Jens Vörtmann hat das erste Bracelet in diesem Jahr für Deutschland gewonnen. Er hat damit den Bann bei der diesjährigen World Series of Poker gebrochen. Grund genug für Stefan Hachmeister, sich mit dem Full Tilt Pro in Las Vegas zu treffen und ein wenig zu unterhalten.
Stefan Hachmeister: Jens, erstmal herzlichen Glückwunsch zu deinem WSOP Erfolg im $3.000 H.O.R.S.E Event. Du hast dein Armband ja am Freitag, den Dreizehnten, gewonnen, spielst du jetzt nur noch am dreizehnten?
Jens Vörtmann: Es war ja nicht nur Freitag, der Dreizehnte, sondern ich habe auch noch am Tisch Nr. 13 das Finale gewonnen. Wenn ich abergläubisch wäre, dann wäre das jetzt passend.
Stefan Hachmeister: Du plädierst also, dafür das wir ab sofort 13 Hand Tische spielen?
Jens Vörtmann: Dann sitze ich zwar dem Dealer auf dem Schoss, aber von mir aus gern.
Stefan Hachmeister: Wir werden das an die verantwortlichen Stellen weiterleiten. Aber nun mal ernst. Erzähle uns doch mal, wie du zum Pokern gekommen bist. Viele Spieler kommen ja über Backgammon oder Schach zum Poker, bei dir war das – soweit mir bekannt ist – ja etwas anders.
Jens Vörtmann: Ja, das ist richtig. Ich komme vom Bridge und habe jahrelang viele Kartenspiele gespielt. Zum Pokern bin ich vor ca. 5 Jahren gekommen durch einen Bekannten aus der Bridge Szene. Zu Beginn habe ich dann mit kleinen Limits im Seven Card Stud begonnen, wo ich mich allerdings schnell auch an die höheren Tische getraut habe.
Jens VörtmannStefan Hachmeister: Erzähl doch mal, wie du zu deinem Full Tilt Vertrag gekommen bist. Ruft dich da morgens einer an und sagt du bist jetzt Full Tilt Pro?
Jens Vörtmann: Das war sogar noch unpersönlicher, ich bekam nur eine E Mail. Der Hintergrund war, dass sich Full Tilt das Ziel gesetzt hatte, deutlich stärker am deutschen Markt auf zu treten. Deren Marketingkonzept ist ja so, dass sie bekannte Pokerspieler vorspannen und diese als Full Tilt Pros auftreten. Sie wollten die Zahl von 1 auf 10 aufstocken. Auch wenn wir uns schon langsam nähern, wir haben ja noch keine 10 Bracelet Gewinner in Deutschland, also mussten sie sich auch woanders umschauen. Da schaute man, wer ist auf Full Tilt erfolgreich, schon bekannt und hat einen guten Ruf. Bei diesem Auswahlverfahren war halt auch ich dabei, dann wurde der bestehende Profi Eddy Scharf befragt, der auch noch mal kommentierte, welchen er für einen guten Spieler hält. Ja und auf diesem Weg bin ich auf die Liste der 10 Spieler gekommen, was mich natürlich sehr gefreut hat. Mit diesem Erfolg habe ich auch das Vertrauen, das in mich gesetzt wurde, bestätigt.
Stefan Hachmeister: Das Bracelet ist ja bisher dein größter Erfolg, hattest du in der Vergangenheit andere nennenswerte Erfolge?
Jens Vörtmann: Dadurch, dass ich sehr viel Cash Game spiele, habe ich ja kaum an Turnieren teilgenommen. Ich habe 2005 das Main Event gespielt und bin auch gleich ins Geld gekommen. Zwar wurde ich nur 218., aber das gab auch schon gut $33.000. Einmal habe ich das Main Event in Bregenz gewonnen, was auch gut €30.000 brachte. Aber ansonsten bin ich kaum bei Events aufgetreten und meine Erfolge kamen mehr im Cash Game zusammen.
Stefan Hachmeister: Du bist also ausgewiesener Cash Game Spezialist?
Jens Vörtmann: Das kann man so sagen.
Stefan Hachmeister: Gibt es da irgendwelche Varianten, die du besonders gut beherrscht? Da du das H.O.R.S.E Event gewonnen hast, wissen wir ja, dass du alle spielen kannst, aber welche ist dein persönlicher Favorit?
