spielverhalten einen Monat nach Erhalt der Aufforderung immer noch bestehen, behalten wir uns vor, die Anzahl der Tische zu begrenzen, an denen der betreffende Spieler gleichzeitig spielen kann.”
PokerStars orientiert sich nach eigener Aussage an der durchschnittlichen Spielgeschwindigkeit eines Spielers, um zu ermessen, ob dieser zu langsam spielt oder nicht.
Hin und wieder vorkommendes Stalling einzelner Spieler (zum Beispiel kurz vor der Bubble eines Massen-Turniers) wird praktisch nie geahndet, doch Spieler die entweder absichtlich oder aufgrund einer zu hohen Zahl bespielter Tische regelmäßig überdurchschnittlich lange brauchen, müssen damit rechnen, dass ihnen die maximale Zahl bespielbarer Tische gekappt wird.
Wie sehr stört Stalling?
Einem Spieler, der zig Tische parallel offen hat, wird es kaum auffallen, wenn der eine oder andere Gegner an dem einen oder anderen Tisch für viele Entscheidungen sehr lange braucht. So ein Spieler hat genügend andere Tische offen, um die er sich kümmern kann.
Doch Spielern, die nur an einem oder zwei Tischen spielen, fallen notorische Zeitschinder sehr schnell auf. Vielen dürfte es sehr schnell auf die Nerven gehen, wenn derselbe Spieler wiederholt während eines Orbits eine Viertelminute oder länger braucht, bis er seine Hand preflop gefoldet hat.
Es geht bei dieser Diskussion keineswegs darum, generell die Zeit zum Agieren zu beschränken, schließlich kann es jederzeit vorkommen, dass ein Spieler eine schwierige Entscheidung hat und deswegen ein wenig Zeit braucht. Diese sollte dem Spieler auch in hinreichendem Maß zur Verfügung gestellt werden.
Allerdings macht es wohl den wenigsten Spielern Spaß, zuzusehen, wie ein Spieler aus keinem erkennbaren Grund regelmäßig bis zu seiner Time-Bank Zeit verbraucht, um augenscheinlich triviale Entscheidungen zu treffen.
Online-Poker lebt immer noch vor allem von den Spielern, die aus Spaß an der Freude spielen und nicht 24 oder mehr Tische parallel bespielen. Deswegen sollte man das Spiel bis zu einem gewissen Grad auch auf diese Spieler ausrichten. Wenn diese Stalling als nervend oder gar als Problem wahrnehmen, muss man dies als Anbieter ernst nehmen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.01.2014.