Die Frage, ob Poker ein Glücks- oder ein Geschicklichkeitsspiel ist, ist zu einem wahren Glaubenskrieg geworden. Jetzt hat der renommierte Rechtsanwalt Dr. Wulf Hambach von der Kanzlei Hambach & Hambach in München einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er für eine juristische Einordnung von Texas Hold‘em als Geschicklichkeitsspiel plädiert.
Die Diskussion sieht momentan so aus: Auf der einen Seite stehen die begeisterten Pokerspieler und ihre Lobby, die sagen, Poker sei ein Geschicklichkeitsspiel, das den Geist beflügelt und bei dem meist der bessere Spieler gewinnt. Auf der anderen Seite sind diejenigen, die das Spiel verbieten wollen, da es ein Glücksspiel sei, bei dem der Spieler den Mächten des Schicksals hilflos ausgeliefert ist und davor geschützt werden muss, Haus und Hof zu verspielen.
Die Rechtsprechung sieht Poker seit 1906 als Glücksspiel an. In der fraglichen Entscheidung ging es um das veraltete Draw-Poker mit fünf Karten und nur zwei Setzrunden. Seit über 100 Jahren folgen ein Großteil der Literatur und der Rechtsprechung dieser Auffassung mehr oder weniger unreflektiert.
Dr. Hambach spricht sich in seinem gelungenen Aufsatz für eine Neubewertung unter Berücksichtigung der neusten Spielvarianten wie zum Beispiel Texas Hold’em ein und fordert ein Umdenken.
Die Rechtsprechung definiert ein Glücksspiel wie folgt: Das Wesen des Glücksspiels besteht darin, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, den Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall. Maßgebend für die Beurteilung sind dabei die Spielverhältnisse, unter denen das Spiel eröffnet ist und gewöhnlich betrieben wird, also die Fähigkeiten und Erfahrungen des Durchschnittsspielers. Den Maßstab hierfür bildet das Publikum, für das das Spiel eröffnet ist, nicht der geübtere oder besonders geübte Teilnehmer. Entscheidend ist somit, ob die Entscheidung über Gewinn oder Verlust allein oder hauptsächlich vom Zufall abhängt. Damit lässt sich zugleich eine grobe Einordnung in drei Kategorien vornehmen, nämlich absolutes Glücksspiel, reines Geschicklichkeitsspiel und das gemischte Spiel.
Ist Poker wie Schach ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem derjenige mit den besseren Fähigkeiten gewinnt oder ist es eher wie Roulette ein Spiel, das vom Zufall bestimmt wird?
Dr. Hambach zieht in seinem Aufsatz zur Entscheidung der Frage vor allem einen Test der TÜV Rheinland Secure iT GmbH zu Rate. Dieser Test hat ergeben, dass Durchschnittsspieler die rein zufällig handelnden Spieler beim Texas Hold’em signifikant schlagen. Die Durchschnittsspieler waren mäßig erfahrene Spieler, die aber mit den Grundstrategien vertraut waren. Hierin sieht er ein maßgebliches Argument für die Einordnung als Geschicklichkeitsspiel, bei dem der Ausgang wesentlich durch die Fähigkeiten der Spieler bestimmt wird.
Juristisch ist die Frage der Einordnung von Poker sehr wichtig. Sollte die Rechtsprechung Poker als Geschicklichkeitsspiel einordnen, hätte dies weitreichende Folgen. Poker wäre dann in Deutschland grundsätzlich erlaubt und man müsste nicht mehr in staatlich lizensierte Casinos gehen, um legal pokern zu können. Leider wäre dann aber auch relativ sicher, dass man Pokergewinne versteuern muss. Jede Medaille hat eben zwei Seiten.
In Amerika gibt es seit neuestem Tendenzen in der Rechtsprechung, Poker als Geschicklichkeitsspiel eizuordnen. Gut möglich, dass die Gerichte in Deutschland ebenfalls in absehbarer Zeit eine solche Neubewertung vornehmen. Gerade Aufsätze von renommierten Juristen wie der von Dr. Hambach liefern den geneigten Gerichten Argumentationshilfen, wenn es darum geht, ihre Entscheidungen zu begründen.
Den vollstädigen Aufsatz können sie hier lesen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 31.08.2009.