Jens Vörtmann: Meine Lieblingsvariante ist immer noch Seven Card Stud High, was ja leider ein aussterbendes Spiel ist. Doch ich hoffe, dass es in Zukunft wieder populärer wird. Weil ich finde, dass es das einfach verdient hat. Ansonsten spiele ich sehr gerne alle Mixed Games und H.O.R.S.E Varianten – vor allen Dingen alle ohne das H und auch alle High – Low Varianten auf Full Tilt. Live spiele ich außerhalb der Turniere sehr viel Pot Limit Omaha, Texas Hold´em versuche ich eigentlich zu vermeiden.
Stefan Hachmeister: Durch diesen großen Erfolg kommt ja nun zwangsläufig die Frage – Bist du Hobby Spieler oder Profi?
Jens Vörtmann: Ich habe zurzeit eine Pause vom Beruf genommen. Vor ungefähr 4 Jahren hatte ich eine ziemlich heftige Krankheit, die fast mein Schicksal besiegelt hätte und dadurch hat sich meine Einstellung zum Leben völlig verändert. Ich hatte einfach entschieden, eine Pause zu machen und mich ganz meiner Feizeit zu widmen, was natürlich auch stark das Pokerspiel mit einbezieht. Das ist momentan der Stand der Dinge. Wie das alles weitergeht, wird die Zukunft zeigen.
Stefan Hachmeister: Deine Frau Irina ist auch gerade hier, was mich zu der Frage bringt, ob sie das Pokerspielen unterstützt. Es ja sehr zeitaufwendig und so kommt es in vielen Beziehungen dadurch zu Problemen. Wie ist das bei euch?
Jens Vörtmann: Da kann ich nur glücklich sein, denn sie steht da voll hinter mir. Sie sieht natürlich auch, wie gut das gelaufen ist und das es für mich auch sehr wichtig ist. Sie zeigt eine große Toleranz, wie ich es mir nur wünschen kann. Das sage ich jetzt nicht nur, weil sie neben uns sitzt.
Stefan Hachmeister: Sie sieht ja auch, dass es dir dadurch recht gut geht.
Jens Vörtmann: Ja und als schöne Nebenerscheinung kann man ja auch mal schön shoppen gehen. Was ihr auch ganz gut gefällt.
Stefan Hachmeister: Kommen wir mal zum Turnier. Es handelte sich ja um ein $3.000 H.O.R.S.E Event. Wir haben ja schon gehört, dass es am Final Table recht gut lief, aber wie war denn der Weg dahin? Hattest du vielleicht irgendwelche interessanten Spieler an deinen Tischen?
Jens Vörtmann: Der erste Tag war eine Achterbahnfahrt für mich und ich schloss ihn schließlich mit halbem Average ab. Schon am ersten Tag hatte ich viele gute Namen am Tisch, wo bei ich jetzt sicher einige vergessen werde. Ich hatte unter anderen das Vergnügen mit Chris Ferguson, David Benyamine, Jennifer Harman und Greg Raymer. Die Tischauslosung war dann recht gut für mich, ich hatte zwar einige Profis dabei, doch ich konnte mit dem Tisch echt gut umgehen. Dann hatte ich mich deutlich über Schnitt aufgebaut. In der späten Phase des zweiten Tages – wo es dann auch um die Bubble ging – war der Tisch recht tough. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich dann auch die beiden anderen deutschsprachigen Spieler an meinem Tisch – Markus Golser und Alexander Jung. Beide sind ebenfalls anerkannt gute H.O.R.S.E Spieler. Es war für mich eigentlich recht gut gelaufen, ich hatte immer eine gute Chip Position und ich war recht zufrieden. Am dritten Tag bin ich recht einfach an den Final Tabe gekommen. Es hat, glaube ich, nur 1 bis 2 Sunden gedauert. Dann am vollen Tisch habe ich mir nur die Spots ausgesucht, wo ich einen Vorteil sah und habe ehr zurückhaltend gespielt. Erst als wir shorthanded waren, habe ich mein Spiel aggressiver und looser gestaltet.
Stefan Hachmeister: Wir hatten uns ja auch vorher schon unterhalten und du sagtest, dass die anderen Spieler, dich schon respektierten.
Jens Vörtmann: Das ist richtig, ich bekam mit, wie sich andere Spieler über mich unterhalten haben und sagten, ich hätte zwar noch ein Bracelet und auch noch keinen so großen Namen, doch man sollte mich nicht unterschätzen, ich sei ein Kandidat für den Sieg. Das hat mir sicherlich in einigen Situationen etwas geholfen.
