Hamburg. Feines Hotel. Treffpunkt Foyer. Verabredung zum Frühstück mit dem Gladiator. Ich also mit meinen 1,76 Meter und 62,4 Kilo chronischem Untergewicht bin pünktlich da und freu mich schon. Der Boden erbebt und ich sehe mich 1,96 Meter und 115 Kilo gegenüber. Mister Universum. Reinste Muskelmasse. Was für ein Körper. Ralf Moeller himself. Der mittlerweile (unglaubliche) 50 Jahre alte, gebürtige Recklinghäuser lebt schon seit langer Zeit mit Frau und Kindern in den USA.
Einer der bekanntesten deutschen Schauspieler und sicherlich der Top-Export in die USA. Auch hierzulande extrem beliebt. Was auch auf seine Art zurückzuführen ist. Ein offener, netter Typ, der sich sozial und politisch engagiert. Dafür auch im Laufe des Januar das Bundesverdienstkreuz erhält.
Ralf, guten Morgen. Schön, Dich mal wieder in Deutschland zu treffen. Nun erst mal nen anständigen german coffee und dann reden wir über Pokern. Wann hat Dich der Bazillus befallen?
John Wayne hat schon gepokert. James Bond auch. Und auch mich hat irgendwann dieser Bazillus befallen. Als in Amerika die Pokerwelle hochkam. Da hat es auch mich gepackt. Obwohl ich ehrlich sagen muss, ich spiele nicht allzu oft und bin kein professioneller Pokerspieler. Aber es macht irren Spaß. Abseits vom Gewinnen, es macht einfach Spaß. Und nach jedem Spiel könnte ich sofort weiterspielen. Du siehst, es hat mich gepackt.
Was macht für Dich die Faszination dieses Spiels aus?
Du siehst, es hat mich gepackt. Es packt einen in dem Moment, in dem man das erste Mal seine zwei Karten aufdeckt. Die größte Faszination für mich ist, das fällt mir selbst als Schauspieler nicht leicht und ich musste es mir antrainieren, ein Pokerface aufzusetzen. Keine Freude zu zeigen, wenn man eine starke Starthand hat und nicht in sich zusammenzusinken, wenn man Müll umdreht. Obwohl auch das Spaß macht, mit einem schwachen Blatt zu gewinnen. Einfach vorgeben, eine starke Hand zu halten.Ein weiterer Faktor ist das Zwischenmenschliche. Das passiert einfach beim Pokern, wenn so viele Menschen aufeinandertreffen. Und das macht auch den Thrill aus. Es ist wie beim Film. In jedem guten Thriller ist es immer das Belauern, das Abtasten, das Zwischenmenschliche, das einen packt.
Das hört sich ja pokerbegeistert an.
Yes. In Amerika schau ich viel Pokerfernsehen, wir haben da ja einige Sender, die rund um die Uhr übertragen. Es ist auch in dieser Form Unterhaltung pur.
Du kommst ja aus dem Sport. Ist Pokern Sport?
Ja, definitiv. In vielen Bedeutungen. Zum einen körperlich, du musst einfach topfit sein, besonders bei langen Spielen. Du kannst nicht müde, untrainiert und mit Alkohol und Zigarren eine lange Runde durchhalten. Dein Körper muss den Stress aushalten. Und das geht nur, wenn du fit bist.Aber es ist auch ein Sport in dem Sinne, dass man gewinnen und verlieren kann. Dieses muss gelernt werden. Und du musst lernen, mit Enttäuschungen umgehen zu können. Wie im Sport. Man muss lernen, und das bringt einem Pokern bei, nicht aufzugeben. Never give up. Ein gesellschaftlicher Aspekt sogar.
Ist Poker ein gesellschaftliches Phänomen, kann man Parallelen zum real life ziehen ?
Ja, Poker ist durchaus ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Jeder pokert. Jeden Tag. Auch ohne Karten. Wir alle pokern. Geistig. Täglich. Sei es im Job, in Beziehungen, im tagtäglichen Leben. Und schau dir nur die Politik an. Oder noch besser – die Wall Street. Das ist Pokern. Ohne Karten.
