Als Vereinspräsident von Bad Beat Berlin e.V. kommt man zu allem, aber wirklich seltenst auch noch zum Pokern. Entsprechend habe ich gemeinsam mit meiner Familie in den Osterferien die Koffer gepackt und bin dorthin geflogen, wo es mit Sicherheit auch an Ostern schon warm genug ist, die Tochter im Meer schwimmen zu lassen, wo man dann täglich in der Sonne vor allem ungestört dösen, Pokerbücher lesen, gut essen und trinken und natürlich so ganz nebenbei auch mal eines kann: POKERN.

Macht man es sich also mal AUSNAHMSWEISE ganz einfach, dann bucht man ein All Inclusive Paket z.B. in Playa Dorada Nahe Puerto Plata, fliegt in 10 Stunden mal kurz dorthin, muss auch nicht wirklich gefährliche Krankheiten oder böse Tierchen fürchten und hat: URLAUB.
Der gesamte Komplex Playa Dorada besteht aus diversen Hotelanlagen, samt großzügigem Golfplatz direkt am Atlantik und neben einigen weiteren Einkaufsmöglichkeiten gibt es schließlich auch: 3 Spielcasinos.
Tatsächlich war ich noch keine 2 Minuten an der Rezeption angekommen, bis ich mich bereits mit Larry, einem leicht angetrunkenen Kanadier, zum ersten Pokermatch verabredet hatte. (Gibt es eine wesentlichere Frage im Hotel, als nach den Möglichkeiten, “richtiges” Poker zu spielen?)
Befand sich zwar auch direkt in unserer Hotelanlage ein “American Casino” so konnte ich mich sofort davon überzeugen, dass man von “Texas Holdem” dort noch nichts gehört hatte. Poker bedeutete hier nur Caribbean-Poker, eine Variante, die man Black-Jack mäßig alleine gegen die Bank spielt, und bereits meine Frage an die Dealerin nach den Regeln brachte eine deutliche Verwunderung und Unverständnis hervor. Wohl kaum jedoch, weil ich das Spiel nicht kannte, sondern wohl eher, weil ich mich tatsächlich für die Regeln interessierte, schien es doch an der Tagesordnung zu sein, dass jeder ganz prinzipiell einfach Geld in die Mitte schob und der nun kommenden Reichtümer einfach harrte. Auch Larry samt Frau schienen dieser Spielergattung zu frönen und stolz berichtete er mir fast täglich davon, dass er an seinem ersten Abend bereits 1000$ beim Caribbean Poker hatte gewonnen. Meine Hoffnung nun hier endlich eine Erklärung der Spielregeln zu bekommen, quittierte er mit einem kühnen Lächeln und dem Eingeständnis, er hätte keine Ahnung. Nicht viel anders, so mein Eindruck, schien es um seine Black Jack Kenntnisse bestellt, und habe ich wahrlich praktisch gar keine Ahnung von dem Spiel, so kommt es mir doch etwas verwegen vor, mit 16 (und einer 8 bei der Bank) noch eine Karte zu fordern?!
Davon also nicht ganz unbeeindruckt, begann ich (strikter Ignorant solch geistig anregender Spiele wie Roulette, BJ oder jener herrlich musikalischer Klingelautomaten Marke Stechuhr) mich auf das gemeinsame Pokerspiel mächtig zu freuen. Ostern stand vor der Tür und gerade an Ostern waren die Hotels nicht nur von trink -und spielfreudigen Kanadiern, sondern auch von (neureichen) Einheimischen geradezu vollgepfropft, die offensichtlich auch zwischendurch gerne mal eine Partie richtiges Poker (allesamt Texas Holdem NL Minimum Buy in 50$, 1/2$) spielen. Der einzige 10er Pokertisch in der Spielbank wurde in einem Land, wo man im Durchschnitt mit jedem Kleinbus alias “Quaqua” mit mindestens 25 statt der schnöde hier zur zugelassener 8 MitfahrerInnen sich über die Landstrasse bewegt, gerade erst einmal nur zum 12er Tisch erweitert,... und es wurde gezockt was das Zeug hielt. (Wahrscheinlich geht es in allen Spielcasinos der Welt genauso zu, wenn Pokerspieler zu Hauf versuchen, sich zu beweisen…?!). Ich glaube, den ganzen Abend über habe ich kein einziges Reraise erlebt, und ein Fold auf ein Raise, – para que es eso?
Merkwürdig häufig jedoch musste ich (und nicht nur ich) feststellen, dass ein Top-Pair-Nuts-Flush-Draw nach dem Flop so knapp runner-runner-mäßig gar nicht die beste Hand am Ende ergibt, auch sonst gewinnt auch Shorthanded eher selten die beste Starthand und ganz bestimmt wäre das Casino sicher schnell pleite, würde man einen Bad Beat Jackpot einführen?! (Nein, an dieser Stelle KEINE Bad Beat Storys – neigt der Autor zudem doch gerade auch weiterhin der Ansicht zu, Bad Beats sind – im Sinne des 4. Nebensatzes der Thermodynamik :”Frustrationen sind entwicklungsförderlich” – meist fast das Beste, was einem zuweilen so kann passieren.)
