Michael Keiner macht das diesjährige deutsche Frühsommermärchen wahr. Gewinner des $1500 Card Stud WSOP-Event. Ein Bracelet für Michael Keiner und viele, viele Dollars. Trotz Hektik und Turbulenzen stellte sich der strahlende Sieger geduldig den Fragen von Götz Schrage. Ein sichtlich gut gelaunter Michael Keiner räsoniert über Gratulanten der verschiedenen Güte, seiner Liebe zur Pokervariante 7 Card Stud und es wird sich an gemeinsame alte Zeiten erinnert. Viel Spaß mit dem folgenden Interview:
Götz Schrage: „Zuerst einmal eine herzliche Gratulation im Namen der gesamten PokerOlymp Gemeinde..“
Michael Keiner: „Danke, Danke. Ich bin noch ein wenig erledigt von der kleinen Feier, aber die Freude ist natürlich groß.“
Götz Schrage: „Und wie geht’s mit der Gesundheit? Ich habe gehört, Du schlägst Dich mit den Folgen eines Zeckenbisses herum. Borreliose oder so. Du als Arzt hast das hoffentlich medikamentös im Griff?“
Michael Keiner: „Alles OK. Antibiotika muss ich halt schlucken, aber es geht bergauf. Danke.“
Götz Schrage: „Also kein Alkohol bei der Siegesfeier?“
Michael Keiner: „Bei dieser speziellen Art von Antibiotika ist eher Sonnenlicht das Problem. So muss ich mich mit Sonnenschutzfaktor 30 eincremen, wenn ich nur vom Auto zum Casino gehe. Das ist lästig, geht aber bald vorbei.“
Götz Schrage: „Apropos lästig und bissig – weiß auch nicht warum mir das gerade einfällt, aber hat Dir Horst Koch schon gratuliert?“
Michael Keiner: (lacht) „Will mich zu Deinen Assoziationen rechtsverbindlich und vor Zeugen nicht äußern.“
Götz Schrage: „Wieso so vorsichtig?“
Michael Keiner: „Nun ganz sachlich: Horst Koch hat mir vorab mittels Abmahnung auf seine Art gratuliert. Ein Mitarbeiter von ihm, beziehungsweise dessen Rechtsanwalt hat irgendeinen nicht zulässigen Link auf meiner Homepage gefunden und so wurde ich prompt mit 651 Euro „abgemahnt“ – das kann ich verkraften.“
Götz Schrage: „Jetzt bin ich aber baff. Ich dachte, Du als legitimer Weltmeister und Bracelet-Gewinner und Horst Koch als selbstgebackener und jetzt Quasi-doch-irgendwie-nicht-Weltmeister verkehrt höflicher miteinander.“
Michael Keiner: „Ich lege höchsten Wert darauf, überhaupt nicht mit Horst Koch zu verkehren.“
Götz Schrage: „Akzeptiert! Auch ich habe Deine Homepage sorgfältig studiert und mir ist etwas aufgefallen, nämlich dass………“
Michael Keiner: (unterbricht mich) „Sag mir wie viel es kostet, ich zahl es gleich bar.“
Götz Schrage: „Um Gottes Willen Nein! Was ich meine, unter „Internationale Turniererfolge“ steht bei Dir aktuell an oberster Stelle der 8. Platz beim diesjährigen Omaha Pot Limit Turnier im Rahmen des „Vienna Spring Poker Festivals“ – Wenn man nichts von der Materie versteht, könnte man annehmen, Du hast noch keine Zeit gefunden, Deine Homepage zu aktualisieren. Ich vertrete allerdings die Theorie, Du bist Dir bewusst, dass ein 8. Platz im Stahlbad Wien quasi durch nichts zu toppen ist.“
Michael Keiner: (lacht) „Da gab es nicht mal Geld. – Ich glaube ins Preisgeld kam man erst ab Platz 5. Aber Du hast schon Recht, Wien ist immer eine ganz besonders spannende Herausforderung. Und zurück zu meiner Homepage. Ich bin da ehrlich gesagt ein bisschen nachlässig, kümmere mich aber darum, sobald ich mehr Zeit habe- Einen WSOP-Titel sollte man nicht verschweigen.“
Götz Schrage: Hast Du da keine fleißigen Helferlein und Agenten, die das für Dich erledigen?
