Früher war das alles nicht so leicht. Früher musste ich immer alles erklären. Meist filetiert und in kleinen Dosen, um mein Gegenüber nicht zu verschrecken. Seit zwei Jahren ist alles viel leichter. Mein Leben sowieso und das mit den Erklärungen auch. Vor zwei Jahren habe ich die richtige Frau geheiratet und im richtigen Moment ferngesehen. Keine schlechte Bilanz auf die ich mit Recht stolz bin.
Am Vorabend des großen Tages. Die Familie bereits in höchster Aufregung. Meine Verlobte beharrlich im Badezimmer verweilend und ich nach sorgfältigem Putzen der Schuhe stolz und entspannt am Bett liegend. Der Fernseher lief leise im Hintergrund, aber laut genug, um mich an die weniger reizvollen kommenden ehelichen Pflichten der programmtechnischen Aufsicht zu erinnern und so rief ich mit meiner Schuhputzerstimme so laut ich konnte: „Komm Schatz schnell. Gerade hat „Monk“ begonnen!“ Eine der Serien, bei der ich schon beim Vorspann stets die Flucht ergriffen hatte, von der ich aber wusste, dass meine zukünftige Frau sie innig liebte und quasi niemals auch nur eine Folge versäumt hatte. Umso größer meine Verwirrung, ob ihrer ebenfalls brüllend vorgetragenen Replik: „Ich brauche mir „Monk“ nicht mehr anzusehen. Ich heirate ihn morgen!“ – Und so blieb ich liegen und es dauerte nicht lang, da verstand ich, was sie meinte und da wusste ich, dass sie Recht hatte.
Heute ist alles leichter. Wenn mich jemand anfassen möchte, vielleicht ein Mann, den ich kaum kenne, springe ich ungeniert aus seiner schulterklopfenden Reichweite. Den gefürchteten Bussibussi-Frauen entziehe ich mich mit fluchtartigen Ausfallschritten und hübschen jungen Mädchen mit schräg geschnittenen Stirnfransen schaue ich exklusiv und konsequent auf den Busen. „Ich bin so ein bisschen „monkmäßig“. Tut mir leid. Mehr brauche ich meist nicht sagen und dann ich alles ganz einfach. Das hilft viel besser, als meine früheren Erklärungsversuche, die auf meinem in unzähligen Therapiesitzungen erworbenen Halbwissen basierten und die mein Gegenüber meist nur heillos verwirrten.Klaus Wowereit kennt das sicher und es fühlt sich einfach erleichternd und erfreulich an. Ich bin, so wie ich bin, und das ist irgendwie gut so und irgendwie eben „monkmäßig“.
Und wenn ich schon dabei bin, ich finde Zahlen nett. Netter als die meisten Menschen mit denen ich zu tun habe und verlässlicher und ehrlicher sind sie sowieso. Überhaupt, wenn ich so darüber nachdenke, könnte ich auf so viele Leute verzichten, aber auf kaum eine Zahl.Nehmen wir zum Beispiel Heidi Klum. Für mich ein fleischgewordener Succubus mit Sprechdurchfall. Ekelige Zehen, zwischen die sie sich noch ekeligern Fruchtgummi klemmt, der wahrscheinlich aus den unbefleckten Gehirnen ungeborener Kälbchen gewonnen wurde. Kein Wunder, dass sie sich in ihrer Paarungswilligkeit bis über den Atlantik bemühen musste.
Heidi Klum ist einfach bar jeder Erotik, während die wunderschöne Zahl 86 so erotisch anmutet, dass sich für mich die Viagra Frage auf alle Zeit nicht stellen wird, solange die Batterien in meinem (extragroßen) Taschenrechner noch Saft haben. 86 hat einfach etwas urweibliches. Quasi die Venus von Willendorf der Mathematik. Knapp gefolgt von der einfachen 0, über deren Symbolik der Anstand mir weitere Ausführungen verbietet.
Zahlen können auch komische Geschichten erzählen. Viel komischere und bessere als etwa ein Mario Barth, dessen unfassbarer Erfolg mich einerseits unfassbar ängstigt, mich aber anderseits in meinem österreichischen Exil bestätigt. In Wien wäre Mario Barth nicht Komiker, sondern Kellner und das in einem Cafehaus, welches ich verlässlich meiden würde.
Die Riesenzahl 6 922 510 zum Beispiel amüsiert mich nachhaltig. Die Zahl erzählt mir eine nette kleine Geschichte und Schadenfreude ist bekanntlich auch eine Freude. – Die Bank zeigt eine 6. Der Spieler hält 9 und 2. Doubles und kauft eine 2 (wir kennen das). Die Bank bekommt zu ihrer 6 eine 5 und eine 10 und zeigt uns, wie schön das Spiel laufen könnte. 6 922 510 – kurz, knapp und schadenfroh komisch.
Aber nicht alle Zahlen sind meine Freunde. Manche mag ich noch weniger als Mario und Heidi zusammen. 77 ist so eine gruselige, schief nach rechts hängende Zahl, bei der mir sanft schwindelt und ich mich unwillkürlich irgendwo festhalten möchte. Neulich in einem ganz großen Turnier hatte ich diese zwei fatalen Siebenen. Erbarmungslos und grell strahlten sie mich auf meinem Bildschirm an. Zwei Pakete im Wert von $15.000 gab es zu gewinnen und wir waren nur noch zu Dritt am Finaltisch. 120 Sekunden Galgenfrist. Ich fällte die richtige Entscheidung und wie so oft beim Pokern, genau deswegen verlor ich und schied unbelohnt aus. Monk wäre das wohl nicht passiert.
Einen kurzen halblauten Schmerzschrei später saß ich immer noch verdattert vor meinem Bildschirm. Aus dem Schlafzimmer hörte ich eine ebenso haltlautes „Schatz, alles in Ordnung“. Und da fielen mir die wunderbar runde und unschiefe Zahl 86 wieder ein und mir wurde gewahr, dass ich bei den wirklich wichtigen Dingen wirkliches Glück gehabt hatte. Und so stand ich auf und ging zu meinem Glück und dann war alles wieder gut.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 07.08.2008.