Lange Rede, etwas abgekürzt, waren die Osterfeiertage vorbei, waren in den Pharmazias Puerto Platas nicht nur die diversen hier ganz legalen Plagiate von Pfizers Vorzeigeprodukt ausverkauft, sondern es gab im ersten Casino auch keinen aktiven Pokertisch mehr, mangels Touristen. Beinahe notgedrungen machte ich mich auf ins Casino Nummer 2 am Platz, wo man bereits ab Heads-up spielte (und nicht erst ab 4) und wo man zu allem Überfluss nicht nur wie überall kostenlos Getränke, sondern hier auch noch Zigarren und einen kräftigen Bonus erhalten konnte. Für den Tausch von einmalig 80$ erhielt man 100$ in Chips, womit bereits das Roulette, sofern man nicht zu häufig spielt, einen positiven Erwartungswert bekommt.
Auch hier gab es außer Larry und mir nun keine weiteren Touristen, jedoch 2-3 einheimische “Pokerprofis”, die meines Erachtens auch noch nie ein Pokerbuch auch nur aus der Ferne haben gesehen, dafür aber bereits wohl gleich seit Eröffnung des Casinos (rund um die Uhr?!) am Pokertisch sitzen, auf Nachfrage erklären, sie hätte gerade die vor ihnen liegenden ca 500$ erst gewonnen – man will ja den Touristen Mut machen, und keineswegs sie abschrecken, ob der doch meist deutlichen rein schnöden finanziellen Übermacht… (Wahrscheinlich hatte ich in meinem Rucksack zeitweise die umfassendste Pokerbibliothek des Landes nicht nur ein- sondern nach 2 Wochen auch wieder mit ausgeführt.) Reraise – auch hier Fehlanzeige, Bad Beat jedoch mal wieder zu Hauf, und zudem eine Dealerin, die tatsächlich einmal? die Kaltschnäuzigkeit hatte, 10% meiner Chips beim Umtausch einfach so verschwinden zu lassen. Konnte ich hier in einer wahrlich zeitintensiven Diskussion mich durchsetzen, so schien mir Poker Marke Dom Rep ganz allgemein eher Blitzschach zu gleichen. Hatte man innerhalb von 2 Sekunden nicht geboten, so wurde dies als Check ausgelegt, und zuweilen begann ich mir gerade schon einen Spaß daraus zu machen, mich über meine “Lieblingsdealerin” zu mokieren, wenn ich mal wieder im BB mit 27 nicht die Zeit bekommen hatte, zu einem Raise anzusetzen. (Man hüte sich vor Bluffs! Fold auf eine Raise scheint den Einheimischen per Grundgesetz untersagt?!)
Es kam also wie es kommen musste, und nachdem auch noch Larry samt Frau seinen Heimflug antreten musste, begann ich den verschiedenen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, vor allem die Gratis-Zigarren einzusammeln, mich megatight im Wegwerfen wundersamer Starthände zu üben, und mich über die Boni zu freuen und manch Spielweise weiter zu wundern. (Gewinne oder Verluste scheinen mir hier nicht der Rede wert, und alles in allem darf konstatiert werden, waren die Erfahrungen und Zigarren für mich doch nicht allzu teuer.)
Prinzipiell scheint mir die DomRep gerade zu Ostern also ein wahres Pokerparadies zu sein. In Puerto Plata gibt es noch mindestens ein weiteres Casino und unweit davon hat ein Herr Meister aus Deutschland eine Ocean-World samt Delfin-, Seelöwen- und Tigershow gebaut und natürlich auch nicht ein großes Casino samt Las Vegas Show vergessen. Laut Einheimischen war dort an den Pokertischen nun aber auch nicht mehr geboten und so habe ich mir die Anreise zugunsten regelmäßigem Bonus gespart.
Fazit:
So ganz geheuer war’s mir nicht immer, aber insgesamt war es für mich, der ich ja prinzipiell und bekanntlich auch das Pokerspiel ohne Geldeinsatz sehr spannend findet, sehr angenehm, mit entsprechend niedrigen Limits einmal Mike Caros Hinweise in live und in spanisch, englisch und auch deutsch (einheimische Pokerspieler sprechen überraschend häufig gut deutsch, haben in Düsseldorf Maschinenbau studiert oder die Tochter lebt in der Schweiz…) am Tisch überprüfen zu dürfen. Kam mir auch sonst einiges Spanisch vor, so habe ich trotzdem den Spaß nicht verloren, zuweilen sogar Frau und Kind nicht vernachlässigt, und gerade für einen kleinen Pokerausflug eines “Stammtisches” könnte die Dom-Rep vielleicht sogar eine brauchbare Alternative zu Las Vegas darstellen. Den Gebrauch einer guten Sonnencreme vorausgesetzt, riskiert man auch nicht zwingend seinen hierzulande doch vornehm blassen Teint, Erfahrungen auch im erweiterten Umfeld des Pokerspiels kann man auf alle Fälle machen dort zu Hauf, das Land entwickelt sich rasant und Brad Pitt samt seiner Angie hat inzwischen nicht nur ein Appartement in Berlin, sondern lassen sich wohl gerade auch eine Finca in der Dom-Rep erbauen. Ob mit Casino oder nicht, das ist mir nicht bekannt. Alles in allem kann ich mir gut vorstellen, auch mal wieder Zigarren dort einzusammeln, und wer weiß, vielleicht kommt ja ganz alternativ mein nächster Pokerreisebericht jedoch besser direkt aus LV – bin ich doch gewesen schon immer Nichtraucher, fällt mir gerade wieder ein – und gibt’s was Wichtigeres als zu Sitzen am Pokertisch – schließlich ist man oft auch nur ein Mensch?! ;-)
Stefan Schüttler
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 23.04.2007.