Soll ich meinen Job kündigen und professioneller Pokerspieler werden?
Soll ich mein Studium an den Nagel hängen um vom Pokerspiel zu leben?
Diese Fragen bekomme ich sehr oft gestellt und ich gebe immer die gleiche Antwort: Nein auf keinen Fall! Bin ich klar genug?
Wenn du wirklich ein professioneller Pokerspieler werden möchtest, dann solltest du auf keine Fälle solche wesentlichen Lebensentscheidungen überstürzt treffen. Fange an deine freie Zeit neben deinem Job oder Studium mit Poker zu verbringen. Studiere und lerne alles über das Spiel und sammle so viel Spielerfahrung wie möglich.
Bevor du überhaupt daran denkst deinen Job zu kündigen um Vollzeit Poker zu spielen, solltest du mehr Geld mit Poker verdienen als in deinem derzeitige Job. Nur weil du ein größeres Turnier gewonnen hast, heißt das noch lange nicht, dass du bereits alles über Poker weißt und schon bereit bist für ein Leben als professioneller Pokerspieler. Du musst kontinuierlich über mindestens 6 Monate einen Gewinn machen und zwar in der Höhe, dass du einerseits eine gute Bankroll hast andererseits auch all deine monatlichen Lebenskosten problemlos abdecken kannst. Nur wenn du dieses Niveau erreicht hast, kannst du dir Gedanken machen ob es sinnvoll wäre vom Pokerspiel zu leben.
Selbst wenn du bereits über Monate hinweg kontinuierlich gute Gewinne machst von denen du problemlos leben könntest, solltest du dir den Schritt zu einem professionellen Pokerspieler dennoch sehr genau überlegen. Poker ist ein sehr schönes Hobby und es in der Freizeit zu spielen macht viel Spaß wenn man dieses Spiel liebt. Aber wenn du ein professioneller Pokerspieler bist, dann musst du 5 bis 6 Tage wöchentlich spielen. Über die Zeit hinweg wird das Pokerspielen ein manchmal sehr harter Job. Ich liebe jede Gelegenheit Poker zu spielen, aber für viele Leute kann es ab einem gewissen Zeitpunkt zu einer wirklichen Schinderei werden.
In der Turnierwelt kannst du sehr gut spielen – dennoch kommt es häufig vor, dass du für Monate manchmal so gar Jahre keinen großen Gewinn einfährst. In Cashgames ist der Zeitaufwand manchmal wirklich brutal. Als Cash-game Profi willst du spielen gegen Leute die weniger gut spielen als du oder nicht mehr so konzentriert sind. Das heißt du fängst oftmals sehr spät an wenn andere Spieler müde werden und mehr spielen als sie eigentlich sollten. Du wirst möglicherweise von spät am Abend bis um 11 Uhr am Vormittag spielen und dann den ganzen Nachmittag schlafen. Diese Zeiten können schwierig werden vor allem weil man ja auch noch ein soziales Leben hat.
Ein anderes Risiko ist das du vielleicht nicht genug spielst. Es benötigt eine enorme Selbstdisziplin genügend Stunden am Pokertisch zu sitzen. Ohne Boss oder normale Arbeitsumgebung kann es manchmal schwierig sein genügend Zeit am Tisch zu verbringen damit du jenen Gewinn einfährst den du monatlich brauchst.Bevor du also eine solche drastische Lebensentscheidung triffst und bevor du überhaupt anfängst solche Fragen zu stellen wie oben am Anfang dieses Artikels – musst du wissen dass Poker dir mehr Einkünfte bringt als jeder andere Job. Du musst bereits lange profitable Zeiten gehabt haben die als Beweis gelten für deine Pokerfähigkeiten. Du musst genügend Zeit in das Pokerspiel bereits investiert haben um zu wissen, dass du wirklich dieses Spiel liebst und weiter lieben wirst sogar wenn es zum Zentrum deines beruflichen Lebens wird. Auch musst du erfahren haben was es heisst lange Durststrecken auszuhalten – weil diese sind Bestandteil eines professionellen Pokerspielers genauso wie die Gewinne.
Wenn du wirklich sicher bist das du alle Voraussetzungen hast um ein professioneller Pokerspieler zu werden, freue ich mich dich am Pokertisch zu sehen. Aber das Leben als Pro ist alles andere als einfach – man sollte sich daher keine falschen Illusionen machen und darauf basierend eine doch so weitgreifende und einschneidende Lebensentscheidung treffen.
Chris Ferguson
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 17.09.2007.