Häufig werde ich gefragt, wieviel Glück es im Vergleich zum Können beim Pokern gibt. Genauso werde ich ständig gefragt, was für eine Bankroll man benötigt, um in einem bestimmten Limit zu spielen. Beide Fragen können aufgrund einer speziellen Tatsache gut beantwortet werden.
Die Tatsache, auf die ich anspiele, besagt, dass Schwankungen nach oben, wenn man gewinnt, oder nach unten, falls man verliert, nicht proportional zur Zahl der gespielten Stunden größer werden. Sie werden proportional zur Quadratwurzel der gespielten Stunden größer.
Nehmen wir an, dass Sie ein Break-even-Spieler sind und in einer Partie pokern, in der Sie pro Session maximal 500 $ gewinnen oder verlieren. Es wäre absolut falsch anzunehmen, dass sich Ihre Ergebnisse nach 100 Sessions im Bereich von -50.000 $ bis +50.000 $ bewegten. Stattdessen würden die Ergebnisse mit ziemlicher Sicherheit im Bereich von -5.000 $ bis +5.000 liegen. Man multipliziert die für eine Session mögliche Abweichung mit der Quadratwurzel von 100.
Diese Tatsache ist sehr relevant, da sie mit der Tatsache kombiniert werden kann, dass der erwartete Gewinn eines guten Spielers proportional zur Gesamtzahl der gespielten Stunden wächst (und nicht zur Quadratwurzel der Stundenzahl).
Betrachten wir den Fall eines guten Spielers, der in Partien pokert, in denen er durchschnittlich 100 $ pro Session gewinnt, gelegentlich aber bis zu 900 $ verlieren kann. (Mit anderen Worten, 1.000 $ schlechter als erwartet abschneidet.) Wie groß ist das Risiko für einen solchen Spieler?
Nach vier Sessions liegt er gemäß der Erwartung 400 $ vorne. Er könnte aber Pech haben. Hin und wieder wird er für 1.000 $ Pech haben. Plausibel für vier Sessions wäre aber kein Pech für 4.000 $, sondern nur für 2.000 $. Man multipliziere 1.000 $ mit der Quadratwurzel aus 4, da er vier Sessions spielte. Dann subtrahiere man diese 2.000 $ von seinem Erwartungswert von 400 $ und erhält als Ergebnis, dass er bis zu 1.600 $ hinten liegen könnte.
Über 9 Sessions ergibt sich aus 3.000 $ möglichem Pech zusammen mit seiner Erwartung von +900 $ ein Ergebnis von -2.100 $. Je länger er spielt, desto schlechter könnte er abschneiden.
Über 16 Sessions wäre sein schlimmstmögliches Resultat 1.600 $ – 4.000 $ = 2.400 $. Nach 25 Sessions wäre es 2.500 $ – 5.000 $ = -2.500 $. Es wird immer schlimmer. Nach 36 Sessions wäre es 3.600 $ – 6.000 $ = -2.400 $.
Doch was haben wir hier? Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass sein schlechtestmögliches Resultat über 36 Sessions weniger schlecht ist als über 25 Sessions. Schauen wir genauer hin. Über 64 Sessions macht er im ungünstigsten Fall 6.400 $ – 8.000 $ = -1.600 $. Und über 100 Sessions kommt man auf 1.0000 $ – 10.000 $ = 0. Voila!
Unter diesen Voraussetzungen wäre es sehr unwahrscheinlich, dass ein guter Spieler nach 100 Sessions aufgrund von Pech hinten liegt (obwohl er deutlich unterhalb seiner Erwartung abschneiden könnte). Bei 400 Sessions würde sein schlechtestmögliches Ergebnis 40.000 $ – 20.000 $ = +20.000 $ Gewinn betragen.
In diesem Szenario haben wir einen Spieler, bei dem es praktisch sicher ist, dass er nach 100 Sessions vorne liegt, und dessen maximales Risiko 2.500 $ beträgt.
Was, wenn der Verlust in einer Session bis zu 1.500 $ betragen könnte. Falls der Erwartungswert weiterhin +100 $ ist, könnte man nach 100 Sessions noch hinten liegen (10.000 $ – 15.000 $ = -5.000 $). Tatsächlich wäre man erst nach 225 Sessions auf der sicheren Seite. Außerdem würde man eine Bankroll von 6.000 $ benötigen, um unter diesen Voraussetzungen komfortabel spielen zu können.
Falls Sie andererseits in einer Partie mit einem maximalen Verlustrisiko von 1.500 $ durchschnittlich 150 $ pro Session machen, würden Sie nur 3.750 $ benötigen und wären nach 100 Sessions mit ziemlicher Sicherheit im Plus.Und wenn Sie sogar ein überragender Pokerspieler sind, der im Durchschnitt 200 $ pro Session bei einem maximalen Verlust von 1.000 $ macht, dann wäre schon nach 25 Sessions ein Profit garantiert (25×200 $ – 5×1.000 $ = 0), während Sie über 9 Sessions maximal 1.200 $ hinten liegen könnten (9×200 $ – 3×1.000 $ = -1.200 $
Sie sollten Ihre eigenen Werte in diese Gleichungen einfügen. Die aufschlussreichsten Offenbarungen sind meiner Ansicht nach:
1. Man kann lange spielen, ohne Gewinn zu machen, selbst wenn man ein sehr guter Spieler ist.
2. Trotz allem kann einen kurzfristiges Pech nur bis zu einem bestimmten Punkt zurückhalten. Gewisse Verluste kann man auf Pech schieben, was darüber hinausgeht, liegt an einem selbst.
David Sklansky
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.09.2007.