...so wunderschön wie heute, der sollte nie vergehn. Gerade noch habe ich im Hofbräuhaus den grandiosen Sieg gegen Australien gefeiert, schreibe ich jetzt über meinen nicht ganz so grandiosen Tag 1A im Event #24, den ich gestern gespielt habe.
Um 12 Uhr mittags sollte es losgehen und obwohl ich den ganzen Morgen gedrängelt hatte, waren wir etwas spät dran. Naja, nix, was man mit ein bisschen Raserei auf dem Freeway nicht aufholen könnte. Und so war ich auch gerade noch rechtzeitig im Pavillion Room, als gerade die Regeln bezüglich der Penalties angesagt wurden.
“Hab ich alles schon x-mal gehört”, denk ich mir und suche meinen Tisch – 195 Platz 4. Dort sitzt ein etwas älterer Mann mit Cashgame-Chips vor sich. Der Dealer reicht mir eine provisorisch auf A4-Papier gedruckte Platzkarte und meint, mein Tisch sei auf 201 verlegt. “Auch gut”, denk ich, “ist ja gleich um die Ecke.” Dort angekommen ist mein Platz auch wirklich frei. Ich händige dem Dealer Original und Provisorium meiner Platzkarte zusammen mit meinem Reisepass aus und mache es mir bequem. Ich schaue mich am Tisch um. Der Großteil der Spieler ist sehr jung, vermutlich Internet-Spieler. “Könnte besser sein, aber wir werden eh früh aufgelöst.” Ein alter Mann sitzt direkt zu meiner Linken und ein Franzose mit Poker770-Sticker mir gegenüber auf Platz 1. Die beiden stempele ich erstmal als die Fische am Tisch ab. Irgendwo muss man ja anfangen.
Mittlerweile ist irgendein Geisterjäger aus dem Fernsehen auf der Bühne und sagt die berühmten Worte: “Shuffle up and Deal!”
Der Button ist auf Platz 10 und ich bekomme meine erste Hand in UTG+1. Was hatten die Kollegen gerade noch gesagt: “Du weißt ja, Matze: In der ersten Hand Asse einfach folden!” “Alles klar”, denk ich, als ich meine erste Karte angucke. A , die schönste Karte im Deck. “Das wird doch nicht…” Ich hebe die zweite Karte mit dem Daumen an: K . “Mist, über AK haben die Kollegen nix gesagt”... Ich raise also einfach mal auf 125. Zwei Spieler callen, darunter der alte Fisch.
Der Flop bringt A K 5 . “Ding, Ding, Ding… Jackpot!”
Ich spiele 325. Nur der Alte callt.
Turn: Q “Bitte, hab AQ!”
Ich setzte 700. Er callt wieder.
River: Q “Bitte nicht AQ!”
Ich spiele wieder 700, hoffe, dass er nicht raist.
Er callt mit A J . “Sweet!”
Der Alte scheidet kurz darauf auf und wir bekommen statt seiner den Geisterjäger an unseren Tisch. Kurze Zeit sind überdurchschnittlich viele Railbirds und Fotografen an unserem Tisch. Dann bustet der Geisterjäger in einer Hand, in der er und zwei andere Spieler einen Flush floppen. “Poker ist schon ein Scheißspiel…”
Für mich läuft das erste Level wie geschmiert. Ich bekomme irrsinnig viele Premiumhände, leider sind die anderen Spieler nicht gewillt, mehr als eine Flopbet zu bezahlen. Ich beende das erste Level mit fast verdoppeltem Stack – etwa 5.600 Chips.
Im zweiten Level passiert dafür umso weniger und ich bin froh, kurz vor der Pause an Tisch 1 umgesetzt zu werden. Da die Tische von hoch nach niedrig aufgelöst werden, wird das höchstwahrscheinlich mein letzter Tisch für den Tag. Die Spieler sind hier deutlich älter und offenbaren sich schon wenig später auch als merklich schlechter. Es wird viel gecallt und gelimpt. “So hab ich mir das vorgestellt!”
Zur ersten Pause nach Level 1 habe ich 4.900 in Chips.
Nach der Pause schraube ich meine Aggressivität hoch und gewinne zwei Pötte mit nichts. Doch dann wird Arnot Martin, der französische PokerStars Pro, zwei Plätze zu meiner Rechten platziert. Sofort übernimmt er die Kontrolle am Tisch und ich bin hinter ihm nur noch in der Lage zu reagieren. Bei acht vergleichbar schlechten Spielern am Tisch will ich mich schließlich nicht unbedingt mit dem Pro anlegen.
