In diesem Artikel geht es um das Spiel im Small Blind, wenn alle zu Ihnen gefoldet haben. Diese Situation kommt in High-Stakes-Partien aus verschiedenen Gründen häufiger vor.
Zuerst einmal eröffnen die Spieler in diesen Limits fast nie mit einem Limp. Für die meisten Spieler gibt es als Möglichkeiten nur Raise oder Fold. Da ein Limp keine Option darstellt, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Folds und damit die Wahrscheinlichkeit einer Konfrontation der Blinds.
Es gibt bestimmte Kräftespiele, derer man sich in diesen Situationen im Small Blind bewusst sein sollte. Die zwei bei weitem wichtigsten Faktoren, die bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind, ob Sie um den Pot spielen sollten oder nicht, sind die Stärke Ihrer Hand und der Spielstil Ihres Gegners.
Es gibt noch einen dritten Faktor, die Struktur der Blinds, d. h., wie viel Geld noch im Verhältnis zum Pot bezahlt werden muss. In den meisten Limit-Partien ist der Big Blind doppelt so groß wie der Small Blind, und in diesem Artikel konzentrieren wir uns auf diesen Fall.
Es kann korrekt sein, eine große Zahl an Händen zu spielen
In den meisten Fällen sollte man im Small Blind deutlich mehr Hände spielen. Betrachten wir beispielsweise eine $100-$200-Partie mit Blinds von $50 und $100. Die Pot Odds für einen Call sind 3 zu 1, und mit einem Raise riskiert man $150, um $150 zu gewinnen.
Es ist Geld im Pot und es gibt nur noch einen Gegner mit einer zufälligen Hand. Wenn Ihr Gegner tight ist und Sie in der Lage sind, Ihren Gegner nach dem Flop auszuspielen, kann es an dieser Stelle richtig sein, mit 60% aller Hände (22+,A2s+,A2+,K2s+,K2+,Q2s+,Q4+,J4s+,J5+,T5s+, T7+, 96s+, 96+,85s+,86+) zu raisen.
An dieser Stelle ist es wichtig, Informationen über den Gegner zu haben. Tracking Softwares wie PokerTracker, Poker Office oder Hold’em Manager geben Ihnen darüber Auskunft, wie oft der Big Blind auf einen Stealversuch foldet. Man sollte dabei allerdings vorsichtig sein, da Topspieler ihre Ranges situations- und gegnerabhängig anpassen. Manchmal kann hier ein Raise mit beliebigen Karten profitabel sein. Wie immer ist eine gute Balance wichtig, da die guten Spieler in High-Stakes-Partien einigermaßen korrekte Ranges haben werden.
Entscheidend ist die Spielweise des Gegners
Recht oft wird die korrekte Spielweise bei Limit Hold’em von der Mathematik diktiert. Wissen Sie, dass der Gegner im Big Blind ein chronischer Folder und sehr tighter Spieler ist, sollten Sie mit einer größeren Range und Häufigkeit raisen. Zu wissen, wie oft Ihr Gegner auf einen Raise foldet, ist aber nur ein Teil der Gleichung.
Man muss nicht nur wissen, wie aggressiv der Gegner ist, sondern auch, wie er sein Spiel ausbalanciert. Das ist nicht immer leicht zu erkennen, insbesondere in Online-Partien, in denen man nur wenig Zeit hatte, den Gegner kennenzulernen. Aber selbst bei $200-$400 reagieren viele Spieler auf bestimmte Situationen in sehr vorhersehbarer Weise. Ein Beispiel:
$200-$400 Limit Hold ’em (6 Spieler)
Es wurde zu Ihnen im Small Blind gefoldet, Sie finden 10 8 und raisen auf $400. Der Big Blind callt, und der Flop kommt mit K 7 2 . Bei einem Pot von $800 und Pot Odds von 4 zu 1 scheint eine Continuation Bet angesagt zu sein.
Das sollte Standard sein. In dieser Situation hängt die beste Spielweise aber auch davon ab, was für ein Bild Ihr Gegner von Ihnen hat oder ob er bestimmte Betgewohnheiten nach dem Flop besitzt. Die Pot Odds für Ihre Continuation Bet sind 4 zu 1, der Big Blind steht bei einem Reraise aber auch nicht schlecht da, da er mit einem Raise auf $400 und einem potentiellen Gewinn von $1.000 Odds von 2,5 zu 1 erhält.
