Ein weiteres Highlight des Pokerherbsts ist vorbei. Das Team GNUF, bestehend aus Andreas Krause, Horst Koch und Christian Toboc war bei der ersten World Series of Poker Europe mit dabei. Wie es den Dreien ergangen ist und ob es sich tatsächlich lohnt, zum wohl teuersten Turnier Europas anzutreten, könnt Ihr hier in diesem Bericht von Christian Toboc nachlesen.
Die WSOP Europe im Team GNUF-Rückblick
Wir fuhren durchaus entspannt nach London. Die WSOP gastierte schließlich zum ersten Mal in Europa, was ich persönlich für eine gute Idee hielt. Die Reise gestaltet sich zunächst auch ganz angenehm. Das Hotel Thistle Marble Arch war direkt an der Oxford Street in der Nähe des Hyde Parks. Wir waren positiv überrascht, weil die Zimmer zwar ortsüblich teuer waren, aber dafür auch recht komfortabel.
Wir kamen freitags an und fuhren direkt ins Casino, um uns anzumelden. Eine ziemlich bürokratische und chaotische Angelegenheit. Wir waren zwar bereits im Vorfeld angemeldet und dachten, alle Formalitäten erledigt zu haben, mussten aber dennoch einen ganzen Stapel Formulare ausfüllen. Als wir schließlich damit fertig waren, konnten wir eintreten. Im Casino lief gerade der zweite Tag des ersten Events (HORSE).
Der erste Eindruck war ein Schock: Etwa sechs Tische standen mehr oder weniger zufällig im Raum verteilt, ohne Abgrenzung, mitten im Casinotrubel. Von Las Vegas waren wir andere Verhältnisse gewohnt. Die einzige Ausnahme bildete der TV-Table, der in einem Seitenraum aufgebaut war. Keine allzu schönen Aussichten.
Wir gingen zunächst etwas essen und kamen später zurück, um ein wenig Cash Game zu spielen. Leider war das nicht ganz einfach, denn es liefen nur zwei Tische, NL 1/2 und Omaha 5/5. Die Dealer machten ehrlich gesagt einen miserablen Eindruck. Die Flopkarten wurden einzeln aufgedeckt, man hatte den Eindruck, zu einem Anfängerturnier für Hobbyspieler gekommen zu sein. Na ja, war ja nur der erste Tag.
Am nächsten Tag begann das Omaha-Turnier, an dem auch Andreas teilnahm. Wir fuhren wieder ins Casino Empire, um Andreas ein wenig zu unterstützen. Die Situation um die Tische und Dealer hatte sich nicht weiter verändert. Hinzu kam, dass Andreas leider schon relativ früh aus dem Turnier ausschied. Und wie: Mit AAKK doppelt suited gegen AJ84 suited, also ziemlich unglücklich. Übrigens war es äußerst problematisch, in seine Nähe zu gelangen, denn die Verantwortlichen hatten in einem Nebenraum zwar noch einige Tische aufgestellt, aber direkt an der Tür die Absperrung angebracht, sodass wir nur von der anderen Seite des Raum den einen oder anderen Blick auf Andreas erhaschen konnten.
Später sahen wir Thomas Bihl am Final Table des HORSE-Events zu, den wir an dieser Stelle noch einmal herzlich beglückwünschen möchten. Auch Daniel Negreanu gehörte zu den Zuschauern. Mit ihm scherzten wir eine Weile herum, unter anderem über seine Erfahrungen mit British Airways. Da der erste Tag des Main Events gesplittet wurde, mussten wir ja noch zwei Tage warten. Dementsprechend langweilten wir uns am Sonntag, denn wir hatten einfach überhaupt nichts zu tun. Wir wollten uns die Zeit mit Cash Game vertreiben, aber die Tische öffneten erst am frühen Abend, also hieß es den ganzen Tag: warten, warten, warten. Der einzige Lichtblick des Abends war das gemeinsame Essen mit unseren Sponsoren von GNUF. Wir gingen zu Mr. Chow auf der Knightsbridge, ein Lokal, das beweist, dass man in London nicht nur teuer essen gehen kann, sondern auch sehr gut.
