Nachdem bereits Matt Glantz und Alec Torelli das Erscheinungsbild und Verhalten von Pokerprofis kritisierten, meldet sich nun auch Mike Sexton, Hall-of-Famer und Fernsehkommentator, in dieser Sache zu Wort. In seinem neuesten Blog bläst Sexton ins selbe Horn wie seine Vorredner und wirft diesen Verantwortungslosigkeit vor.
Hier der gesamte Text auf Deutsch:
Immer wieder bin ich in letzter Zeit enttäuscht und offen gestanden empört über die aus meiner Sicht mangelnde Professionalität einiger Pokerprofis. Meines Erachtens haben viele keine Vorstellung von der Zukunft oder sie verstehen die Gegenwart nicht. Sie sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht. Sie sehen nicht das große Ganze – das Wachstum der Pokerbranche, die Verbesserung der Spiel- und Arbeitsbedingungen und die notwendigen Maßnahmen, um Sponsoren zu gewinnen. Sie leben schlicht in ihrer eigenen kleinen Welt.
Einige Beispiele:
Hier einige Beispiele, worüber ich mich zuletzt geärgert habe. Ich nahm an der LAPC teil und saß an Tag 1 neben einem zweifachen WPT-Sieger. Er sollte in unserer Show „5 Questions“ (der Moderator stellt einem Top-Profi dabei Fragen zu einigen Themen) am nächsten Morgen auftreten. Damit wird der Profi beworben und natürlich auch der Sponsor. Der Produzent kam an unseren Tisch, bestätigte den Aufzeichnungstermin von 11.30 Uhr und stellte die Moderatorin Marianela Pereyra vor. Alles war geritzt.
Am nächsten Morgen kam die Fernsehcrew, um ihre Sachen aufzubauen und Marianela Pereyra fuhr eine Stunde ins Casino und ließ sich schminken, doch der Profi tauchte nicht auf. Offenbar hatte er die ganze Nacht nicht geschlafen und ging weder ans Telefon oder reagierte auf das Klopfen an seiner Tür. Die WPT musste die Produktionskosten tragen und mit zusätzlichen Kosten einen neuen Aufzeichnungstermin festlegen – natürlich mit einem anderen Profi.
Auch nicht lang her ist es, dass an einem Finaltisch der WPT, der im Fernsehen übertragen wurde, von sechs Finalisten vier ein T-Shirt und einer ein Sweatshirt trug. Bei anderen Finaltischen sah ich Spieler, die kurze Hosen und Flip-Flops trugen. Lange Zeit spielte ich professionell Poker und verdiente damit meinen Lebensunterhalt. Ich verstehe, dass man es beim Spielen bequem haben möchte usw. Ist es aber zu viel verlangt, von den Spielern zu erwarten, dass sie am Finaltisch ein Hemd, lange Hosen und Strümpfe tragen?
Brauchen wir eine Kleiderordnung?
Bei jedem Sport gibt es eine Kleiderordnung. Warum nicht beim Poker? Die Antwort, „Ich trage alles, wenn der Preisgeldfonds erhöht wird“, lasse ich aber nicht zu. Würde Poker nicht im Fernsehen übertragen, wären die Preisgeldfonds nur halb so hoch. Die Spieler müssen einsehen, dass die Produktion einer WPT-Sendung eine Menge Geld kostet und diese ihnen nutzt. Und sie müssen erkennen, dass das Fernsehen der Branche hilft und ihr Wachstum beschleunigt. Meines Erachtens müssen sie ihren Teil dazu beitragen und mithelfen. Aus meiner Sicht ist es nicht zu viel verlangt, zu Interviews zu erscheinen und sich am Finaltisch ordentlich anzuziehen.
Wie war es denn vor zehn bis zwölf Jahren? Vor Einführung der WPT baute fast jedes amerikanische Casino Stellen ab und/oder schloss seine Pokerabteilung. Dank des Fernsehens explodierte die Popularität des Pokerspiels und überall gab es neue Möglichkeiten zum Pokern. Dadurch konnten nicht nur mehr Leute vom Poker leben, es gab auch neue Arbeitsplätze, und dies nicht nur in den Casinos, sondern auch im Internet, Zeitschriften usw.
Die Glotze ist unser Freund
Das Fernsehen kann unserer Branche wirklich helfen. Die Spieler müssen erkennen, dass ihr Handeln und/oder ihr Verhalten einen großen Effekt für die gesamte Branche haben. Gibt es keine Pokersendungen mehr, wird das Spiel unpopulärer und es gehen etliche Arbeitsplätze in der Branche verloren. Ob es einem gefällt oder nicht, die Spieler, die an Finaltische gelangen und große Turniere gewinnen, sind die Aushängeschilder für die Öffentlichkeit und die Medien. Meiner Meinung nach müssen diese Spieler mehr Verantwortung übernehmen und die Branche dabei unterstützen, neue Sponsoren zu gewinnen.
In der Vergangenheit gab es vor allem in Form von Internetanbietern schon Sponsoren, doch diese Form der Unterstützung kann in einer legalisierten Zukunft (die sicher kommen wird) sehr wichtig werden. Ist die rechtliche Grauzone aus Sicht der Geschäftsleute verschwunden, kann es auch außerhalb der Branche Sponsoren geben, wie von Brauereien, Softdrink-Herstellern, Autokonzernen, der Textilbranche, Fluglinien, Casinos usw. Dies wird vermutlich aber nicht geschehen, wenn die Sponsoren nicht davon überzeugt werden, dass die Pokerbranche vermarktbar ist.
Würden Sie als Unternehmen, das überlegt, worin es seinen Marketing-Etat investiert, dies bei unrasierten, verantwortungslosen und ungepflegt aussehenden Pokerspielern tun? Ich bezweifle dies. Der Boxtrainer Angelo Dundee sagte gegen Ende eines Kampfs einmal zu Sugar Ray Leonard, „Du vermasselst es. Du vermasselst es.“ Aus meiner Sicht vermasseln wir es auch, wenn wir nicht zusammenhalten.
Die geeigneten Maßnahmen
Was also können die Spieler tun?
1. Professionalität (Höflichkeit gegenüber den Dealern und keine Beleidigungen der Gegner)
2. Verantwortung und Pünktlichkeit
3. Annahme aller Medienanfragen
4. Autogramme an Fans
5. Gute Kleidung am Finaltisch
6. Unterstützung von Wohltätigkeitsveranstaltungen
7. In Abwandlung eines Zitats von John F. Kennedy: „Frage Dich nicht, was die Branche für Dich tun kann, sondern was Du für die Branche tun kannst.“
Seht den Tatsachen ins Auge, Pokerprofis!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.04.2012.