Man sollte meinen, dass ein Spieler, der im vergangenen Jahr fast neun Millionen Dollar beim Online-Poker gewonnen hat, überaus positiv auf dieses zurückblickt. Doch das Interview, das Patrik Antonius dem amerikanischen Magazin Cardplayer gab, gewährt erstaunliche Einsichten in das Innenleben des finnische Full Tilt-Superstars.
„Es sieht vielleicht so aus, als hätte ich 2009 sehr gut abschnitten, aber ich habe Aber-Millionen mit anderem Zeugs verloren. Es scheint fast so, als hätte man unabhängig von seinen Gewinnen nie viel Geld,“ so Antonius.
Während der Leser sich verwundert die Augen reibt, fährt Antonius fort: “Ich hatte viel Pech. Ich verlor mehrere Millionen, dann habe ich sie zurück gewonnen. Es gab einige richtige Aufs und Abs. Insgesamt bin ich in meinem Leben durch solche Geschäfte an die zehn Millionen im Minus und es wird schwer, diese irgendwann zurück zu bekommen.“
Und weiter: „Bei Sportwetten setze ich mindestens 50.000 $. Ich glaube, letztes Jahr habe ich nicht bei einer gewonnen. Außerdem verlor ich Millionen beim Golf.“
Zu einem miserablen Start beim Poker im Jahr 2010 kommen auch noch Rückenprobleme, die Antonius mit einem Spezialisten zu beheben versucht. Er trainiert zweimal pro Tag, um wieder fit zu werden. Wegen seines Rückens hatte Antonius, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, auch seine Tenniskarriere abbrechen müssen und sich daraufhin dem Poker zugewandt.
Offenbar befand er sich während des Interviews in besonderer Stimmung, denn solche Offenheit ist man von Pokerprofis nicht gewohnt: „Mein Leben verläuft immer so. Es läuft gut oder schlecht. Ich hasse diese Momente, in denen alles schlecht läuft. Geht es mir besser, geht in der Regel alles besser. Das ist normal. Willkommen in der Pokerwelt.“
Für alle Pokerfans interessant sind auch Antonius’ Ausführungen zu Downswings. „Es kommt auf viele Dinge an. Habe ich persönliche Probleme, können mich Downswings beeinflussen. Es kommt auch darauf an, wie es passiert ist. Verliere ich in sehr starken Partien und ich konnte nichts anders machen, macht es mir nicht viel aus. Verliere ich aber in einer Partie, in der ich eigentlich nicht verlieren durfte, ärgert es mich.“
Nach soviel Intimem äußerte sich Antonius auch über den schwedischen Internetmythos Isildur1: “Isildur1 ist noch so jung, wenn er der ist, für den man ihn hält. Er braucht ein wenig Erfahrung, vielleicht ein oder zwei Jahre. Mit einer besseren Tischauswahl und wenn er nicht sechs bis acht Tische gleichzeitig gegen Ivey und Dwan gespielt hätte, könnte er durchaus bei 10 Millionen Dollar sein. Er ist ein großartiger Spieler, aber ihm fehlt das Bankroll-Management.“
Weiterhin bedauert Antonius, dass er aufgrund des Einbruchs des jungen Schweden gegen Brian Hastings, nicht mehr gegen ihn antreten konnte. „Ich hätte gern noch öfter gegen Isildur1 gespielt, aber dann lag Hastings gegen ihn 3 Millionen über dem Erwartungswert. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit Hastings’ Blog einverstanden sein kann, in dem er erzählt, wie hart er an seinem Spiel gearbeitet habe. Er sollte einfach froh über das Geld sein. Ich an seiner Stelle hätte wahrscheinlich gar nichts gesagt, und wenn, dann hätte ich der Öffentlichkeit vielleicht mitgeteilt: Ich hatte viel Glück und lag 3 Millionen über dem Erwartungswert, das kann jedem passieren.“
Natürlich darf in einem Interview auch nicht der Ausblick auf die Zukunft fehlen: “Ich vermute, in der Zukunft werden mehr jüngere Spieler die teuersten Partien dominieren. Ältere Spieler werden es schwer haben, weil sie nicht mehr so viel an ihrem Spiel arbeiten.“ Die besten Spieler derzeit sind laut Antonius, „Phil Ivey, Ziigmund und Tom Dwan.“
Zum Ende des Gesprächs dann doch noch eine frohe Botschaft – Antonius wird noch dieses Jahr zum zweiten Mal Vater: „Meine Lebensgefährtin ist wieder schwanger. Sie ist im dritten Monat. Babys sind gut, ich bin froh, ein junger Vater zu sein.“
Und ein abschließendes Wort zur Gesundheit: „Bin ich in Form, fühlt sich alles leichter an. Ich atme deutlich besser … Unterm Strich wird mein Poker besser.“
Ein in seiner Offenheit faszinierendes Interview mit einem der absoluten Superstars der Szene. Im Namen unserer Leser danken wir dem Cardplayer für die Erlaubnis, dieses in Auszügen wiedergeben zu dürfen.
Das Interview im Original ist auf cardplayer.com zu finden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.02.2010.