Die Lederer-Files sind durch, in sieben Teilen durfte Howard Lederer auf PokerNews seine Version der Full-Tilt-Geschichte darstellen und diese lässt sich sehr einfach zusammenfassen: Er weiß nichts.
Geplant war die am Ende mehr als 3-stündige Interview-Serie wohl als große Offensive. Nach 20 Monaten Schweigen wollte Lederer darlegen, was bei Full Tilt wirklich passiert ist und vor allen Dingen seinen Namen rein waschen.
Gelungen ist ihm beides nicht. Insbesondere in den ersten Teilen des Interviews ist Lederer inkohärent, widerspricht sich selbst und hat auf die meisten Fragen keine konkreten Antworten.
Lederer stellt Ray Bitar und den CFO von Full Tilt, Gil Coronado, schließlich zumindest implizit als die Hauptschuldigen an der Misere dar, erklärt dass er nach dem Schwarzen Freitag aus allen Wolken gefallen sei, ob der sich offenbarenden katastrophalen Lage und dass er faktisch als Einziger danach an einer Lösung gearbeitet habe, während andere ihm Steine in den Weg legten.
Diese Erklärung ist Schwachsinn und es zeugt von der absoluten Realitätsferne Lederers, wenn er meint, dass die Poker-Welt ihm dies so abnehmen würde, ihm gar Absolution erteilen würde.
Wobei Absolution ohnehin nicht in Frage käme, da es nichtmal ein Schuldeingeständnis seinerseits gibt. Lederer meint, es reiche aus, klarzustellen, dass er von den katastrophalen Zuständen des Unternehmens nichts gewusst habe, um entschuldigt zu werden.
Nein, das reicht nicht aus! Wenn ein Unternehmen der Größe Full Tilts gegen den Baum fährt kann man sich nicht einfach hinter CEO und CFO verstecken und mit dem Finger auf sie zeigen. Insbesondere dann nicht, wenn man diese Personen vormals selbst eingestellt hatte.
Es erwartete ja niemand, dass Lederer oder die anderen Shareholder in alle Details des Unternehmens tiefe Einblicke haben sollten und die Abläufe stets genauestens prüften, aber ein finanzielles Loch in neun-stelliger Höhe muss den Shareholdern und dem Präsidenten eines Unternehmens auffallen. Auch Full Tilt wird seinen Besitzern regelmäßig Jahreszahlen oder Vergleichbares vorgelegt haben. Spätestens 2010 müssen diese Zahlen so faul ausgesehen haben, dass schon eine inakzeptable Menge Dummheit dazugehören muss, nicht festgestellt zu haben, dass das Management offensichtlich versagt hat.
Der Vorwurf den man aus diesen Verfehlungen ableiten kann trifft Lederer als ehemaligen Präsidenten mit voller Härte. Aber nicht nur ihm, auch allen anderen Shareholdern ist wegen dieses Versagens ein Strick zu drehen – Chris Ferguson, Rafe Furst, aber ebenso auch Phil Ivey, John Juanda und zum Beispiel Phil Gordon.
All diese Personen haben über Jahre stattliche Gewinnausschüttungen mitgenommen und waren stets vorne mit dabei als Full Tilt noch eine florierende Marke war. Um das Unternehmen gekümmert hat sich aber anscheinend keiner, oder man war blind gegenüber Bitar und Coronado. Man hat Dilettanten die Führung überlassen und diese haben fleißig nicht vorhandene Gewinne ausgeschüttet. Das hat den Shareholdern augenscheinlich ausgereicht, keine Fragen zu stellen. Vom Schweigegeld ist das nicht weit weg.
Bisher hat noch keiner aus dieser Riege auch nur ansatzweise angedeutet, zumindest teilweise Verantwortung ob der Katastrophe zu übernehmen. Es ist ja schön, dass Lederer offensichtlich zumindest nach dem Schwarzen Freitag auf die Idee kam, sich um das Unternehmen zu kümmern. Damit hat er Ivey und Konsorten immerhin etwas voraus, aber so wie es aussieht, ist der für die ehemaligen Kunden gütliche Deal mit PokerStars nicht auf ihn zurückzuführen, sondern vor allem den Anstrengungen PokerStars’ geschuldet, die sich ihrerseits Absolution vom DOJ versprechen, indem sie die größte Katastrophe der Online-Poker-Geschichte verhindern.
Howard Lederer dürfte die letzten 20 Monate bei Full Tilt dann wohl genutzt haben, um seinen Wissensstand zu seinem eigenen Unternehmen ein wenig aufzufrischen. Wirklich viel gebracht hat es anscheinend allerdings nicht, wie dieser sehr amüsante, aber auch irgendwie treffende Zusammenschnitt der drei Stunden Interview nahelegt:
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Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.09.2012.