Bisher hatte ich nur Ausflüge in die nähere Umgebung unternommen. Es gibt rund um Pattaya einige Attraktionen für die Leute, die nicht den ganzen Tag am Strand liegen wollen: Krokodil- und Schlangenfarm, botanischer Garten, Minisiam, Seeworld usw.
Außerdem hatte ich einige so genannte Visatrips an die kambodschanische Grenze gemacht. Wer langfristig in Thailand lebt und keine Arbeitsgenehmigung hat oder geschäftlich investiert, nicht verheiratet ist oder unter 50 muss alle zwei bis drei Monate ausreisen. So wie ich.
Es gibt eine regelrechte „Visaindustrie“ in Pattaya, die sich um alles kümmert. Man wird morgens abgeholt und fährt mit einem Kleinbus an die kambodschanische Grenze. Dort warten schon die vom Büro bezahlten Visaagenten, die einem die Grenzformalitäten abnehmen. Diese Visatrips wurden aber schnell langweilig deshalb beschlossen meine Freundin und ich in den Isaan zu reisen, die Reiskammer Thailands. Außerhalb der Reisernte gibt es dort nicht viel zu tun, deshalb versuchen viele Isaanbewohner in Bangkok oder Pattaya zu arbeiten.
Mit dem Billigflieger ging es nach Udon Thani der nördlichsten Stadt im Isaan. Am Flughafen wurden wir von Mutti, Onkel, Tanten usw. empfangen. Erstmal ging es – typisch Thai – ins Restaurant und es war selbstverständlich, dass ich als „reicher“ Ausländer bezahle. Als die Rechnung kam, wurde ich positiv überrascht: Nur knapp 20 Euro für 15 Personen! Auf der Fahrt zu Mutti überlegte ich mir sogar in den Isaan zu übersiedeln…
Die Mutter meiner Freundin hatte ein eigenes Haus mit Garten, was aber in keinster Weise westlichen Vorstellungen entsprach. Es bestand aus einem großen Wohn- und Schlafzimmer was aber zum größten Teil leer war. Es stand zwar ein Bett drin, aber Mutti schlief auf einer Matte traditionell auf dem Boden. Außerdem gab noch eine abgetrennte Küche in der aber nur ein alter Kühlschrank stand und Küchenutensilien. Das „Badezimmer“ war ein niedriger Verschlag außerhalb des Hauses mit Plumpsklo und Schlauch zum Duschen.
Das Leben spielte sich draußen ab, da es im Haus viel zu heiß war. Ständig kamen neue Leute: Nachbarn, entfernte Verwandte, die den Farang (westlichen Ausländer) begrüßen wollten und sich sicher auch Hoffnung auf ein zünftiges Besäufnis machten. Das wurde doch recht anstrengend, da ich nur ein paar Floskeln Thai konnte, aber es natürlich die Höflichkeit erforderte, etwas small talk zu betreiben. Englisch konnte außer meiner Freundin auch kaum jemand. Der aus dem Supermarkt mitgebrachte Alkohol war in Rekordzeit vernichtet und die diversen Gäste verlangten nach mehr Alkohol. Deshalb wurde ein etwa 10jähriger Junge losgeschickt, um Nachschub zu besorgen. Ich war doch etwas verdutzt als ich sah, dass er mit dem Motorrad losfuhr. Vermutlich war er der Einzige, der noch nüchtern war…
Nach einer recht unruhigen Nacht in dem stickigen Haus wurde ich schon früh durch diverse Hähne und Hunde geweckt. Morgens brachten wir die zwei Jungs, die bei Mutti lebten, erstmal in die Dorfschule. Hier war ein kleiner Stand aufgebaut, wo die Lehrerin pädagogisch Wertvolles wie Süßigkeiten, Comics und Plastikspielzeug an die Kinder verkaufte. Zur Freude der Kinder kaufte ich den halben Stand leer.
Danach ging es mit meiner Freundin zu einer Beerdigungsfeier eines entfernten Verwandten, die schon am frühen Morgen in vollem Gange war. Zunächst wurde ein Briefumschlag mit Geld an die Mönche übergeben, die nun für etwas Livemusik sorgten. Die Männer saßen etwas erhöht und becherten Lao Kao, den thailändischen Billigschnaps, die Frauen und Kinder saßen etwas abseits und bereiteten das Essen zu. Typische Isaankost: Höllisch scharf und alles ein wenig undefinierbar, so dass ich sicherheitshalber eine Magenverstimmung vortäuschte.
Weitere „touristische“ Glanzpunkte waren der Besuch von Muttis Reisfeldern, dem örtlichen Markt sowie ein Besuch im Wat (Tempel) des Dorfes. Nach einem Tag kannte ich eigentlich alles und begann mich zu langweilen.
Außerdem ging der Besuch ganz schön ins Geld. Es war zwar alles günstig, aber da ich immer bezahlte und die vielen Gäste bei Mutti ständig Hunger und Durst hatten, läpperten sich die Ausgaben.
Deshalb beschloss ich nach zwei Tagen auch weiterzureisen nach Laos und zurück über Chiang Mai im Nordwesten Thailands.
Dieser Kurzaufenthalt im Isaan war sehr interessant, aber für mich als „degenerierter“ Westler doch etwas zu spartanisch. Außerdem fehlte mir die perfekte Infrastruktur von Pattaya.
Im nächsten Teil wird wieder gepokert und ich beschreibe den schwierigen Umstieg von Fullring auf Heads Up Turniere.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 09.08.2007.