So halte ich mich konstant und schnappe mir ein paar Pötte, die Arnot aufgibt. In Level 4 wird dann zwischen mich und Martin auch noch Samuel Gerber gesetzt. Der Schweizer, der im Six-Handed-Event den zweiten Platz belegt hatte, spricht mich wenig später an, ob ich Deutscher sei. Ich bejahe und gebe zu erkennen, dass ich weiß, wer er ist. Er ist etwas verdutzt und beschwert sich, weil er wohl gerne inkognito geblieben wäre. “Tough Luck!”
In Level 4 passiert für mich gar nichts. Ich blinde runter auf 4.100.
Die ersten zwei Hände in Level 5 raise ich bei Blinds von 100/200 jeweils auf 500. Beide Male werde ich gereraist und muss folden. Einmal hatte ich A 9 , einmal Pocket Vierer. Einer der Reraiser war so freundlich mir seine Kings zu zeigen.
Nun bin ich runter auf 2.800, als es zu folgender Hand kommt:
Ein kürzlich an den Tisch gekommener junger Internet-Spieler raist aus früher Position auf 500, Arnaud Mattern reraist ihn auf 1.300. Matterns 3-Betting-Frequenz zu diesem Zeitpunkt war ziemlich hoch und gegen diesen loosen Opener schätzte ich sie noch ein wenig höher ein als gegen andere am Tisch. Ich schaue meine Karten an und sehe 10 10 . Bei soviel Geld bereits im Pot lasse ich mich gerne auf einen Coinflip ein und gegen Arnot könnte ich auch bei einem Call weit vorne sein, da sowohl niedrige Connectors als auch Asse mit kleinerem Kicker in seiner Range sind. Ich gehe All-In und Arnaud callt – mit 9 7
Eine Neun auf dem Flop lässt mich noch ein wenig schwitzen, aber ich kann in dieser Hand mehr als verdoppeln.
Bis zum Dinner Break nach Level 6 halte ich mich auf diesem Level und beginne das anschließende Level 7 mit 6.450 in Chips. Zu diesem Zeitpunkt wird angesagt, dass wir den Tag beenden werden, sobald wir auf 290 Spieler runter sind. Noch sind wir etwa 500 und es wird vermutet, dass das Ziel damit in Level 9 erreicht sein wird. Also noch zweieinhalb Level.
In Level 7 kämpfe ich etwas erfolglos darum, meinen Stack zumindest auf einem Level zu halten. Leider werde ich oft gereraist und komme nicht recht vom Fleck. Kurz vor Ende des Levels hab ich noch 4.900 und pushe wieder mit Zehnern über einen Raiser. Er callt mit Ass-Dame und ich gewinne den Coinflip. Somit bin ich zu Beginn von Level 8 bei einem Stack von etwa 10.000. Der Average zu diesem Zeitpunkt beträgt geschätzte 15.000. Die Blinds und Antes werden nun mit 200/400 und 50 auch zu einem echten Faktor.
Dieses Level ist das wohl frustrierendste im ganzen Turnier. Ich halte mich konstant zwischen 20 und 25 Big Blinds, womit mir aber effektiv die Hände gebunden sind. Ich habe vier sehr aggressive Spieler rechts von mir, womit nahezu kein Pot ohne Raise vor dem Flop bei mir ankommt und mit meinem Stack kann ich weder 3-bet-folden noch 3-bet-shoven. Also bleibt mir nicht viel mehr, als auf Premium-Hände zu warten.
Kurz vor der letzten Pause des Tages bekomme ich eine: Kx Kx . Natürlich raist diesmal keiner der Aggros vor mir und so eröffne ich auf 1.200. Der Spieler zu meiner Rechten, Mike, der bisher einen unglaublichen Tag mit vielen Sets hatte und vor ca. 36.000 sitzt, reraist mich auf 3.000 und ich gehe daraufhin All-In. Er überlegt, entschließt sich dann aber Ass-Dame zu folden. Ich habe nun 14.250 zu Beginn des neunten und letzten Levels.
Es folgt eine letzte Hand, bevor der Tag zuende ist. Leider habe ich diese auch ziemlich mies gespielt:
Arnaud Mattern raist zum fünften Mal in Folge preflop auf 1.450. Diesmal ist er in sehr früher Position. Ich habe A Q und würde gerne einfach All-In gehen. Irgendwie habe ich aber zuviel Angst, dass einer der Spieler hinter mir mit einer echten Hand aufwacht und reraise nur auf 4200. Mattern erkennt sofort meinen Fehler, als er meinen Rest-Stack sieht und callt einfach. Da er auf dem Flop als erster agiert, spielt er ein simples Stop-and-Go und geht auf dem Jx 5x Jx Flop All-In. Ich bin gezwungen zu folden und beende den Tag wenig später mit 10.425. Der Durchschnitt liegt bei etwa 20.000, also ist noch nichts verloren, aber so kurz vor Schluss noch einen solchen Fehler gemacht zu haben, ärgert mich doch sehr.
Montag geht’s dann jedenfalls weiter…
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 14.06.2010.