Mit wem würdest Du gerne am Pokertisch sitzen?
Da bin ich offen. Alle Typen sind willkommen, am liebsten schräge Leute. Vor allem aber solche mit Charakter. Und natürlich Frauen. Sehr gerne Frauen. Es ist ja irgendwie immer noch eine real man domain, aber ich finde es gut, dass jetzt immer mehr Frauen den Zugang zum Pokern finden.
Du hast ja im DSF auch schon gegen Frauen gespielt.
Ja, und das waren Topspielerinnen. Und – ich habe beide überlebt. Beide vom Tisch genommen. Das war bei diesem Spiel mein einziges Ziel, nicht Letzter zu werden.
Bist Du ein Spielertyp, ein Zocker?
Nein.
Es gibt also in Las Vegas keine privaten Zockerrunden mit Moeller, Schwarzenegger, Brad Pitt und Tiger Woods, wo es um Millionen, Luxusautos und möglicherweise Frauen geht?
Nein.
Wie bezeichnest Du Deinen Spielstil beim Pokern?
Ich bin relaxt. Im Prinzip eher ein zurückhaltender Spieler. Aber es brodelt innerlich. Und irgendwann wird angegriffen, irgendwann musst du ja angreifen. Zumindest spiel ich den relaxten Typen, und dann wird zur Attacke geblasen.
Gehst Du auch über die Mathematik? Oder nur über den Bauch?
Ich mach vor allem am Anfang viel über Bauch. Aber je weniger Chips man hat, desto mehr Mathematik kommt ins Spiel. Aber zuviel Mathe ist manchmal auch nicht gut, es kann dich bremsen.
Poker hat ja nun auch mit Image zu tun. Wie setzt Du deine diversen Images ein? Zum einen deine Körpergröße, deine Erscheinung. Es müsste ja nur aufgrund der Körperlichkeit ein einfaches sein, böse zu wirken. Angsteinflößend. Ich würde mich nicht trauen, Dich wegen eines schlechten Calls zu beleidigen.
Ich bin aber ja nicht so, und das merkt man sofort. Aber ich spiele den Sorglosen, den Entspannten und gebe so den anderen das Gefühl, mich lesen und kontrollieren zu können.
Zum anderen traut man dir als Schauspieler nicht wirklich zu, gut pokern zu können?
Ja, auch damit kann ich natürlich spielen. Und das so einsetzen, wie ich will. Und wie es in den jeweiligen Situationen angebracht ist. Und dann erwacht mein Jagdinstinkt, dann werde ich zum Torero. Poker ist wie spanischer Stierkampf.
Und noch eins zum Image. Weibergeschichten, Drogen, Prügeleien. Manchmal helfen ja auch Skandale. Da kannst Du nicht wirklich mit dienen, oder?
Nein. Und ich werde damit auch nie anfangen. Nicht einmal für Poker.
Was sind Deine Ziele beim Pokern?
Erstens – ein unterhaltsames Spiel für mich aufzubauen. Zweitens – diese Unterhaltung häufiger zu haben. Drittens – besser zu werden. Und – sollte mich jemand aus der Branche fragen, ich könnte mir durchaus vorstellen, meine Popularität hier einzusetzen. Auch und besonders für karitative Zwecke.
Pokern als Charity Event?
Ja, natürlich. Ich engagiere mich ja sowieso sehr stark und könnte meinen Namen hier einbringen. Für beispielsweise starketypen oder dolphin aid, die ich ja aktiv unterstütze. Oder den RTL-Spendenmarathon. Man muss ja nicht nur Werbegesicht sein, man sollte seine Bekanntheit auch entsprechend sozial einsetzen. Pokerturniere für den guten Zweck, Spenden sammeln, vor Ort sein und so vieles mehr.Und auch – das ist ein großes Anliegen von mir, für unsere Soldaten in Afghanistan was tun.
Du warst ja letztes Jahr schon da.
Ja, und in diesem Jahr werde ich mit unserem neuen Verteidigungsminister wieder rüberfliegen. Letztes Jahr hatten wir Fitnessgeräte mit, jetzt würde ich gerne mit drei Pokertischen und Chips und Karten rüberfliegen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.01.2010.