Die jüngste Suspendierung von Brian Townsend als Red Pro durch die Verantwortlichen von Full Tilt hat große Diskussionen in der Pokerszene ausgelöst.
Erinnern wir uns, dem amerikanischen Online-Profi wurde dreißig Tage der Red-Pro-Status entzogen, nachdem bekannt wurde, dass er an Material aus dritter Hand kam, mit dem er sich auf sein Duell mit Isildur1 vorbereitete. Zu den 20.000 Händen, die er selbst gegen den schwedischen Internetmythos gespielt hatte, hatte er 30.000 weitere Hände zur Verfügung, um Isildur1s Spiel zu analysieren.
Selbstverständlich gehört zu einem ernsthaften Pokerprofi auch die Analyse von Händen und Gegnern, doch wie lauten die Regeln der großen Pokeranbieter im Internet hinsichtlich der Benutzung eines sogenannten EPA-Programms (External Personal Assistance) und wie ist die Entscheidung von Full Tilt zu bewerten?
Schauen wir uns zunächst das Regelwerk von Full Tilt an, wie es auf der Website definiert ist. Full Tilt Poker verbietet die Benutzung von EPAs (External Personal Assistance Programs), die darauf ausgerichtet sind, Spielern einen unfairen Vorteil zu verschaffen. Full Tilt definiert diese Programme als Software (die nicht der Full Tilt Poker game client sind) und Datenbanken oder Profile (sprich andere Internetseiten oder Abo-Dienstleistungen). Full Tilt definiert als unfairen Vorteil, wenn ein Spieler auf Informationen zugreift oder diese zusammenstellt, die über das hinausgehen, was er selbst durch sein Spiel oder das des Gegners beobachten konnte.
Streng genommen erlaubt Full Tilt auf diese Weise zwar seinen Spielern, die eigenen Hand Histories zu studieren, aber nicht den Blick auf gefoldete Karten eines Showdowns, an dem der Spieler nicht selbst an der Hand beteiligt war. Dies wiederum ermöglichen einige EPAs.
Werfen wir nun zum Vergleich einen Blick auf das Regelwerk von PokerStars, das zunächst kaum präziser formuliert ist. Allerdings werden auf einer eigenen Seite (eine Subseite des Anbieters) etliche Programme abgehandelt, die erlaubt bzw. nicht erlaubt sind. Dabei werden 57 Programme angegeben, die generell verboten sind und weitere 17, die nur benutzt werden dürfen, wenn PokerStars nicht geöffnet ist.
Der Wortlaut der Regel: PokerStars verbietet diejenigen EPAs, die darauf ausgerichtet sind, Spielern einen „unfairen Vorteil“ zu verschaffen. PokerStars definiert Computer-Softwares (andere als PokerStars) sowie Datenbanken und Profile (Webseiten und Abo-Dienstleistungen) als externe Programme. PokerStars definiert als „unfairen Vorteil“ jedes Vorkommen, in dem ein Spieler auf Informationen über andere Spieler zugreift oder diese zusammenstellt, die über das hinausgehen, was er selbst durch sein Spiel oder das des Gegners beobachten konnte.
Der Text ist bei PokerStars nicht nur fast wortgleich formuliert, er erlaubt vielmehr wie Full Tilt die Analyse des eigenen Spiels, verbietet aber gleichzeitig Programme, die einen Datenaustausch ermöglichen.Ganz ähnlich sieht es bei fast allen Anbietern aus, die Texte sind fast überall annähernd identisch. Womit wir bei der Realität angekommen wären und den Umgang der großen Pokeranbieter mit den wichtigsten Hilfsmitteln untersuchen wollen.
So stehen etwa PokerTableRatings (die größte Datenbank für Cashgames) und SharkScope (die größte Datenbank für Turniere) nicht auf dem Index von PokerStars. Allerdings ist die Benutzung von SharkScope während des Spielens verboten, doch ansonsten explizit erlaubt. Beide Programme stehen nicht unbedingt im Einklang mit den sehr harsch formulierten Regeln der Anbieter.
Neben diesen Informationsquellen sind noch Programme wie PokerTracker und Hold’em Manager zu nennen, die Gegnerdaten auf dem Bildschirm anzeigen. Diese Programme sind explizit erlaubt, da sich die Daten nur auf selbst gespielte Hände stützen, doch über die einschlägigen Foren findet ein reger Austausch von Spielerdaten statt – ein Regelbruch, der kaum zu verhindern ist.
In der Praxis sind die Verbote der Internetanbieter wenig wirksam und auch recht blauäugig, da es beim Pokern für die meisten ums Gewinnen geht und (so definierte) unlautere Wettbewerbsvorteile kaum nachweisbar sind. Im Fall Brian Townsend hat Full Tilt Poker zweifellos gemäß seiner Regeln entschieden, doch ein stillschweigender Verstoß wäre niemals ans Tageslicht gekommen. Liegt den Anbietern wirklich etwas daran, ihre Spieler zu schützen, sollten sie diesen ermöglichen, ihren Screennamen regelmäßig zu ändern. Dies ist bei Cake Poker möglich, bei den meisten Konkurrenten jedoch nicht.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 05.01.2010.