Dann kam endlich der
Am Dienstag war es schließlich soweit. Nach einem ausgiebigen Frühstück begaben wir uns ins Casino Fifty. Von den drei Locations, in denen das Turnier ausgetragen wurde, eindeutig die angenehmste. Der Saal liegt im zweiten Stock, normalerweise ist hier ein Restaurant untergebracht. Die Reihe der unangenehmen Überraschungen sollte jedoch auch an diesem Tag nicht abreißen. Wir saßen sehr abgeschirmt, nach dem ersten Level durften nicht einmal die Journalisten in den Raum, abgesehen von den Beauftragten der WSOP natürlich. Diese verfielen während dieses Tages auch auf die originelle Idee, auch den zweiten Tag zu splitten, vermutlich, weil die Teilnehmerzahl mit ca. 360 deutlich niedriger ausgefallen war als erwartet. Möglicherweise hatte man Angst davor, dass das Turnier zu früh beendet sein würde. Für einige Spieler war dies eine böse Überraschung, denn sie hatten bereits ihre Rückflüge gebucht oder waren anderweitig verplant. In jedem Fall eine sehr ärgerliche Situation, die nicht gerade für eine angenehme Atmosphäre im Saal sorgte.
Bei der Tischauslosung hatte ich das Glück, den „Table of Death“ zu erwischen. Ich saß auf Platz 4, auf Platz 3 saß Vanessa Russo, links von mir Tino Lechich, der am Ende weit vorne landen sollte, außerdem Dario Alioto, der das Omaha-Turnier gewonnen hatte, auf Platz 7 Allen Cunningham, Platz 8 Michael Binger und auf Platz 9 Julius Coleman, der vor kurzem am Final Table der Aussie Millions gesessen hatte.
Nach 20 Minuten hatte ich schon über die Hälfte meiner Chips verloren, nachdem mich Tino Lechich mit einer Gut Shot Straight bis zum River durchgecallt hatte, während ich Top Two Pair hielt. Ohne ein einziges Mal all-in zu gehen, konnte ich mich dennoch bis zum Ende des Tages auf 28.900 Chips hocharbeiten, was etwa dem Durchschnitt entsprach. Horst war auch noch dabei, sein Chipstack belief sich auf ca. 15 000.
Am nächsten Tag hatten wir wie erwähnt erzwungenermaßen wieder viel Zeit, denn wir waren ja spielfrei. Mir persönlich war das ganz Recht, denn mein Magen hatte gewisse Schwierigkeiten mit der englischen Küche. Ich schätze, dass es den meisten Mägen auf dieser Welt nicht anders gehen würde.
Donnerstags traten wir dann wieder an. Ich nutzte die Zeit, um den ganzen Weg vom Hotel bis zum Casino über Piccadilly Circus und durch den Hyde Park zu laufen, und ich muss sagen, dass London mir seitdem viel besser gefällt als zuvor. Nach der neuerlichen Tischauslosung war ich etwas erleichtert: Rechts von mir saßen Patrick Antonius, Jimmy „Gobboboy“ Fricke und Oyvind Riisem, auf der anderen Seite Horst und Barney Boatman. Von der Zusammensetzung her durchaus eine angenehme Verteilung, rechts die aggressiven, links die passiven. Der Tag wurde zu einer wilden Achterbahnfahrt: Nach nur zwei Minuten fand ich mich nach einem sehr üblen Bad Beat mit nur noch 6000 Chips wieder, und das, nachdem ich mich am ersten Tag doch schon zurückgekämpft hatte. Ich konnte meinen Stack aber wieder aufbauen und ging mit 47.100 Chips in die Dinnerpause. Horst war zu dem Zeitpunkt auch noch dabei, lag aber nur bei unter 20.000. Im nächsten Level (600/1200, ante 200) passierte mir ein folgenschwerer Fehler, der mich fast meine ganzen Chips und letztlich auch das Turnier kostete. Tino Lechich raiste UTG, wie er das die ganze Zeit schon gemacht hatte, auf 4800. Ich wachte mit Pocket Zehnern auf und wusste, dass meine Hand auf jeden Fall besser war als seine. Also erhöhte ich am Button auf 15.900. Dann aber ging Mats Gavatin aus dem Small Blind mit ca. 31.000 all-in. Diesen Move hatte er zuvor schon mit 4-7 und mit A-2 gemacht und beide Male die Pötte gestohlen. Also entschloss ich mich nach langer Überlegung zum Call. Was drehte Gavatin um? A-A. Das Board brachte mir keine Hilfe, und damit war ich plötzlich auf 7000 Chips gefallen. In den nächsten drei Runden konnte ich überhaupt nichts machen, dann ging ich schließlich mit einer marginalen Hand all-in und wurde ausgeknockt. Das war’s. Horst war bereits vor mir ausgeschieden, also blieb uns kaum etwas anderes übrig als den Rückflug zu organisieren.
Insgesamt muss ich sage, dass dir Organisation selbst, also die Floormen und die Blindstruktur, sehr gut waren, die Dealer und die Locations jedoch eine Katastrophe. Ich werde mir jedenfalls genau überlegen, ob ich im nächsten Jahr wieder nach London zur WSOP fahre.
Christian Toboc
Team GNUF
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 17.09.2007.