Michael Keiner: „Nein, ich mache das zurzeit noch selbst, wobei ich jetzt anfange, mir ein wenig Hilfe von einer professionellen Agentur zu holen.“
Götz Schrage: „Bleiben wir nochmals bei Wiener Verhältnissen. Wir sind doch beides Veteranen der legendären 7 Card Stud High Limit Partie um Pepi Klinger, Leon Kandlbinder und Co, die praktisch die ganzen 90er Jahre lief. Du erinnerst Dich?“
Michael Keiner: „Selbstverständlich erinnere ich mich. Das war Pokern wie im Schützengraben und wenn dann beim Showdown der Tornister aufgemacht wurde, gab’s so manche Überraschung. Besondere Akzente konnte ich da allerdings nicht setzen, aber es ist ganz sicher eine spannende und historische Erfahrung, dabei gewesen sein zu dürfen.“
Götz Schrage: „7 Card Stud ist doch ein wunderschönes Spiel. Aber trotzdem scheint es sich bei den jungen Spielern nicht durchzusetzen. Ist doch eigentlich schade! Vielleicht sollten wir eine Initiative zur Förderung dieser wunderschönen Pokervariante gründen. PokerOlymp und Michael Keiner Schulter an Schulter!“
Michael Keiner: „Da wäre ich mit Freuden dabei. 7 Card Stud ist wirklich äußerst sophisticated und man braucht viel Erfahrung, um zu bestehen. Vielleicht ist genau das das Problem. Es wird zu wenig angeboten und so können auch aufgeschlossene junge Spieler nicht die notwendigen Erfahrungen sammeln.“
Götz Schrage: „Ja man könnte fast meinen, es sei ein 40-Plus-Sport, wenn man sich die Finaltische der beiden WSOP-Events ansieht.“
Michael Keiner: „Stimmt sicher auch irgendwie. Wir waren jedenfalls ein sehr gepflegter Finaltisch. Greg Raymer, mit dem ich schon in den frühen 90er Jahren gezockt habe. Der hat definitiv eine 7 Card Stud Vergangenheit. Barry Greenstein war am Tisch und der Mann ist ja universell in allen Varianten stark.“
Götz Schrage: Wow! Barry Greenstein! Hast Du hoffentlich von ihm das Buch mit Widmung gewonnen?“ (Anmerkung der Redaktion: Wer immer Barry Greenstein aus einem Turnier wirft, bekommt von ihm sein Pokerbuch mit Widmung geschenkt. Außerdem notiert er in diesem speziellen Exemplar ebenfalls die entscheidende Hand.)
Michael Keiner: „Leider nein. Das Buch hat Nesbitt Coburn (Anm. d. Red: der Zweitplazierte) bekommen. Dafür habe ich das Bracelet. Und bei allem Respekt vor Barry, so herum ist es mir lieber.“
Götz Schrage: „Ein Bracelet! Wie sehr ich Dich darum beneide. Durftest Du es gleich mitnehmen, oder muss man dann bis zur offiziellen Siegerehrung warten?“
Michael Keiner: „Ich durfte es ausnahmsweise gleich mitnehmen. Und da hätte mich auch die grimmige Security nicht daran hindern können. Ich wollte das Teil unbedingt sofort haben und brachte es dann am nächsten Tag vor der offiziellen Übergabe heimlich zurück. Übrigens, obwohl ich todmüde war, schließlich hat der Finaltisch bis sechs in der früh gedauert, konnte ich vor Aufregung kein Auge zu tun.“
Götz Schrage: „Und bist Du jetzt noch hungrig oder genießt Du nach diesem überragenden Erfolg Las Vegas quasi als Tourist?“
Michael Keiner: „Ich bin besser drauf als jemals zuvor und will noch mindestens 14 Events spielen. Außerdem habe ich einen guten Lauf und bin mir ganz sicher, ich werde noch mindestens ein gutes Ergebnis erzielen.“
Götz Schrage: „Aber irgendwann geht es zurück nach Deutschland. Glaubst Du, gibt es dann einen offiziellen Empfang, mit Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Frankfurt und so?“
Michael Keiner: „Damit rechne ich ehrlich gesagt gar nicht. Der Pokersport ist noch nicht so populär in den entscheidenden Gremien, aber ich komme sehr gut ohne das aus.“
Götz Schrage: „Ist doch irgendwie ungerecht. Jede Pappnase die sich bei Deutschland sucht den Superstar in die 4. Runde heult, darf dann beim Oberbürgermeister im goldenen Buch seinen Eintrag machen.“
Michael Keiner: „Stimmt eigentlich, aber ich werde mich trotzdem nicht bei Dieter Bohlen bewerben. Das will ich der Welt dann doch nicht antun.“
Götz Schrage: „Abschließend zu Deinem Buchprojekt. Wann ist es soweit?„
Michael Keiner: „“Living on the Edge“ ist zurzeit im Druck und müsste in den nächsten paar Wochen in den Buchhandel kommen.“
Götz Schrage: „Schade, dass ich keines bekommen kann. Und doppelt schade, dass das Buch, das ich nicht bekommen werde, keine Widmung hat.“
Michael Keiner: (lacht) „Keine Sorge Götz, Du bekommst eines. Mit Widmung, versprochen!“
Götz Schrage: „Irgendwas mit „Lieber Götz“. Ohne „Lieber Götz“ schreibe ich einen bombastischen Verriss – selbstverständlich ohne das Buch vorher zu lesen. So korrupt bin ich schon.“
Michael Keiner: „Um Gottes Willen! Ein Verriss von PokerOlymp!! Da könnte ich ja gleich die erste Auflage einstampfen lassen. Du kriegst also verlässlich Dein Exemplar.“
Götz Schrage: „Vielen Dank! Und selbstverständlich auch vielen Dank für das Gespräch. Wir sehen uns. Du kommst ja sicher im Herbst nach Baden zur Europameisterschaft.“
Michael Keiner: „Gerne, hat Spaß gemacht. Ich bedanke mich von Herzen bei den PokerOlymp Lesern für die netten Worte und Gratulationen. Und zur EM in Baden. Selbstverständlich komme ich und ich freue mich jetzt schon auf dieses schöne Turnier.“
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 12.06.2007.