Jens mit Rob HollinkStefan Hachmeister: Wie du schon sagst – noch keinen großen Namen, das hat sich ja nun geändert. Ich habe schon mitbekommen, wie dir viele bekannte Stars der Pokerszene gratuliert und Respekt gezollt haben. Da waren nicht nur Deutsche dabei, sondern auch internationale Stars wie zum Beispiel Tony G und Rob Hollink. Ich denke, dass du erst in ein paar Tagen begreifst, was da wirklich passiert ist.
Jens Vörtmann: Momentan freue ich mich einfach und genieße den Augenblick.
Stefan Hachmeister: Gab es für dich eine entscheidende Key Hand?
Jens Vörtmann: Die war im Heads Up, als ich mit einem 2 zu 1 Chiplead gestartet war. Dann hat er mich am Anfang überrannt und unheimlich gut getroffen. Er hat im Stud regelmäßig nach Raise die Doorcard gepairt, so dass ich meine Hand wegwerfen musste. Ich hab im Omaha High-Low jeden Flop verfehlt, während er teilweise Vierlinge gezeigt hat. Es lief alles gegen mich und plötzlich hatte er ein 4 zu 1 Chiplead. Das war grausam, denn am Tisch lag schon das Bracelet, das ich unbedingt haben wollte. Dann konnte ich mich durch zwei Steals wieder auf 700.000 zu 1.700.000 meines Gegners berappeln. Da kam die endscheidene Hand im Stud High. Er hatte ein Bring In mit einer offenen 8, ich hielt K, Q, 10 einmal suited in Pik. Ich hatte completed, worauf er raiste. Ich repräsentierte das Overpair, womit ich im Heads Up Stud High oft gute Erfahrungen hatte, und reaiste, er callt. Jetzt bekam ich auf der vierten und fünften Street noch zwei Pik, was mir noch einen Flash Draw brachte, während er sich nicht verbesserte. Ich gab immer weiter Gas, doch nichts mehr traf, so dass ich mit König Hoch jämmerlich endete. Ich spielte nach der Seventh Street noch mal an, worauf er fast zwei Minuten überlegte und schließlich foldete. Hätte er gecallt wären mir nur noch 100.000 übrig geblieben. Doch so war ich wieder af gut 1.000.000 hoch. Das war sicherlich die Key Hand, zumal ich ihm anschließend den Bluff gezeigt hatte und er sofort On Tilt ging und er mir die Chips dann fast geschenkt hat.
Stefan Hachmeister: Was ist dir als erstes durch den Kopf geschossen, als du das Bracelet in der Hand hattest?
Jens Vörtmann: Ich muss gestehen, ich weiß es gar nicht mehr. Meine Frau hatte gesagt, dass ich wie ein kleines Kind rumgebrüllt hätte vor Freude. Es war die Freude über den Sieg, die Last und Anspannung die nach drei Tagen von einem abfallen.
Das BraceletStefan Hachmeister: Dann bekommt man doch wahrscheinlich so eine Art Tunnelblick?
Jens Vörtmann: Ja, man schwebt wie auf einer Wolke und sieht alles wie durch Nebel, ohne Details wahr zunehmen.
Stefan Hachmeister: Du hast ja auch noch jemanden richtig glücklich gemacht, nämlich den Alexander Jung. Ich hab da so was mitbekommen….
Jens Vörtmann: Das war, als wir schon unter den letzten 40 alle im Geld waren und wir beide ungefähr den gleichen Stack hatten. Da haben wir im vorbei gehen abgemacht, da wir uns auch beide als gute Mixgame Spieler respektieren, eine Share von 5% gegenseitig zu geben. Ich wollte erst 10% machen, doch da Alexander schon andere Beteiligungen hatte, einigten wir uns auf 5%. Im Nachhinein kann ich ihn dafür nur auslachen, aber $15.000 ist ja auch nett.
Stefan Hachmeister: Zum Schluss würde mich noch interessieren, wie deine Zukunft aussieht?
Jens Vörtmann: Na ja, die WSOP läuft ja noch. Ich werde noch einige Events spielen. Danach geht es nach Velden, wo neben dem Poker auch noch etwas Urlaub gemacht wird. Was danach kommt, darüber denke ich noch nicht nach.
Stefan Hachmeister: Ich bedanke mich für das Interview und möchte dir im Namen von PokerOlymp noch mal herzlich gratulieren.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.06.2008.