Wer ist Marco Mattes? Diese Frage stellten sich beim Main Event der diesjährigen WSOP plötzlich alle deutschen Pokerjournalisten, als der junge Spieler praktisch aus dem Nichts auftauchte. Völlig überraschend belegte der Deutsche aus Weinsheim einen bombastischen 23. Platz und kassierte dafür die stolze Summe von 352.832 Dollar.
Mit dieser unglaublichen Leistung ließ er Pokergrößen wie Peter Eastgate, Joe Hachem, Bertrand Grospellier und viele andere weit hinter sich. In unserem Interview spricht der sympathische Marco Mattes über den Endkampf mit Phil Ivey, sein Ausscheiden beim diesjährigen Main Event und die EPT Kiew.
Erst mal herzlichen Glückwunsch zu deinem Deep-Run bei der WSOP. Du bist ja vorher noch nie auf dem internationalen Pokerparkett zu sehen gewesen. Erzähl doch mal ein bisschen über dich. Wie alt bist du und wie bist du zum Poker gekommen?
Hi, ich bin 22 Jahre alt und komme aus dem beschaulichen Örtchen Weinsheim in Rheinland-Pfalz. Zum Pokern bin ich über eine Onlinewerbung bei einem Sportwettenanbieter gekommen und hab dann meine ersten Erfahrungen mit Sit-n-go Turnieren gemacht. Das mit dem internationalen Pokerparkett muss ich leicht korrigieren, ab 2008 hab ich ein oder zwei Livetrips im Jahr gemacht (Wien, Varna) und war dort auch relativ erfolgreich (3. Platz im 2000er Mainevent der Austrian Masters) und drei Final Tables in Bulgarien.
Wie lange spielst du schon und womit vertreibst du dir sonst die Zeit?
Ich spiele seit Mitte 2007 Poker, Anfang 2008 habe ich das Ganze dann mit etwas mehr Ernsthaftigkeit gespielt, vorher war es einfach nur ein netter Zeitvertreib für mich. Aktuell studiere ich BWL an der privaten Fernhochschule AKAD und sonst treibe ich gerne Sport (Tennis, Volleyball, Tischtennis), gehe gern Feiern und fahre gern schnelle Autos.
Im Main Event mal ohne SonnenbrilleWie bist du im Main Event der WSOP 2009 gelandet?
Ich habe mich relativ spontan 2 Wochen vor der WSOP mit einem Kumpel (Heiko, aka Swapshop) entschieden ein Zimmer in der Luckbox-Villa in Vegas zu nehmen und die 5 Wochen in Vegas zu verbringen. Eigentlich wollte ich viel spielen, aber dann kam mal wieder die Faulheit und ich habe es geschafft, in 5 Wochen “sagenhafte” drei Turniere zu spielen. Ein Deepstack-Turnier im Venetian (39. Platz) ein 1500er NL WSOP Event bei dem ich nach 30 Minuten meinen Platz wieder räumen durfte und dann das WSOP-Mainevent für das ich mich direkt eingekauft habe.
Wie hast du den Main Event erlebt und was war es für ein Gefühl, mit den Dinosauriern des Pokers zusammen am Tisch zu sitzen?
Hmm, ich hab es eigentlich Tag für Tag neu erlebt. Tag 1 wusste ich so gar nicht, was auf mich zukommt, ich wusste nur, dass ich “deepe“ Turnierstruckturen sehr mag und sie meiner Spielweise entgegenkommen und dass ich live recht gute Reads auf Spieler habe. Also habe ich beschlossen, einfach mein Spiel durchzuziehen und den ersten Tag zu überleben. Dass ich dann in Level 1 gegen den Gewinner des Mainevents von 2007 für 300BB mit AA gegen KK verdopple, wusste ich bis dahin noch nicht ;) Ab dann habe ich einfach Tag für Tag gedacht, dass ich es schaffen kann den nächsten Tag zu erreichen und das ist mir dann ja bis Tag 8 auch gelungen. Mit den “Dinosauriern” war das eigentlich kein großer Unterschied, außer an Tag 7 als ich zum ersten Mal Phil Ivey am Tisch hatte, da habe ich dann die erste halbe Stunde schon etwas zu viel Respekt gehabt und erst mal zurückhaltender agiert. Das hab ich mir dann aber relativ schnell wieder aus dem Kopf geschlagen und einfach ganz normal probiert, mein Spiel durchzuziehen.