Viele Gegner spielen auf dem Flop gerne mit einem Raise zurück. Gegen einen solchen Spieler ist eine Continuation Bet aus dem Small Blind möglicherweise nicht der beste Spielzug, wenn Sie den Flop verfehlen. Oft wird ein aggressiver Big Blind Ihr “Nichts” mit seinem “Nichts” raisen. Im Ergebnis verlieren Sie einen Pot, den Sie mit etwas trickreicherem und vorausschauenderem Spiel hätten gewinnen können.
Ein anderes Beispiel für ein unflexibles Setzmuster, das ausgenutzt werden kann: Es gibt Spieler, die viele Raises des Small Blinds callen und auf dem Flop automatisch betten. Sie wissen, vor dem Flop bekommen sie Odds von 3 zu 1 und bei $800 im Pot erhalten Sie für ihre Bet von $200 Odds von 4 zu 1. Sie sollten wissen, welche Gegner so spielen, insbesondere auf Boards, die ihr Gegner wahrscheinlich verpasst hat.
Ist der Big Blind ein chronischer 3-Better?
In den High Stakes werden viele starke Spieler einen Raiser aus dem Small Blind mit einer sehr großen Range 3-betten. Die Kombination aus positionellem Vorteil und dem Wissen um die große Range des Small Blinds führt dazu, dass viele Spieler im Big Blind ihre Range für 3-Bets deutlich erweitern. Außerdem hat der Big Blind nach einem Call Ihrerseits bereits einen großen Schritt gemacht, um die Initiative zu übernehmen. Der Folgeeffekt ist eine erhöhte Fold Equity für ihn nach dem Flop.
In diesem Fall kann es richtig sein, mit einer großen Zahl an Händen zu folden oder zu limpen, mit denen man gegen einen tighten Spieler geraist hätte. Dadurch wird nicht nur die Potgröße mit einer marginalen Hand Out of Position, sondern auch die Fold Equity Ihres Gegners nach dem Flop reduziert. Mit Ihren besten Händen können Sie weiterhin für Value raisen.
Außerdem sollten Sie 4-Bets in Ihre Überlegungen mit einbeziehen. Ich würde eine 4-Bet mit mittleren und hohen Paaren, sowie stärkeren Assen empfehlen, da man mit diesen Händen gegen die Range eines dünn 3-bettenden Gegners vorne liegt. Es gibt noch weitere Hände, die gegen die gegnerische Range vorne liegen, aber ich denke, man sollte die richtige Balance zwischen einer 4-Bet für Value und der Tatsache finden, dass man gegen einen aggressiven Spieler Out of Position ist.
Auf dem Flop
In der überwiegenden Zahl der Fälle sollte man auf dem Flop weiterbetten. Das sollte der Standard-Spielzug sein. Durch die Odds in Kombination mit der notwendigen Balance für den Fall, dass man den Flop trifft, wird eine Bet in den meisten Fällen korrekt.
Ein Check erlaubt es Ihrem Gegner, selbst zu checken und eine Freecard zu nehmen oder mit einer Bet die Initiative zu übernehmen. Man kann den Pot nicht auf der Stelle gewinnen, es sei denn, der Gegner foldet auf einen Checkraise. In vielen Fällen gibt Ihnen eine Bet gegen einen aggressiven Spieler nicht nur die Initiative und gewinnt damit den Pot auf einer späteren Straße, sie holt auch maximalen Value für gute Hände heraus, wenn die Bet auf dem Flop geraist oder gecallt und eine Bet auf dem Turn geraist wird.
Zusammenfassung
Die Mathematik des Blindspiels erzwingt es, mit einer sehr großen Zahl an Händen um den Pot zu kämpfen. Die genaue Range lässt sich nur bei guter Kenntnis des Gegners bestimmen.
Durch die Häufigkeit eines Duells der Blinds und die Tatsache, dass man nur einen Gegner zu schlagen hat, um den Pot zu gewinnen, wird korrektes Spiel in den Blinds besonders wichtig. Eine ungenügende Vorbereitung wäre auf diesem Niveau eine unüberwindbare Schwachstelle im Spiel. Gutes Spiel im Small Blind wird einem langfristig dabei helfen, sein Limit-Spiel zu perfektionieren.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 21.10.2008.