Um als Chipleader an den Final Table des Main Event der WSOP zu kommen, muss man gelinde gesagt „auch mal eine Hand gewinnen“. Das gelang Jonathan Duhamel nicht nur in der bereits legendären Konfrontation mit Matt Affleck , sondern zuvor auch in einer nicht minder wichtigen Hand gegen Robert Pisano.
Für den amerikanischen Cardplayer kommentierte der 22-jährige Kanadier diese Hand, die ihn entscheidend nach vorne brachte. Zunächst aber der Verlauf der Hand bei Blinds von 60.000/120.000 plus 15.000 Ante.
Nach lauter Folds raist Duy Le vom Button auf 305.000, worauf Duhamel (Stack: 8,865 Millionen) mit 5 4 vom Small Blind auf 865.000 reraist. Robert Pisano (9,125 Millionen) im Big Blind hat A K und callt wie auch Le. Der Flop bringt 7 3 2 und Duhamel checkt. Pisano setzt 1,65 Millionen, Le foldet und Duhamel callt. Der Turn bringt das A und Duhamel spielt 1,875 Millionen an. Pisano denkt eine Minute nach und schiebt seine restlichen 4,72 Millionen in die Mitte. Duhamel callt natürlich mit dem Wheel und Pisano ist Drawing Dead. Duhamel verdoppelt auf mehr als 18,7 Millionen und Pisano verbleiben nur noch 260.000. Am Ende muss er sich mit Platz 23 begnügen.
Nun Duhamels Gedanken zur Hand:
Frage: Du brachtest mit niedrigen Suited Connectors eine 3-Bet aus dem Small Blind. Wolltest Du einfach nur Les Raise vom Button einsammeln?
Jonathan Duhamel: Ja, natürlich. Er raist nach lauter Folds fast immer vom Button, daher war mein ursprünglicher Plan, den Pot schon vor dem Flop zu gewinnen.
Frage: Dann callte Robert Pisano im Big Blind.
Jonathan Duhamel: Ja, das machte mir Sorgen. Meine erste Einschätzung war, dass er ein Pocket Pair hatte, vielleicht Achten, Neunen, Zehnen oder Buben.
Frage: Auf dem Flop hast Du einen Open-ended Straight Draw getroffen, warum hast Du als Preflop-Aggressor keine Continuation Bet gebracht?
Jonathan Duhamel: Das hätte ich sicher tun können, aber auf diesem Flop glauben mir meine beiden Gegner wenig. Nicht nur das, sondern der Big Blind foldet nach keiner Bet, wenn er wirklich die Hand hat, auf die ich ihn gesetzt habe. Noch schlimmer wäre es, wenn er nach einer Bet hoch reraist, weil ich dann meinen Draw aufgeben muss.
Ich entschied mich für einen Check und hoffte, dass sie ebenfalls checken. Stattdessen setzte der Big Blind, aber so wenig, dass die Implied Odds meines Erachtens ausreichten. Eine andere Option war ein Check-Raise auf dem Flop, ich hatte aber das Gefühl, dass er mit dem oberen Ende seines Spektrums, also etwa Buben, auf jeden Fall callen würde. Das hätte mich in eine schwierige Lage gebracht, wenn ich auf dem Turn nichts treffe, da ich keine Position habe.
Frage: Auf dem Turn kam das Ass und brachte Dir das Wheel. Warum ahst Du Dich entschieden, urplötzlich zu setzen?
Jonathan Duhamel: Zu diesem Zeitpunkt setzte ich ihn immer noch die genannten Hände. Das Ass hat mir zwar die Straight gebracht, kann aber auch meine Chancen auf einen größeren Gewinn reduzieren, da es meinen Gegner durchaus von einer Bet abhalten kann. Checke ich, checkt er mit Zehnen oder Buben fast sicher auch. Eine niedrige Bet auf dem Turn, die wie eine Block Bet aussieht, und eine anschließende, weitere niedrige Bet auf dem River schien mir die beste Chance, aus der Hand Gewinn herauszuholen. Zumindest dachte ich das.
Frage: Dann überraschte er Dich mit einem All-In. Worauf hast Du ihn in diesem Moment gesetzt?
Jonathan Duhamel: Ehrlich gesagt hatte ich dazu gar keine Zeit. Ich glaube, ich überlegte, dass er ein Paar Siebenen haben könnte, aber ich hatte ja die Nuts, daher spielte das keine Rolle. Schön war natürlich, dass er schon Drawing Dead war.
Frage: Was hat Dein Gegner Deiner Meinung nach falsch gemacht?
Jonathan Duhamel:: Der größte Fehler war vermutlich, dass er vor dem Flop keine 4-Bet gebracht hat, doch bleiben wir bei seiner Spielweise, dem Call. Die Bet auf dem Flop stört mich nicht, aber auf dem Turn hätte er vermutlich callen müssen. Der Grund ist, dass ich, falls ich bluffe, wahrscheinlich auch auf dem River bluffe, d.h er verliert mit der besseren Hand kaum Chips, reduziert aber seine Verluste, wenn er hinten liegt. Wer weiß, vielleicht kommt auf dem River eine gefährliche Karte und er kann einen guten Fold machen und Chips sparen.
Wir danken dem Cardplayer für die Abdruckgenehmigung dieses Interviews.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 28.07.2010.