Wie war es, am letzten Tag gegen Ivey mit Buben zu verdoppeln und dann gegen Maimone mit AK gegen Queens den entscheidenden Coinflip zu verlieren?
Das Gefühl QQ gegen Iveys Buben war kein anderes als meine QQ gegen irgendeinen anderen Gegner. Als ich seine Karten sah und realisierte, dass ich etwa 80% Favorit bin, dachte ich nur “jetzt kann sowas auch mal halten…”Die Hand gegen Maimone war da schon anders, komischerweise war ich irgendwie total ruhig innerlich und dachte mir nur ” jetzt einmal diesen Coinflip gewinnen und ich hab ne 80% Chance, die November Nine zu machen”. Bis zum River hab ich auch fest dran geglaubt, aber dann wars doch leider nichts ;) Ich glaub, meine Stimmung in dem Moment drückt dieses Bild ganz gut aus!
Wie hast du die letzte Hand des Turniers erlebt, als du mit 55 gegen 88 von Joe Cada rausgeflogen bist?
Das war im Endeffekt dann vollkommen unspektakulär, ich habe etwa 8 oder 9 BBs zu dem Zeitpunkt und pushe mit Pocket-Fives all-in und bekomme einen Snapcall von Cada, der auch short ist. Ich wusste, dass ich in dem Spot so oft dominiert bin und musste dann aber noch etwa 2 Minuten warten bis alle anderen gefoldet hatten um dann zu sehen, gegen was ich antrete. Als ich gesehen habe, dass ich zu 80% hinten liege, hatte ich keinerlei Erwartungen mehr und hab mich somit schon geistig auf das Aus vorbereitet.
Wer war für dich der stärkste Gegner?
Stark waren Phil Ivey, wobei wir keine wirklichen Hände gegeneinander hatten und ein unbekannter Onlinespieler, der eine Hand am TV Table gegen mich gespielt hat und auf die ich sehnsüchtig in der ESPN Coverage warte ;)
Was machst du mit der Kohle?
Ich werde einiges beiseitelegen und den Rest ins Poker “reinvestieren”!
Mist, als 23. ausgeschieden und “nur” 352.832 Dollar kassiert…Was sind deine Pläne für die Zukunft? Welche größeren Turniere wirst du spielen?
Ich werde wohl einige EPTs spielen, wobei die erste EPT in Kiew nicht wirklich mein favorisiertes Ziel ist. Ich weiß auch noch nicht ob ich die EPT Barcelona spielen werde, weil zeitgleich die US Open (Tennisturnier) stattfinden und ich relativ aktiv und gerne live Sportwetten tätige und sich das dann leider überschneidet. Sonst plane ich an anderen Events wie z.B. Turnieren im Süden, bei denen man etwas Urlaub und Pokern verknüpfen kann, teilzunehmen. Danach werd ich wohl auch die WSOPE spielen und hoffen, dass ich an den Erfolg anknüpfen kann.
Wenn dich jemand fragen würde, worauf es beim Pokern ankommt, was würdest du ihm antworten?
Ich glaube man sollte da zwischen Live und Onlinepoker etwas unterscheiden. Beim Livepoker braucht man Geduld, Belastungsfähigkeit, Ausdauer und eine gute Menschenkenntnis. Natürlich muss man auch den spieltheoretischen Hintergrund haben, auf den es aber beim Onlinepoker viel mehr ankommt.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft.
Danke!!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.08.2009.