Niemand kommt mit dem Auto besser durch San Francisco als mein Freund Alex. Er zögert nicht. Gibt es eine Lücke, stößt er hinein. Gibt es einen Stau, umfährt er ihn. Und beim Parken ist Alex der selbsternannte König.
Er macht es schlau wie beim Poker, indem er die Risiken und Chancen jeder Aktion abwägt, die Variablen für sich betrachtet und deren Wert einschätzt, um anschließend den besten Spielzug zu wählen.
Folgendes erwartet Sie, wenn Sie sich zum ersten Mal mit Alex einen Film in San Francisco anschauen. Sie setzen sich in sein Auto, fahren zwei Häuserblocks weiter, um eine Zeitung zu kaufen, in der das Programm steht. Alex bremst hart vor einem Hydranten, etwa zwei Meter vor einem Kiosk. 30 Sekunden später ist er mit einer Zeitung wieder da. Sie durchstöbern das Programm und einigen sich auf einen Film. Das Problem ist, dass der Film in 15 Minuten beginnt, das Kino aber 20 Minuten entfernt ist. Aber das ist nicht Ihre eigentliche Sorge. Etwas anderes ist das Problem. Das Parken.
Sie wissen, dass es im Schnitt zwanzig Minuten dauert, um einen Parkplatz auf der Straße zu finden, der durchschnittlich zehn Fußminuten vom Kino entfernt ist. Viel zu weit. Oder Sie bezahlten 10 Dollar pro Stunde für eine Tiefgarage, die drei Blocks vom Kino entfernt ist. Von dort dauert es zehn Minuten, zu parken und zum Kino zu gehen. Für je 5 Dollar können Sie also 20 Minuten kaufen. Aber das ist immer noch hoffnungslos. Sie können es auf keinen Fall rechtzeitig ins Kino schaffen. Das wäre ein guter Fold.
Sie schlagen Alex vor, auf eine spätere Vorstellung des Films zu warten. Aber es ist zu spät, weil Sie bereits in seinem fahrenden Auto sitzen. Alex schaltet hoch, um in eine vierspurige Einbahnstraße einzubiegen. Er beschleunigt über eine rotwerdende Ampel und schiebt sich in eine Lücke, die 35 Zentimeter länger ist als sein Wagen. Es wird gehupt. Alex gestikuliert. Sie legen Ihren Sicherheitsgurt an.
Neun Minuten später kommen Sie am Parkhaus an. Sie wissen, es ist fast unmöglich, schneller einen Parkplatz in der Nähe zu finden. Sie schlagen vor, die zehn Dollar Parkgebühren zu teilen und möglichst rasch den Wagen zu verlassen.
Alex ignoriert sie, während er eine Nervenschlacht mit einem Cable-Car gewinnt. Dann macht er eine scharfe Wende auf einer fünfspurigen Straße. Er fährt einige Meter gegen die Fahrtrichtung und schneidet scharf in eine verbotene Parklücke. Das Kino ist 9 Meter entfernt. Sie haben Zeit, sich Popcorn zu kaufen und sich ein oder zwei Vorfilme anzuschauen.
Sie fragen: “Alex, hast Du keine Angst, einen Strafzettel zu bekommen?”
Jetzt wird es verwirrend und großartig. Alex antwortet, „Der Strafzettel kostet nur 5 Dollar, halb soviel wie das Parkhaus. Gib mir die 5 Dollar, die Du sowieso ausgeben wolltest und Du hast ein gutes Geschäft gemacht.“ Er grinst.
Ratlos und verdutzt geben Sie Alex fünf Dollar. Durch die Popcorn-Schlange ins Kino, Platz genommen, der Film beginnt und alle Gedanken an das Parken sind verschwunden.
Der Film ist vorbei, sie kommen aus dem Kino. Alex schaut in Richtung Auto und sagt, „Super, kein Strafzettel.“
Sie: “Und meine fünf Dollar? Willst Du sie behalten?“
Alex: “Natürlich. Hätte ich einen Strafzettel bekommen, hätte ich ihn komplett bezahlt. Verstehst Du das nicht?
Alex erklärt: “Ein Strafzettel kostet hier 25 Dollar. Die Wahrscheinlichkeit, hier einen zu bekommen, beträgt in anderthalb Stunden 20 Prozent. Also kostet es im Schnitt 5 Dollar, hier zu parken und außerdem war es nah am Kino, damit wir entspannt in den Film gehen konnten.“
Alex fährt fort: “Selbst wenn ich einen Strafzettel bekommen hätte, hätte ich theoretisch umsonst geparkt, weil Du meine Hälfte der 5 Dollar bezahlt hast. Ich bekam ein Freispiel und habe Zeit gespart!“ Sein Stimme erhebt sich, als der Wagen in den Verkehr sticht, „Ich bin der Park-König von San Francisco!“
Bei der nächsten Poker-Partie erkennen Sie, dass alle Ihre Einsätze beim Poker dem Parken mit Alex entsprechen. Seine Parkplatz-Berechnungen enthalten Variablen. Bei jedem Ausgang haben einige Variablen absoluten Wert und manche nicht. Der Preis des Parkscheins war absolut und die gesparte Zeit auch. Aber die Wahrscheinlichkeit, einen Strafzettel zu bekommen, war die entscheidende Variable in der Parkplatz-Gleichung und wer kann sagen, wie hoch sie wirklich war? Nur jemand mit Erfahrung und dem absoluten Durchblick beim Parkplatz-Spiel.
Nehmen wir an, Sie sind bei Limit Hold’em auf dem River, haben nichts, Ihr Gegner checkt und Sie müssen sich für oder gegen einen Bluff entscheiden. Der Betrag im Pot ist absolut. Die Betrag, den Sie mit Ihrem Bluff setzen, ist absolut. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Gegner foldet? – Das ist das Geheimnis, das schlauem Parken entspricht.Fragen Sie Alex, er wird es meiner Meinung nach wissen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 29.04.2009.