Frauen, Fußball und Poker. Meine Hobbys, meine Leidenschaft. Vielleicht ist die Reihenfolge falsch gewählt, und vielleicht fehlt auch noch Rotwein (1 bis 2 Flaschen am Vormittag, je nachdem, wann ich aufstehe). Und Zigaretten (1 bis 2 Packungen, definitiv). Und mein Hund.
Aber das war es dann wirklich. Mehr gibt es nicht in meinem kleinen, bescheidenen und durchaus als langweilig zu bezeichnenden Leben. Umso größer natürlich meine freudig-erregte Aufregung, einen echten Fußballnationalspieler zu treffen. Marcell Jansen vom HSV. Nein, das ist nicht die Abkürzung für „Haste Straße Vertig“?
Frage: Marcell, über das letzte Spiel wollen wir nicht reden. Oder vielleicht doch. Wir haben ja gerade die neue Version von Fifa 11 in der Hand. Spielst Du so ein Spiel wie gegen Bremen dann eigentlich zuhause nach, quasi um dich zu rächen?
Marcell Jansen: Ich spiele das Fifa Spiel, ja. Aber ich spiele unser Spiel definitiv nicht nach. Ich spiele nicht mal Bundesliga, ich spiele immer Vereine weit weg von der deutschen Bundesliga. Es macht auch mal Spaß, andere Jungs laufen zu sehen.
Frage: Nun kommen wir mal mit eine paar geilen Vorurteilen um die Ecke. Ihr Fußballer seid doch alles Videospielliebhaber, oder? Ihr Fußballer seid doch alles Zocker, oder?
Marcell Jansen: Bei mir ist es eine Mischung aus allem. Für mich persönlich lasse ich das Vorurteil Fußballer eh nicht gelten, ich bin ein eigenständiger Typ. Klar spiele ich gerne Fußball auf der Konsole, weil ich fußballverrückt bin. Und es macht Spaß, gegen Freunde zu spielen. Aber ich habe auch genug andere Hobbys, weit ab vom Fußball. Aber zum Beispiel bei der Nationalmannschaft, wir sind da ja sehr viel im Hotel und wir spielen da oft gegeneinander, das ist besser, als nur alleine auf dem Zimmer zu hocken. Und dann spielen wir natürlich Poker.
Frage: Im Mannschaftsbus; ich will jetzt dreckige Details von dir hören; wie hoch zockt ihr da? Auf dem Weg nach Bremen schon die Rolex verloren oder vier Mille weg auf der Reise nach Wolfsburg?
Marcell Jansen: Nein, natürlich nicht. Wir spielen aus Spaß.
Frage: Na klar.
Marcell Jansen: Ja, das machen wir.
Frage: Und es wäre in Deutschland ja auch verboten.
Marcell Jansen: Genau, deshalb machen wir das auch nicht. Aber es macht Spaß mit den Jungs hinten auf der letzten Bank. Nur mit den Chips ist es schwierig.
Frage: Ist Poker vergleichbar mit Fußball? Unabhängig davon, dass Fußball ja ein Mannschaftssport ist, seid ihr letztendlich wie beim Pokern ja auch alle Egoisten.
Marcell Jansen: Es gibt große Parallelen. Die größte ist Geduld. Die musst du beim Fußball auch haben. Da kannst du auch nicht, genauso wie beim Poker, nichts erzwingen. Du musst den Kopf einschalten und geduldig auf deine Chance warten. Nicht aus einer negativen Sichtweise heraus das Spiel angehen. Und beiden ist gemein – es ist ein Spiel, mit Menschen und da passieren nun mal Fehler.
Wer wohl gewonnen hat?Frage: Wer ist der beste Pokerspieler in der Nationalmannschaft?
Marcell Jansen: Wir haben viele gute. Bei der WM jetzt in Südafrika beispielsweise haben wir extrem viel gespielt, es waren Pokertische aufgebaut, haben da nett gezockt. Und viele spielen schon auf einem hohen Niveau.
Frage: Was ist der Thrill beim Poker?
Marcell Jansen: Das Spiel bietet zum einen Gesellschaft; du daddelst nicht alleine rum. Man hantiert viel herum. Mit Chips, mit Bluffs, mit unterschiedlichen Situationen. Und es ist keine sachliche, statische Angelegenheit. Wenn du es nur sachlich angehst, verliert man. Es kann so viel passieren, jede Karte kann eine Änderung, eine Wende bringen. Das ist zwar manchmal ärgerlich, aber das macht den Reiz des Spieles aus.
Frage: Was ist für Dich der dämlichste Spruch beim Pokern ?
Marcell Jansen: Was mich am meisten nervt, sind die Kommentare von Mitspielern, wenn man eine Hand foldet. So was wie „hast du richtig gemacht“. Vorgetragen mit ernster Miene, als wären das alles Profis. Das ist auch so eine typische männliche Ego-Geschichte.
Frage: Ich behaupte ja ab und zu mal, dass Poker besser als Sex sei. Das würde ich Dich niemals fragen. Ist Fußball besser als Sex ?
Marcell Jansen: Das kann man nicht vergleichen. Das ist Auslegungssache. Kann man schwer vergleichen.
Frage: Jetzt kommt das allerbeste aller Vorurteile, das muss ich einfach bringen – ihr Fußballer seid alle nicht so gut im Rechnen. Das bringt mich zu der Frage, wie dein mathematisches Verständnis beim Pokern ist.
Marcell Jansen: Ich bin kein Vollprofi. Ich kann aber rechnen. Man sollte schon wissen, wieviel Karten von einer Farbe da sind. Natürlich muss Mathematik mit eingebracht werden, aber auf lange Sicht geht es gerade beim Cash Game, aber auch bei längeren Turnieren mehr um Menschenkenntnis, Verhaltensweisen, Analysen. Ich selber bin kein Mathegenie, aber nur mit Mathe kannst du langfristig dieses Spiel nicht gewinnen. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit zehnmal stimmt, bringt es nichts, wenn du davon acht große Pötte verlierst. Da kannst du bis morgen noch rechnen. Und ein wenig geht natürlich der Spaß verloren.
Frage: Ihr macht jetzt auch was mit Pokern. Eine Internet-Plattform. Mit vielen prominenten Fußballspielern.
Marcell Jansen: Ja, du bist gut informiert. Aber das ist noch nicht spruchreif. Ich sage Dir Bescheid. Ich melde mich nächste Woche bei Dir.
Frage: So, Sportsfreund, jetzt wir machen wir beide ein Heads-Up. Was sind die Einsätze ? Ich putze deine Schuhe; du bringst mich beim nächsten Heimspiel in der Mannschaft unter. Oder wenigstens auf der Tribüne.
Marcell Jansen: Du wirst verlieren.
So, ich hab keine Fragen mehr. Ich fahr schnell nach Hause, schmeiß das neue Fifa Spiel ein und mach Bremen gegen Hamburg. Endstand 0:4. Ein Tor Marcell Jansen, drei Eigentore von Tim Wiese, Ja, ich bin bekennender Jansen-Fan. Und, ja, ich bin absolut bekennender Nicht-Wiese-Fan.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 01.10.2010.