Das Zweitschlimmste, was einem an einem Final Table passieren kann, ist, wenn man ‚kartentot‘ ist. Bestens ausgeschlafen trudelte ich im Venetian ein, um den Finaltisch zu bestreiten. Als Vorbereitung hatte ich mir vorher noch einmal die Chipcounts angesehen sowie die bisherigen Erfolge meiner Mitstreiter im Internet recherchiert:
Name | Chips | Live winnings $ / cashes |
Adam Cook | 1.120.000 | 186.000 – 7 |
Kenny Shih | 923.000 | 47.000 – 9 |
Gustav Langner | 628.000 | 13.400 – 1 |
Joao Neto | 560.000 | 647.000 – 3 |
John Reading | 549.000 | - |
Zoltan Szabo | 490.000 | 127.000 – 6 |
Todor Plaseski | 457.000 | 1.500 – 1 |
Joe Weaponsmith | 376.000 | - |
Brandon Poe | 360.000 | 70.000 – 10 |
Daniel Plonsker | 278.000 | 35.000 – 7 |
Das Gute an meinen ständigen Tischwechseln war, dass ich mit jedem meiner Gegner schon einmal am Tisch gesessen hatte. Plaseski und Szabo waren meines Erachtens die schwächsten Spieler am Tisch, letzteren sah ich an Tag 1 in einer Blind Battle seinen großen Stack mit T8o und einem pre-flop All-in riskieren. Der Rest des Feldes bestand ausnahmslos aus guten, aggressiven und trickreichen Spielern, wobei ich Poe als ähnlich tight wie mich einstufte.
Wir hatten noch eine halbe Stunde im alten Level zu spielen, bei Blinds von 6k/12k mit 2k ante, d.h. wenn ich mich „tot“ stellen würde, würde ich ca. 10 Runden überleben. Das ist nicht sonderlich viel und ich bin davon ausgegangen, dass aufgrund der steilen Preiskaskade (der 10. bekommt 8.4k $, der erste 100k, exponentiell ansteigend) sehr aggressiv gespielt werden würde.
Als ich die Chip-Tabelle sah, musste ich noch einmal an meine 660k am Vortag denken, damit wäre ich immerhin als 3. an den Finaltisch gegangen! Jammern hilft nicht, ich hatte mir folgende Strategie vorgenommen: Generll nur Hände spielen, die all-in fähig sind, in früher Position wollte ich mit 99+ sowie AQ+ erhöhen, in späterer Position mit 66+ sowie A9+. Bei einer vorherigen Bet wollte ich mit der gleichen Range wie in früher Position All-in gehen.
Und nun sitze ich also hier und bin kartentot. J3, Q7, 74, K2, A3 … fürchterlich. Neto, Runner-up des LAPT in Brazil, legt los wie die Feuerwehr und erhöht in den ersten 5 von 6 Händen. Out for a kill – nur der 1. Platz zählt! Chips gewinnt er allerdings dabei keine, da ab Hand 3 der Rest des Teilnehmerfeldes sich das nicht mehr gefallen lässt. Als erster muss Plonsker gehen, er callt mit 85 in Pik im Small Blind eine Bet von Szabo, findet auf dem Flop 347 mit zwei Pik und check-raist All-in, Szabo callt mit zwei Buben und gewinnt, weil noch zwei Pik kommen und er den Pik Buben hält. Ansonsten plätschert das Spiel vor sich hin, ich folde meine Hände und Neto legt sich abwechselnd mit dem Rest des Tisches an. Auf einem K75 Flop bring er eine Conti, wird von Szabo geraist und re-raist ihn noch einmal für die Hälfte seiner Chips. Szabo foldet und er zeigt AT für den Bluff. Chapeau!
Ich blute Chips und habe Glück, das ich aus irgendwelchen unbegreiflichen Gründen plötzlich einen Walk bekomme, der mich wieder ein bisschen besser dastehen lässt. Poe geht gegen Neto All-in, seine Buben gewinnen gegen AK – schade, es geht keinen Platz nach vorne! Plaseski, dessen loose-passiver Stil desaströs ist, sowie Reading sind jetzt die einzigen zwei Spieler, die genauso wenig Chips haben wie ich. Die Blinds erhöhen sich auf 8k/16k bei gleichbleibenden Antes. Ich calle einmal mit 76s im BB eine min-bet von Neto und traue mich auf einem Flop mit Q44 nicht mehr die Hand fortzusetzen. Ich überlebe das Level, weil ich nach einem UTG-Raise von Langner mit AK all-in gehe, er foldet und ich ein paar Chips gewinne. Danach gibt es erst einmal eine kurze Pause.
In dieser beschließe ich meine Ranges auszuweiten. Ich habe noch ca. 300k und die Blinds werden auf 10k/20k bei 3k antes ansteigen, wenn ich nichts mache, würden mir also gerade noch 5 Runden bleiben. In frühen Positionen will ich jetzt jedes Paar sowie AT+ und KQ spielen, in mittleren Positionen jedes Ass pushen sowie KT+ und in späterer Position so gut wie alles. Mitte des 22. Levels, es sind 2 Stunden am Final Table gespielt, ist es dann soweit.
Das Schlimmste, was einem an einem Final Table passieren kann, ist, wenn man ‚kartentot‘ ist und dann auch noch kein Glück hat. Ich halte 77 im Hijack, pushe All-in und werde von Neto gecallt. Yes, coin flip! Schreit‘s und dreht AT um. Darüber bin ich bestimmt auch nicht unglücklich. Über den Flop schon: QQT, ich verbessere mich nicht und scheide als 9. Spieler aus.
Fazit: Tolles Turnier gespielt und weit gekommen, leider glücklos am Final Table. Hier hätte ich mir schon mehr ausgerechnet, aber in der Retrospektive gibt es keine einzige Hand, die ich in den letzten Turnierstunden anders hätte spielen wollen. Als Lohn gab es immerhin 10.750$ Preisgeld. Genug, um nach Auszahlung meiner Investoren und Abzug aller Kosten auf 0 zu landen. Einmal Texas, Florida, Vegas und zurück zum Nulltarif, das ist doch auch nicht schlecht, oder?
Neto wird am Schluss Dritter, er hatte einen riesigen Chipstack, sah schon wie der sichere Sieger aus, verliert allerdings die entscheidenden Hände. Das Turnier wird von Adam Cook gewonnen, der, obwohl schon 1:4 in Chips zurückliegend, im Heads-up noch gegen Szabo gewinnt. Es gibt also doch einen Pokergott.
Damit soll dieser Blog enden. Ursprünglich hatte ich vor, mehr über die Stadt, ihren Flair sowie einige Attraktionen oder Shows zu schreiben. Den Plan musste ich jedoch leider aufgeben, da ich zu lange in den Turnieren war. Ich hoffe, es war trotzdem interessant und kurzweilig. Ich freue mich, schon bald wieder mit einigen von Euch am Tisch sitzen zu dürfen. Allen anderen wünsche ich auch in Zukunft viel Spaß am Spiel und eine gute Hand!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 04.07.2011.