Von Caracas in Venezuela nach Panama in… äh na ja, Panama zu kommen, heißt, sich zu erholen. Alles ist entspannter. Die Menschen auf den Straßen sehen einen freundlich an und man wird oft gegrüßt und grüßt zurück.

Panama Stadt selbst zerfällt in zwei Teile. Wenn man am Pazifik in der Nähe des kleinen Yachthafens steht, erlebt man dies besonders deutlich. Schaut man nach links, sieht man eine Landzunge, auf der wohl gerade Manhattan nachgebaut wird. Immerhin stehen in Panama acht der zehn größten Hochhäuser Lateinamerikas. Und auf dieser Landzunge versucht man ganz sicher, die zehn vollzumachen. Schaut man nach rechts, sieht man auf einer anderen Landzunge das alte Panama. Es ist entzückend. Ein bisschen wie Havanna. Mit dem Charme der alten Zeit und dem Gammel, nein, der Patina jener Zeit belegt. Alles atmet Geschichte. Dort empfehle ich übrigens das „Museo de Historia“. In zwei kleinen Zimmerchen haben sie ein paar Bilder, Musikinstrumente, Dokumente und vier Flinten ausgestellt, die von der ruhmreichen Geschichte Panamas erzählen. Süß.

Leben ließen, Quelle: carstenweidling.de
Und Panama heißt auch spielen können. Es gibt einige Casinos. Und in zweien kann man pokern. Im Majestic und im Veneto. Vorweg eines: ich kann beide ohne Einschränkung empfehlen. Im Veneto spielt meine heutige Geschichte. Das Casino ist groß und hat beinahe Vegas-Format. Vom Automatensaal bis zum klassischen Spiel gibt es alles. Zudem einen Baccarat-Saal und eine wunderschöne Poker-Launch. Im großen Saal stehen eine Bühne, auf der gern mal eine Band spielt, und drei kleine Bühnen, auf denen schöne Frauen in Sambakleidern tanzen. Und der Laden, ich muss es erwähnen, ist rappelvoll mit jungen und wunderschönen Frauen, die ganz offensichtlich gegen einen Teil des Gewinnes für die Sieger der Nacht noch ein paar Extra-Trophäen bereithalten.
Der Pokerraum. Gute Drinks und leckeres Essen sind kostenlos. Gespielt wird natürlich um US-Dollar, da es leider die einheimische Währung Balboa nur noch als Münzen gibt und sonst der Dollar das Leben und so auch das Spiel bestimmt. Die Dealerinnen sind bildschön, wenn auch sehr langsam. Oder nennen wir es gelassen. Ja, das passt hier wirklich besser.

Quelle: carstenweidling.de
Doch das beeindruckteste waren die Spieler. Ich kam aus dem Schmunzeln nicht heraus, als wir gegen 20 Uhr einen 5$/5$ Hold`em-Cash-Tisch eröffneten. Ich war mit 43 Jahren der zweitjüngste. Der Tisch war umringt von Herren über 60, in weißen Leinenhemden oder -Anzügen. Bei Espresso, Rotwein und Whisky wurde ein bisschen gepokert. Ich verfiel regelrecht in eine Fantasiewelt und wollte mir noch vorstellen, wie Zigarren gepafft wurden, alle Panamahüte trugen und über Politik diskutiert wurde.
Allerdings waren die braungebrannten Lebemänner mit den Goldketten und den Gold-Rolex viel enthusiastischer als man glauben mag. Sie waren alle so laut und so voller Temperament, dass es geradezu ansteckend und mitreißend war. Und so sehr sie auch mit fieberten, so war das Spiel immer nur eine von diversen Angelegenheiten am Tisch. Alle waren ständig irgendwie ablenkt vom Gespräch, Getränk oder Essen. Zu einem Zeitpunkt hatten fünf Spieler gleichzeitig ihr Essen und bis ich mit callen dran war, hatte ich Spinnweben auf den langsam einstaubenden Karten.

Quelle: carstenweidling.de
Aber es war schön. Irgendwie erhebend, stilvoll und gediegen, wenn auch laut. Und ungelogen, keine Übertreibung und kein Autorenfantasieexzess: einer der Herren holte tatsächlich vergilbte Schwarzweißfotos raus, die ihn mit Kameraden am Panzer zeigten. Da war er noch in der Griechischen Armee im Korea-Krieg. Hat man so was schon erlebt. Sensationell!
Der Vollständigkeit halber muss ich erwähnen, dass später die jungen Spieler (Warum hat in Süd- und Mittelamerika jeder junge Typ mindestens zwei Handys?) an den Tisch kamen und nun alles wie üblich lief. Zumal sich die in Würde ergrauten Herren gegen 23 Uhr zur Nachtruhe begaben. Sicher nicht, ohne vorher noch einen Cherry auf die Helden der Nation um Vasco Núñez de Balboa, und auch auf die 194 in Korea gefallenen Kameraden zu leeren. Ja, die drei ersten Stunden mit den Gentlemen der alten Schule werden für mich ein Pokererlebnis der Extraklasse bleiben.
Danke Panama! Und darauf einen Sherry.
Euer Carsten Weidling on Tour
Wer mehr über Carsten und seine Weltreise erfahren möchte, kann gern auf www.carstenweidling.de nachlesen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 07.04.2010.